Zug Tourismus leidet aufgrund der Coronapandemie seit Monaten unter den fehlenden Gästen. Beim kantonalen Tourismusverband steckt man jedoch nicht den Kopf in den Sand, sondern zieht Schlüsse aus vergangenen Fehlern und arbeitet an einer neuen Strategie. Diese soll schon bald präsentiert werden.
2020 geht zweifellos als Coronajahr in die Geschichte ein. Die Pandemie hat viele Verlierer hervorgebracht. So auch die Tourismusbranche, welche seit Monaten unter den ausbleibenden Touristen lechzt. Davon betroffen ist auch Zug Tourismus, das offizielle Tourismusbüro des Kantons Zug. Neben der Gästebetreuung ist Zug Tourismus als Marketingkoordinator für die touristischen Angebote im Kanton verantwortlich.
In einer Zeit, in der das Seeliken genauso frei von Touristen bleibt wie das Lohri-Haus und die Zuger Seepromenade und auch die Businessherren von auswärts ausbleiben, ist Zug Tourismus besonders gefordert. Zumal das Image durch die regelmässigen personellen Wechsel bereits zuvor einige Kratzer erhielt. So ist die Geschäftsführerin von Zug Tourismus Renya Heinrich erst seit August im Amt. Selbiges gilt für Martin Strahm, den Marketingmanager von Zug Tourismus. Wir haben uns mit ihm über die aktuellen Herausforderungen für sein Unternehmen und die Branche unterhalten.
Herr Strahm, das sehr spezielle Jahr 2020 ist Geschichte. Auch für die Tourismusbranche war es ein besonderes Jahr. Wie blickt man aus Sicht von Zug Tourismus zurück? Alles schlecht?
Definitiv nicht. Aber natürlich waren sämtliche Unternehmen aus der Tourismusbranche extrem gefordert. Generell wurden die städtischen Regionen punkto Tourismus von der Coronapandemie härter getroffen als die Bergregionen. So ist in der Stadt Zug der Geschäftstourismus fast gänzlich zum Erliegen gekommen – dieser spielte für uns in der Vergangenheit eine zentrale Rolle. Auf der anderen Seite zog es dieses Jahr viele Leute in ihrer Freizeit in die Natur. Entsprechend ist beispielsweise Ägerital-Sattel Tourismus besser durch das Jahr gekommen.
Heisst das, Zug Tourismus braucht einen Strategiewechsel?
Schaut man auf die Zahlen von Schweiz Tourismus, konkret auf das «Covid-19 Market Indicator System», wird sich der Freizeittourismus in der Tat schneller erholen. Entwickelt sich das Pandemieszenario wie gewünscht, sollte bezüglich Freizeittourismus der europäische Markt bis Ende 2021 70 bis 80 Prozent seines alten Niveaus erreichen. Beim Businesstourismus hingegen müssen wir froh sein, bis 2023 wieder auf 80 Prozent des vor-Corona-Volumens zu kommen. Entsprechend sind wir aktuell daran, eine neue Strategie zu entwickeln, um das Klumpenrisiko, welches der Geschäftstourismus bislang für uns mitgebracht hat, zu minimieren. Für die neue Strategie haben wir in Zug zahlreiche Gespräche geführt. Diese gilt es nun auszuwerten und in die neue Strategie einzuarbeiten. Ziel ist es, diese im Frühling präsentieren zu können. Das Gute ist, dass wir uns durch die Coronapandemie genügend Zeit für die neue Strategie nehmen können.
Können Sie verraten, in welche Richtung die neue Strategie gehen wird?
Wir werden vermehrt auf den Freizeittourismus setzen. Das Thema Wintertourismus gestaltet sich hingegen schwierig für uns, da die ausländischen Gäste bevorzugt direkt im Wintersportort übernachten. Wie wir Zug im Winter attraktiver präsentieren können, ist eine der grossen Fragen, der wir uns aktuell widmen. Allenfalls ist es eine Möglichkeit, Zug als Hub zu positionieren, da von hier aus viele Zentralschweizer Skigebiete gut und rasch erreichbar sind. Ausserdem sehen wir im Kulturbereich grosses Potenzial – im Sommer wie im Winter.
Ein Dauerthema, bestimmt auch bei Zug Tourismus, ist die Digitalisierung. Was hat man diesbezüglich bei Zug Tourismus für Ideen, wie es in den nächsten Jahren vorangehen soll?
Wir arbeiten an einer neuen Website. Diese werden wir noch im ersten Quartal dieses Jahres präsentieren können. Ansonsten gilt dieselbe Devise wie für sämtliche Tourismusverbände: Synergien nutzen, was über Tools wie Alturos Destinations oder Discover.swiss oder lokale Anbieter geht. Diese ermöglichen der Tourismusbranche einen vereinfachten Einstieg in die digitale Welt. Destinationen oder Leistungserbringer können so ihre digitalen Angebote einfach und effizient auf den Markt bringen. Generell müssen wir uns die Frage stellen, wo Digitalisierung Sinn macht und mit welchen Tools wir die Gäste wie abholen möchten. Wichtig ist dabei ein gesunder Mix zwischen Digital und Analog. Dass der Mensch ein Herdentier ist und ihm eine ausschliesslich digitale Welt nicht reicht, ist auch eine Chance für uns. So werden sich die Businesspartner nach Corona und unzähligen Zoom-Meetings erst recht wieder persönlich treffen wollen.
Zentral bei der Umsetzung der Strategie ist auch der finanzielle Aspekt. Reicht die finanzielle Unterstützung von Stadt und Kanton aus, um die Vorhaben umsetzen zu können?
Unser Ziel muss sein, weitere, grössere Partner zu gewinnen. Entsprechend sind wir an der Realisation eines neuen Partnermodells. Auf diese Weise versuchen wir, finanziell vorwärts zu kommen.
Spricht man mit Leuten von ausserhalb über Zug, fällt auf, dass viele Zug gar nicht auf dem Radar haben und entsprechend einen Bogen darum machen. Sind auch gewisse Versäumnisse aus der Vergangenheit dafür verantwortlich?
Da spielen viele Faktoren rein. Um diesem Umstand Gegensteuer zu geben, wollen wir die Zusammenarbeit einerseits mit sämtlichen Zentralschweizer Kantonen, auf der anderen Seite mit unseren grossen Partnern wie Schweiz Tourismus oder Zürich Tourismus intensivieren. Was den Geschäftstourismus anbelangt, ist Zürich Tourismus für uns ein wichtiger Partner.
Wie sehr kann das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) 2019 helfen, Zug auf die nationale Landkarte zu bringen?
Tatsächlich bildete dieses eine perfekte Plattform. Wir müssen schauen, wie wir das ESAF zu unseren Gunsten nutzen können, denn es passiert so viel, dass die Leute schnell vergessen. Generell boomen Outdoor-Events – davon müssen wir profitieren. Auch die Winteruniversiade 2021 in und um Luzern ist eine Chance für uns.
Wofür nimmt man Zug ausserhalb des Kantons Ihrer Meinung nach am meisten wahr?
Unser grosser Vorteil ist unsere Kleinheit. Ob Zürich, Luzern, Stoos, Rigi oder Pilatus – alles ist gut erreichbar. Wir müssen also in grösseren Regionen denken. Ausserdem sind die Expats ein wichtiges Thema. Wir möchten diese mit unseren Freizeitangeboten abholen, wollen als die eine zentrale Anlaufstelle für sämtliche Freizeitaktivitäten fungieren.
Glauben Sie, dass das Image von Zug Tourismus durch die personellen Wechsel in den letzten Jahren gelitten hat?
Das ist schwierig zu sagen. Fakt ist, dass sich die Leute bei vielen Personalwechseln immer gewisse Fragen stellen. Da ich erst seit August an Bord bin, kann ich nicht beurteilen, welche Fehler in der Vergangenheit begangen wurden. Zudem werden Tourismusorganisationen immer kritisch beäugt. Für uns ist wichtig, in die Zukunft zu blicken. Wir sind motiviert und wollen vorwärtsmachen.