Vom Fernsehen auf die Theaterbühne: In seinem neuesten Experiment gilt es für das Ehepaar Schneuwly, ein Theaterstück auf die Beine zu stellen. Anne Hodler alias Margrit Schneuwly verrät, welche Hindernisse es auf dem Weg dorthin zu bewältigen gibt und warum sie kommenden Sommer gemeinsam mit ihren Kindern auf der Bühne stehen könnte.
Anne Hodler, am 28. Dezember feiert «Schneuwlys machen ein Theater» im Theater Matte in Bern Premiere. Wie sieht der aktuelle Stand der Vorbereitungen aus?
Es gibt noch viel zu tun. Aktuell sind wir daran, die Texte zu lernen, was in diesem Format speziell ist, da wir in der Vergangenheit jeweils improvisierten – einen vorgegebenen Text gab es nie. Für das Theaterstück hat Matto Kämpf nun Dialoge verfasst. Wir lernen die Texte, versuchen sie dann auf der Bühne aber möglichst authentisch zu präsentieren, damit es improvisiert wirkt. Im Stück gibt es verschiedene Ebenen: Den «normalen» Dialog zwischen den beiden, dazu geschriebenen Text für Schneuwlys, wenn sie für ihr Theaterstück proben, und sie spielen ein Stück im Stück– es sind also drei Ebenen.
Ausserdem ist es nicht unbedingt üblich, Figuren aus einer Serie auf die Theaterbühne zu bringen, denn müssen sie hier in einer anderen Umgebung funktionieren. Wie stark müsst ihr dabei die Figuren ans Theater anpassen?
Wir werden auf der Bühne und rund um das Stück ausschliesslich als Herr und Frau Schneuwly auftreten, Matto Kämpf und mich wird es in dem Sinne gar nicht geben, das ist das Konzept von Schneuwlys. Hansjörg und Margrit müssen sich also für ihr neuestes Experiment durch einen Theaterabend wursteln, wobei natürlich nicht alles gelingen wird. Sie sind ja auch keine SchauspielerInnen.
Die Serie lebte unter anderem von den Pausen, dem Innehalten, den Schnitten. Kann dies auch auf der Theaterbühne funktionieren oder müsst ihr hierfür andere Ansätze wählen?
Tatsächlich bildet der Umstand, dass wir den Schnitt nicht haben, die grösste Herausforderung. Für die Serie drehten wir mehrere Stunden für eine Episode von 15 bis 20 Minuten. Nun haben wir ein Produkt, das eins zu eins über die Bühne gehen muss. Es gilt, die Authentizität, welche die Schneuwlys durch das Improvisieren auszeichnet, auch durch ein vorgegebenes Stück zu erreichen. Dafür müssen wir verstärkt mit bekannten Theaterinstrumenten wie dem Rhythmus und Präzision arbeiten. Auf der anderen Seite müssen wir aber keine umfangreiche Figurenarbeit betreiben. Sich wie bei einem klassischen Theaterstück erst an die Figur heranzutasten, ist bei uns nicht nötig. Diesen zeitlichen Vorsprung können wir anderweitig investieren.
Die letzte Staffel von «Experiment Schneuwly» erschien 2018. War eine Theaterproduktion damals bereits vorgesehen oder manifestierte sich diese Idee erst später?
Die Idee spukte immer mal wieder in unseren Köpfen herum, dass Laientheater ein mögliches Experiment für das Paar sein könnte. Über die Jahre konkretisierte sich dies dann und mündet nun in diesem ziemlich grossen Experiment, denn es braucht einiges, um ein funktionierendes Theaterstück auf die Bühne zu bringen. Schneuwlys sind auf jeden Fall ziemlich gefordert und sie machen dabei einen spannenden Prozess durch.
Ich nehme an, Hansjörg und Margrit Schneuwly haben nicht unbedingt deckungsgleiche Vorstellungen, wie das Endprodukt aussehen soll.
Nicht ganz. Entsprechend gibt es Momente, in denen sie sich in die Haare geraten, aber es kommt auch vor, dass sie zusammenspannen. Sie haben also durchaus eine tiefe Verbindung zueinander.
Wie viel Vorbereitungszeit hat das Stück insgesamt in Anspruch genommen?
Richtig konkret wurde es Anfang dieses Jahres, wobei wir erst die Idee und den Inhalt des Stücks entwickeln mussten, bevor es Matto Kämpf verschriftlichte. Anfang November begannen wir mit den Vorproben und die zwei Monate bis zur Premiere bilden die heisse Phase für die Proben. Mit «Experiment Schneuwly» können wir ausserdem nun das Zehnjährige feiern. Wir haben uns in dieser Zeit verändert und entsprechend haben das auch unsere Figuren.
In diesen zehn Jahren gab es natürlich Pausen. Glauben Sie, dass es ein Risiko ist, Schneuwlys nach sechs Jahren nun wieder zurückzubringen, da manche Leute die Serie respektive die Figuren nicht mehr präsent haben könnten?
Wenn man die Schweizer Comedy-Landschaft betrachtet, war «Experiment Schneuwly» aus meiner Sicht immer ein Nischenprodukt jenseits von Schenkelklopf-Humor für ein grosses Publikum, wie ich es beispielsweise als Teil von «Edelmais & Co.» miterlebt habe. Es ist Comedy für LiebhaberInnen, die Freude an diesen Figuren haben. Und doch werde ich häufig auf «Experiment Schneuwly» angesprochen, was dafür spricht, dass wir fundierte, treue Fans haben, die sich nun bestimmt darauf freuen, das Ehepaar live zu erleben. Es berührt uns, wie unsere Fans in all den Jahren mit unseren Experimenten mitgefiebert haben. Gerade auch, weil es mein künstlerisches Baby ist, das ich zusammen mit Juri Steinhart ins Leben gerufen habe; dadurch unterscheidet es sich von Projekten, für die ich «bloss» als Schauspielerin engagiert wurde.
Könnten Sie sich vorstellen, dass Schneuwlys immer mal wieder irgendwo auftreten werden, beispielsweise mit einem Zirkus touren? An ungewohnte Umgebungen ist sich das Paar ja gewohnt.
Wir sind offen. Das Ganze begann mit einem Experiment, was bereits eine grosse Offenheit impliziert. So wie wir uns weiterentwickeln und das Leben auf uns zukommen lassen, tut dies auch das Ehepaar Schneuwly. Sie sind auf jeden Fall zu vielem bereit. Denn obwohl sie Hinterwäldler sind, sind sie bei gewissen Themen doch aufgeschlossen. Ich habe als Margrit Schneuwly Dinge erlebt, die ich als Anne Hodler wohl nie erlebt hätte. Für die unmittelbare Zukunft wäre schön, wenn der Auftritt im Theater Matte den Auftakt zu einer Tour bildet und wir auch in anderen Schweizer Theatern gastieren könnten.
Stichwort Theaterbühne. Sie werden kommenden Sommer ab dem 2. Juli im Rahmen des Stücks «Der Geltstag» im Landschaftstheater Ballenberg auf der Bühne stehen und dabei die Rolle der Eisi spielen. Was reizt Sie an diesem Projekt?
Ich werde zum insgesamt dritten Mal nach 2000 («Käserei in der Vehfreude») und 2005 («Die Stickerin und der Fergger») auf dem Ballenberg spielen. In der Vergangenheit erlebte ich dort jeweils eine sehr schöne Zeit mit tollen CharakterdarstellerInnen. Es entstanden anhaltende Freundschaften und wenn ich auf den Ballenberg komme, ist es ein Nachhausekommen. Entsprechend war ich sehr interessiert daran, als «Der Geltstag» ursprünglich für 2020 geplant war, wobei die Pandemie einen Strich durch die Rechnung machte. Die Idee wäre gewesen, dass auch meine Kinder in einer Rolle mitwirken können. Nun, fünf Jahre später, ist die Situation eine andere. Sie sind älter, sind neben der Schule respektive Lehre zeitlich eingespannt und so wird es nicht mehr in der Form möglich sein wie damals angedacht. Aber vielleicht können sie als StatistIn trotzdem noch Teil des Projekts sein. Ich freue mich bereits jetzt darauf, eine Zeitreise zu unternehmen und in dieser Naturkulisse wirken zu können. Ausserdem mag ich die Unmittelbarkeit des Theaters – SchauspielerInnen wie das Publikum erleben den Moment im Hier und Jetzt.
Weshalb sprach Sie die Rolle der Eisi an?
Es ist eine spannende Rolle und sie ist eine vielschichtige Frau, die bis zuletzt ihr Vorhaben «durchzustieren» versucht. Sie sitzt am Ende auf dem letzten Hab und Gut, das ihr noch bleibt. Es geht um Geld und was passiert, wenn man sich vom Geld verblenden lässt und es einfach ausgibt. Dies ist auch heute noch ein aktuelles Thema: Wie wichtig ist es, dass wir uns darauf fokussieren, immer mehr Geld zu haben und die Wirtschaft voranzutreiben? Muss die Wirtschaft tatsächlich immer weiter wachsen? Sind andere Werte mittlerweile nicht wichtiger?
Daneben haben Sie weitere Projekte am Laufen, darunter die Rocket Ladies. Was hat es damit auf sich?
Dies befindet sich noch im Entstehungsprozess. Es handelt sich um vier Figuren, die ich gemeinsam mit Lisa Ubezio entwickelt habe, wobei Margrit Schneuwly eine davon ist. Es geht auch um Mut, den Entscheid zu treffen, mit einer Figur rauszugehen und aktuell bin ich bei den Rocket Ladies noch etwas zurückhaltend. Aber klar, irgendwann musst du dich dem Publikum stellen und es ist Teil meines Jobs, mit Kritik umgehen zu können. Zumal es immer Leute geben wird, denen dein Output gefällt und anderen nicht. Ich muss dann für mich entscheiden, wo ich nachjustieren will und wo ich etwas stehen lasse, weil es für mich so stimmt. Es macht Spass, Figuren zu entwickeln und mein Ziel ist, auch wenn sie immer leicht überzeichnet sind, sie in eine Realität zu holen. Durch die Figuren soll – ähnlich wie bei «Experiment Schneuwly» – eine Aussage gemacht werden. Es gilt, zu entscheiden, wann der Moment gekommen ist, die Figuren in die Welt zu entlassen, indem ich sie zum Beispiel in einem Youtube-Video präsentiere. Es ist natürlich auch immer eine Frage der Zeitressourcen bei Projekten, die noch nicht allzu konkret sind, denn oftmals absorbiert einen das Tagesgeschäft stark. Ich mag es auf jeden Fall, immer wieder Neues zu entwickeln.
Wobei da ja nicht nur die Figur dazugehört.
Genau, die Figur ist das Eine. Aber man möchte mit ihr auch eine Aussage machen, hinter der man stehen kann. Was das anbelangt, so verspüre ich eine grosse Demut und Respekt vor gelungenen Fällen, denn dies lässt sich nicht wirklich erzwingen. Ich gehöre zu jener Generation, die sich gut überlegt, was sie machen will und erst dann mit einem Inhalt rausgeht. Dies hat sich mittlerweile geändert, was Vor- wie Nachteile mit sich bringt. Einerseits kann dies erfrischend sein, auf der anderen Seite zu einer gewissen Beliebigkeit führen. Ich setze lieber auf eher weniger Content, dafür «verhebt» es.
Muss jede/r Kulturschaffende für sich entscheiden, was für ihn oder sie der richtige Weg ist, mit Kritik umzugehen?
Ja, ich kenne zum Beispiel KollegInnen, die keine Theaterkritik mehr lesen – egal ob positiv oder negativ. Ich finde, man sollte mit Kritik schon umgehen können, denn auch im Leben ausserhalb der Kultur kommt nicht alles gut an und es kann nicht alles einwandfrei sein.
Sie treten unter anderem auch mit den Lombardis auf, ein komödiantisches Musikstück mit 1920er-Jahre-Flair, das Sie selbst produziert haben. Wie regelmässig stehen Sie dafür auf der Bühne?
Dies ist ganz unterschiedlich und wir treten auch nicht immer in derselben Besetzung auf, teilweise nur als Duo. Gestartet sind wir 2016 als Quartett, wobei ich gemeinsam mit Myria Poffet und dank eines gewonnenen Stipendiums, das ich in Gesangsstunden investierte, das Projekt initiiert habe. Heute gehören neben Myria Poffet auch Michel Poffet, Peter Horisberger und Oli Kuster zur Combo. Unser Ziel ist, dass wir künftig als Quintett unterwegs sein werden mit Myria Poffet und mir als die beiden Frontfrauen und mit eigenen Songs. Bislang coverten wir Lieder von Hildegard Knef, Marlene Dietrich und Zarah Leander. Textlich stehen die eigenen Stücke bereits, nun müssen sie noch musikalisch umgesetzt werden. Die Lombardis, wie auch die Schneuwlys, sind ein gutes Beispiel für meine Philosophie: Mir ist wichtig, dass ich privat wie künstlerisch mit Leuten verkehre, denen ich vertrauen kann und die auf derselben Wellenlänge sind, weswegen ich seit Jahren gerne mit den gleichen Leuten arbeite. Ich bin für diese langjährigen Zusammenarbeiten sehr dankbar.
Wie stark passen Sie bei den Lombardis das Programm und die Texte jeweils an den Anlass und das Publikum an?
Wir sind tatsächlich sehr flexibel, was das anbelangt. Wir sind schon an sehr unterschiedlichen Orten und Events aufgetreten. So spielen wir auch nicht immer ein gesamtes Programm, sondern je nach Anlass nur einige wenige Stücke. Je nachdem, was gefragt ist. Ich schätze es sehr, dass alle BandmitgliederInnen so offen und unkompliziert sind.
Was fasziniert Sie an dieser Zeit der 1920er- bis 1950-Jahre mit ihrer Kultur und prägenden Figuren?
Unter anderem die tiefgründigen Texte, die mich extrem berühren und teilweise zu Tränen rühren. Was bei mir direkt ins Herz geht, hat gleich seinen Platz verdient. Hinzu kommt der historische Kontext, zum Teil geprägt durch den Krieg. «Sag’ mir wo die Blumen sind» von Marlene Dietrich ist dabei nur ein Beispiel. Sie stellte sich auch vor die Soldaten, performte, während im Hintergrund Bomben niedergingen. Sie stand für ihre Kunst und das Gute im Leben ein. Auch musikalisch spricht mich die Zeit an, ich mag Swing und Jazz. Für Myria Poffet und mich ist es ein Schlaraffenland, in dem wir jene Stücke aussuchen können, die wir möchten und die Band setzt diese dann genial um. Aber ich freue mich auch sehr auf die eigenen Songs, die nun in der Entstehung sind.
Es gibt neben Leonore Lombardi verschiedenste andere Rollen, in die Sie immer wieder reinschlüpfen. Wie lange brauchen Sie jeweils, um wieder in eine Rolle reinzufinden?
Dies ist unterschiedlich. Bei Margrit Schneuwly reicht meist das Kostüm inklusive Frisur und Brille und wenn ich dann Matto Kämpf als Hansjörg vor mir sehe, bin ich bereits in der Rolle. Figuren wie Erika Hössli Huber von den Rocket Ladies sind weniger konkret, doch geht es auch bei ihr mittlerweile relativ rasch. Bei anderen Figuren dauert es etwas länger. Das Schöne ist, dass es sich um Figuren handelt, die ich über Jahre immer wieder bedienen darf, was im Theater sonst ja nicht der Fall ist. Sie wachsen dadurch mit mir weiter. So sind die heutigen Leonore Lombardi und Margrit Schneuwly nicht mehr dieselben wie vor acht Jahren, da ich mich in dieser Zeit ebenfalls entwickelt habe.
Haben Sie schon früh entdeckt, dass es Ihnen liegt, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und so die Leute zu unterhalten?
Ich erinnere mich, als wir in der dritten oder vierten Klasse «Von dem Fischer und syner Frau» aufführten und ich dabei die Frau spielte. Ich spürte schon damals, dass es mich auf die Bühne zieht. Ich spielte zudem in meinem Zimmer ganze Konzerte und Filme nach. Auch ohne Publikum gefiel es mir, in Rollen zu schlüpfen und eine eigene Welt zu kreieren. Entsprechend absolvierte ich die Schauspielprüfung noch vor der Matura.
Stellte sich also gar nie die Frage, einen anderen Weg einzuschlagen?
Diese Momente gab es schon, denn als Kulturschaffende macht man auch harte Zeiten durch, wenn die attraktiven Angebote ausbleiben und es eher ein Darben ist. Es gibt Phasen, in denen man von Absagen lebt, womit man umgehen können muss. Jedoch stärkte dies schon früh meine Resilienz, da ich wusste, dass ich immer einen Plan B oder C haben muss. Fast alle meine Projekte entstanden, nachdem ein anderes zu Ende gegangen war. Nach dem Ende von «Edelmais & Co.» wusste ich, dass ich etwas Eigenes kreieren möchte. Daraus entstand schliesslich «Experiment Schneuwly». Auch anderen Jobs ergaben sich so. Im Moment arbeite ich, neben meinen Auftritten, vermehrt auch als Kommunikationstrainerin. Ich denke, Offenheit und Flexibilität sind wichtige Instrumente in meinem Job – aber auch im Leben generell. Die Unsicherheit in meinem Beruf kann zwar sehr anstrengend sein, hält einen aber auch flexibel, jung und frisch. Ich kann mittlerweile auf viele Momente zurückschauen, in denen ich nicht wusste, wie es weitergeht und woher mein nächstes Einkommen kommen wird, und doch haben sich immer wieder neue Türen geöffnet. Und zu guter Letzt habe ich fast nie das Gefühl, dass ich arbeite, denn alles, was ich tue, mache ich extrem gerne und leidenschaftlich.
Mit anderen Worten, wie so viele Kulturschaffende haben Sie verschiedene Jobs und Projekte parallel am Laufen, auch solche, die ausserhalb der Kulturbranche liegen. Kommen Ihre kulturellen Projekte dadurch teilweise zeitlich zu kurz?
Es gab Phasen, in denen ich kulturell weniger aktiv war. Gerade das Theaterschaffen lag längere Zeit brach und ich konzentrierte mich eher auf Comedy. Unter anderem auch in einer Zeit, als meine Kinder noch kleiner waren, da ich nicht ständig am Abend weg sein wollte. Nun habe ich wieder umso mehr Lust auf den Live-Moment des Theaters. Grundsätzlich stelle ich mir immer wieder die Frage, wie ich alles unter einen Hut bringen kann. Ist eine finanzielle Sicherheit gegeben, kann dies zu einer Phase des Aufatmens führen, da man nicht von Monat zu Monat schauen muss. Hält diese Phase an, ist dies entspannend und dann kann eher wieder etwas Neues entstehen. Mir wird auf jeden Fall nie langweilig und meine Agenda ist meist mehr als voll. Ich mag das und ich wäre nicht dafür gemacht, jeden Morgen am selben Ort zur selben Zeit arbeiten zu gehen. Ich habe mich zwar auch schon danach gesehnt, aber wenn ich nur schon ansatzweise in diese Richtung komme, spüre ich sogleich wieder, dass dies überhaupt nicht meine Welt ist.
Sie haben sich bewusst für diesen Weg entschieden und sind Ihre eigene Chefin. War es nie eine Option, eine Agentur im Hintergrund zu haben, die einen Teil der administrativen Arbeit übernimmt und sich um Rollen kümmert?
Diesen Gedanken habe ich hin und wieder schon. Sowohl für Lombardis als auch für das Filmschaffen. Es hat auch mit Glück zu tun, jemanden zu finden, der einen passend portiert und gute Rollen möglich macht. Der Verkauf eines Projekts ist quasi ein eigener Job, wobei eine Agentur dabei natürlich unterstützend wirken kann. Was die Vermarktung anbelangt, bin ich weniger talentiert, aber ich lerne stetig dazu.
Ausserdem spielen bei der Eigenvermarktung mittlerweile Faktoren rein, die früher überhaupt kein Thema waren wie die Präsenz in den sozialen Medien. Inzwischen kann es für eine Produktionsfirma bei der Rollenverteilung ein Kriterium sein, wie viele Follower ein/e SchauspielerIn hat.
Absolut und bei mir ist es nicht selten so, dass wenn ich nach einem Konzert mit den Lombardis am Abend nach dem Verstauen der Technik glücklich und müde im Bett liege, mir in den Sinn kommt, dass ich vergessen habe, etwas dazu auf Social Media zu posten. Ich befinde mich vor und nach dem Auftritt so im Moment, dass ich dies gar nicht auf dem Radar habe. Doch mittlerweile habe ich damit begonnen, vor respektive nach Auftritten meine Kanäle zu bedienen. Es gehört einfach dazu und muss Teil der Routine werden, auch wenn ich nicht damit aufgewachsen bin. Ich habe da sicherlich noch Nachholbedarf.
Zur Person Anne Hodler (51) wuchs in Bern auf und absolvierte nach der Matura die Hochschule für Theater in Bern inklusive Diplomabschluss. Anschliessend war sie über zehn Jahre lang am Theater an der Effingerstrasse in Bern engagiert und später hat sie an weiteren Theatern wie dem Theater am Hechtplatz in Zürich gastiert. Von 2001 bis 2007 arbeitete Hodler als Moderatorin für «TeleBielingue». Einem nationalen Publikum wurde sie als festes Ensemble-Mitglied der Sketch-Show «Edelmais & Co.» bekannt, die bis 2011 im Schweizer Fernsehen lief. Seit 2013 verkörpert die Bernerin Margrit Schneuwly in der satirischen Doku-Soap «Experiment Schneuwly», welche sie mitkreiert hat. Kommenden Dezember und Januar bringt sie gemeinsam mit Matto Kämpf alias Hansjörg Schneuwly und Juri Steinhart als Herr Schneeberger das Ehepaar im Rahmen des Theaterstücks «Schneuwlys machen ein Theater» im Theater Matte in Bern auf die Bühne. Dazwischen gab es auch Hörspiele und Liveauftritte mit den Schneuwlys. 2016 war Anne Hodler Schauspielerin bei der SRF-Sendung «Querdenker» und im selben Jahr gründete sie gemeinsam mit Myria Poffet, Michel Poffet und Peter Horisberger die Band Die Lombardis, mit der sie nach wie vor auftritt, künftig voraussichtlich als Quintett. Sie steht regelmässig für Filme vor der Kamera, ist in Theaterstücken auf der Bühne zu sehen wie im kommenden Sommer beim Landschaftstheater Ballenberg im Stück «Der Geltstag» und sie hat 2014 das Off-Stage-Stipendium des Kantons Bern erhalten, mit welchem sie sich im Bereich Gesang weiterbildete. Auch ausserhalb der Kultur ist die Bernerin vielschichtig unterwegs. So arbeitet sie seit 2018 als Schauspielerin in Kommunikationstrainings im Bereich CAS Leadership an der Berner Fachhochschule, ist auch anderswo als Kommunikationstrainerin tätig und hat über viele Jahre als Moderatorin vor der Kamera und hinter dem Radiomikrofon Erfahrungen gesammelt. Anne Hodler ist Mutter von zwei Kindern.