Wie Trockenpflanzen Wassermangel trotzen

Xerophyten und ihre Erfolgsformel

Zahlreiche Pflanzenarten haben sich mit cleveren Strategien und Eigenschaften an potenzielle Wasserknappheit angepasst. Diese sogenannten Xerophyten werden gerne im Garten gesehen, denn sie erfreuen das Auge und manche von ihnen können sogar in der Küche zum Einsatz kommen.

Die Schweiz gilt als Wasserschloss Europas, doch aufgrund des Klimawandels könnte sie diesen Titel bald verlieren. Infolge der steigenden Temperaturen schrumpfen die Gletscher, welche die Flusssysteme Europas mit frischem Wasser versorgen, jährlich um zwei Prozent ihrer Gesamtmasse. Gleichzeitig liegt der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch pro Kopf in der Schweiz mit rund 170 Liter über dem Weltdurchschnitt. Dabei ist es im Sommer besonders wichtig, sparsam mit Wasser umzugehen, denn die Hitze kann auch uns und unseren Böden zusetzen. Vor einem Jahr haben Kantone der Ostschweiz sowie Zürich, Zug und der Aargau ihre Bevölkerung aufgrund von Trockenheit zum Wassersparen aufgerufen. Dass auch heuer noch längere Trockenperioden auf uns zukommen werden – nachdem der Juni weltweit so heiss war wie noch nie – ist nicht ausgeschlossen. Glücklicherweise kann jeder seinen Beitrag leisten, um etwas Wasser zu sparen. 

Insbesondere wer einen Garten besitzt, kann den eigenen Wasserverbrauch bei Bedarf deutlich einschränken. Im besten Fall reicht sogar der seltene Regen bereits aus, um das Wasserbedürfnis von Gartenpflanzen zu decken. Dafür ist jedoch eine geschickte Pflanzenwahl im Garten Voraussetzung. 

Bild von Heidekraut

Das Heidekraut ist eine immergrüne Pflanze und je nach Art scheint sie aufgrund ihrer stets geschlossenen Blüten selbst im Winter geschmückt. Bild: bozhena.melnyk / Depositphotos

Der Organisationstyp von Pflanzen, die am wenigsten Wasser benötigt, nennt sich Xerophyten. Diese trockenresistenten Gewächse erfordern in der Regel wenig Pflege, was sie besonders für Gartenmuffel attraktiv macht. Die Welt der Xerophyten ist erstaunlich abwechslungsreich und besteht nur zu einem Teil aus Sukkulenten, zu denen Kakteen und Aloen gehören. Unter anderem zählen auch Nadelbäume wie Kiefern und Tannen zu den Xerophyten. 

Sparsame Pflanzen 

Xerophyten zeichnen sich durch drei Hauptmerkmale aus. Das Erste stellt ein tiefes und weitverzweigtes Wurzelsystem dar, durch welches sich die Pflanzen tieferliegende Wasservorräte zunutze machen können. Dadurch, dass die Wurzeln derart verzweigt sind, decken sie eine grosse Fläche ab und so kann die Pflanze auch bei kurzen Regenschauern möglichst viel Wasser aufnehmen. 

Das zweite Merkmal der Xerophyten ist deren Sprossachse, welche meist für die Wasserspeicherung verantwortlich ist. Die Sprossachse ist das verbindende Element zwischen den Wurzeln und den Blättern einer Pflanze – sofern jene vorhanden sind. Kakteen bestehen oft nur aus Wurzeln, Stacheln und der Sprossachse, an deren Dicke jeweils zu erkennen ist, wie viel Wasser die Pflanze gespeichert hat. Die Sprossachse übernimmt auch die Photosynthese – diese Funktion ist besonders wichtig, wenn die Pflanze keine Blätter aufweist. Je grösser die Oberfläche der Pflanze ist, desto mehr gespeichertes Wasser kann verdunsten. Deswegen besitzen so viele Xerophyten nur wenige Blätter, die zudem in der Regel klein ausfallen. 

Gut gewachst

Manche Xerophyten setzen lieber auf Nadeln denn auf Blätter, weil die Form der Nadeln eine minimale Oberfläche aufweist. Auch die eingesenkten Spaltöffnungen der Nadeln tragen dazu bei, dass die Feuchtigkeit möglichst gut erhalten bleibt. Will der Xerophyt seine Sprossachse zwar schützen, aber keine zusätzlichen Oberflächen schaffen, setzt er auf Dornen. 

Bild von Fichtennadeln

Die Nadeln der Fichte schützen sich mit einer Wachsschicht, der Cuticula, vor der Sonne. Bild: JulijaMatuka / Depositphotos

Weiteren Schutz vor der Sonne bietet die Cuticula, eine wachsartige Schicht über den Blättern und Nadeln. Diese Schutzschicht ist wasserabweisend, weswegen sie den Wasserverlust der Fläche, die sie bedeckt, signifikant einschränkt – mit der Cuticula begrenzt sich der Wasserverlust auf 0,01 Prozent dessen, wie viel Wasser bei einer gleich grossen freien Wasseroberfläche verdampfen würde. Sollte doch etwas mehr Wasser fürs Wohlergehen der Pflanze verdampfen müssen, kann die Cuticula Poren oder Risse aufweisen und so den Wassergehalt regulieren. Diese Eigenschaft macht die Xerophyten deutlich autonomer und weniger empfindlich auf längere Trockenzeiten als andere Gartenpflanzen. 

Robuste Blütenpracht

Ein Garten voller Trockenpflanzen bedeutet freilich nicht, dass er öde aussehen muss. Mit bunten Kakteen und blühenden Kräutern ergänzt, kann auch ein solch robuster Garten eine stolze Farbenpracht aufweisen und ein kleines Paradies für Bienen und Hummeln darstellen. Zum Beispiel ist das Heidekraut aufgrund seiner vielen Blüten für die fleissigen Insekten interessant. Aus dem Nektar dieser Heilpflanze machen sie würzigen Heidehonig, der sich durch seinen kräftigen Geschmack auszeichnet. Auch im Tee macht sich das Heidekraut gut, kann Ausschläge lindern und beim Einschlafen helfen. 

Das Heidekraut ist längst nicht der einzige essbare Xerophyt. Zahlreiche Kräuter wie zum Beispiel Lavendel, Thymian und Rosmarin benötigen nur wenig Wasser. Diese Gewürze sind auch für den Balkon geeignet, da sie sich gut an ihre Umgebung anpassen und bereits mit wenig Platz zufrieden sind. Ein weiterer Vorteil der Xerophyten ist, dass viele von ihnen winterhart sind. Das ist besonders für minimalistische und zeitsparende Gartenbesitzer erfreulich, denn es bedeutet weniger Arbeit im Frühling. 

Grüne Flauschdecke

Sie sehen zwar sehr anders aus als die meisten Xerophyten, doch auch viele Arten von Moos gelten als solche und können Trockenperioden gut überstehen. Sie sind viel zu selten im Garten anzutreffen, obwohl sich dieses flauschige Gewächs hervorragend als Rasenersatz eignet. Moos versteckt die Erde unter seiner weichen Decke – perfekt, um darauf Picknicks zu geniessen und mit seinen Kindern zu spielen. Moose sind nicht nur pflegeleicht, sie gelten auch als hervorragende Speicher von Kohlendioxid und absorbieren bis zu sechs Mal mehr CO2 als andere Pflanzen. Da sie flauschig sind, haben Moose eine grosse Oberfläche, wandeln entsprechend viel CO2 in Sauerstoff um und bieten Verstecke für Kleinstlebewesen sowie Insekten. 

Bild von Sukkulenten

Selbst ohne Blüten schmücken Sukkulenten jeden Garten mit ihrer Farbenpracht. Bild: firefox / Depositphotos

Moose speichern viel Wasser, was sich an ihrer satten Farbe und flauschigen Textur zeigt. Während Trockenzeiten bleiben sie resilient und verwenden ihre Wasserersparnisse, solange sie können. Weil sie kein Leitgewebe haben, also keine Wurzeln, durch die sie Feuchtigkeit aufnehmen könnten, ziehen sie diese aus der Luft. Entsprechend sind sie Profis darin, den Morgentau für sich zu nutzen und brauchen nicht unbedingt feuchte Erde, um sich wohlzufühlen. Moose sind sehr saugkräftig und können bis zum 20-fachen ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen. Dieses verdunstet nach und nach, wodurch die Umgebungsluft um bis zu zwei Grad abgekühlt wird. 

Wer also auf Xerophyten in seinem Garten setzt, kann sich nicht nur viel Gartenarbeit sparen, sondern einen grossen Unterschied für die Umwelt erwirken. Ein mit hitzebeständigen Pflanzen geschmückter Garten schützt die Erde vor Austrocknung und bietet einen wertvollen und kühlen Lebensraum mit Nahrungsquellen für Insekten und Tiere. Hinzu kommt, dass der eigene Garten im besten Fall eine private Oase für die Gartenbesitzerinnen darstellt, wo sie auch die heissesten Sommertage ausklingen lassen und die eigene Verbindung zur Natur pflegen können. 

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