Seit 1969 gibt es den Tag des Weissen Stockes. Auch in diesem Jahr rufen die Blindenverbände auf der ganzen Welt nach einem hindernisfreien öffentlichen Raum, der niemanden mehr benachteiligt. Der Schweizerische Blindenbund erklärt, warum eine inklusive Architektur keine Nachteile hat.
Am 15. Oktober ist der internationale Tag des Weissen Stockes. Benannt nach der Mobilitätshilfe für blinde und sehbehinderte Menschen, rufen an diesem Tag weltweit die Blindenverbände zu mehr Aufmerksamkeit und Inklusion im öffentlichen Raum auf. Ins Leben gerufen wurde der Tag bereits 1969 von den Vereinten Nationen.
Dem Schweizerischen Blindenbund geht es in diesem Jahr um eine moderne Architektur für sehbehinderte und blinde Menschen. Unter dem Motto «Design for All» macht der Verband auf die zahlreichen Elemente in der öffentlichen Architektur aufmerksam, die blinden und sehbehinderten Menschen im Alltag helfen sollen.
Sicher durch den öffentlichen Raum
Mit der Umsetzung von internationalen Baunormen sollen auch in der Schweiz mehr hindernisfreie Bauten und ein hindernisfreier Verkehrsraum entstehen. Öffentliche Neubauten müssen deshalb für die Menschen mit Geh-, Seh- oder Hörbehinderung hindernisfrei entstehen, heisst es in der Pressemitteilung des Schweizerischen Blindenbundes. «Die Akzeptanz einer hindernisfreien Bauweise ist in den letzten Jahren merklich gestiegen», sagt Eva Schmidt, Geschäftsführerin der Schweizer Fachstelle für Hindernisfreie Architektur. Dafür gesorgt hätten einerseits die Pflicht durch das Behindertengleichstellungsgesetz und auf der anderen Seite die Einsicht der Gesellschaft.
Damit die Wegführung im öffentlichen Raum eindeutig ist, braucht es mehr als nur die Leitliniensysteme in Form von weissen Linien auf dem Boden. Ein weiteres Hilfsmittel sind Trennelemente zwischen den Fussgängerbereichen und der Fahrbahn. Ertastbare Absätze zum Fahrbereich, Grünstreifen oder hohe Randabschlüsse eignen sich für eine Abgrenzung der verschiedenen Verkehrsflächen. Auch Entwässerungsrinnen und Belagswechsel können als Orientierungs- und Führungselement dienen, die dann mit dem Weissen Stock ertastet werden. Wenn die baulichen Massnahmen rechtzeitig bei der Planung berücksichtigt werden, entstehen zudem kaum Mehrkosten, schreibt der Blindenbund.
Besonders an den Bus-, Postauto- und Tramhaltestellen bedarf es neben einer barrierefreien Architektur auch eine kontrastreiche Gestaltung und eine standardisierte Positionierung der Informationsträger. Sei es die Einstiegsposition beim Bus oder der Hinweis, welche Tramlinie verkehrt. Damit sehbehinderte und blinde Menschen sich nicht nur in ihrer Heimatgemeinde zurechtfinden, sondern den ÖV in der gesamten Schweiz selbstständig nutzen können.
Sensibilisierung für eine hindernisfreie Zukunft
Trotz Sehschwäche ein selbstbestimmtes Leben führen, ist auch der Wunsch von Adrienn Seifert aus Oberägeri. Die studierte Juristin gibt im Auftrag der Behindertenkonferenz Zürich Vorträge in Primar- und Sekundarschulen. Hier soll das Thema Sehbehinderung mit den Kindern thematisiert werden. «Ich glaube, es braucht noch viel Sensibilisierung und Weiterdenken, dass bei Bauprojekten mehr auf Hindernisfreiheit auch in Bezug auf sehbehinderte Menschen geachtet wird», sagt Seifert.
Rund um den 15. Oktober bieten die Regionalgruppen vom Schweizerischen Blindenbund Sensibilisierungsveranstaltungen an. Coronabedingt in diesem Jahr allerdings nur an den Orten Nestal GL, Thun, Winterthur und Zürich. In Zürich findet die Aktion am 14. Oktober von 10 bis 16 Uhr statt. Mehr Informationen rund um den Tag des Weissen Stockes findest du hier.