Für alle, denen die Decke auf den Kopf zu fallen droht: Das Ziegel-Museum in Hagendorn schafft Abhilfe. Denn diesen Samstag eröffnet das Museum einen neuen Lehm-Ofenturm. Dieser bietet nicht nur eine grossartige Aussicht, sondern erzählt auch eine spannende Geschichte.
Während trotz der vom Bundesrat beschlossenen Öffnungsschritte für ab Montag, 19. April, der Grossteil des öffentlichen und kulturellen Lebens weiterhin stillsteht, ist ein vollständiger Verzicht darauf trotzdem nicht zwingend nötig.
So lädt beispielsweise das Ziegelei-Museum in Hagendorn ab Samstag, 17. April, zum Besuch seines brandneuen Ofenturms ein.
Nachdem im vergangenen Herbst der Spatenstich erfolgte, steht nun die Eröffnung an. Ein neuer Ofenturm – was zunächst unspektakulär klingen mag, bringt für die Besucherinnen und Besucher tatsächlich gleich mehrere Highlights mit sich.
So lässt sich von der grossen Aussichtsplattform des Ofenturms bestens das schöne Naturschutzgebiet überblicken. Ausserdem werden die historischen Abläufe zur Herstellung der Ziegel sichtbar, vom Lehmabbau über das Formen bis hin zum Brennen. Denn beim Ofenturm handelt es sich um einen Stampflehmbau.
Lehm geriet als Baumaterial in Vergessenheit
Bauen mit Lehm hat in der Schweiz eine lange Tradition. Allerdings ist Lehm als Baumaterial in den letzten Jahrhunderten mit der Industrialisierung und durch die Weiterentwicklung anderer Baustoffe wie Beton, Metall und verschiedenen Kunststoffen in Vergessenheit geraten.
Jährlich fallen im Bausektor mehrere Millionen Tonnen Lehm als Aushubmaterial an, die auf Deponien landen. Dieses Potenzial soll in Zukunft genutzt werden, um den Umgang mit Ressourcen umweltschonender zu gestalten.
Denn die Suche nach nachhaltigem Bauen erlangt durch die heutigen Ressourcen-, Deponie- und Klimaprobleme neue Aktualität. So spart der Stampflehmbau im Vergleich zum Betonbau 30 bis 50 Prozent CO2.
Die Reaktivierung der umweltschonenden historischen Techniken ist eine Möglichkeit, wobei die Innovation in der Transformation der Stampflehmtechnik mit dem heutigen Wissen liegt. Am Bauprojekt Ofenturm werden die Elementbauweise, die Hochbaumöglichkeiten und mittels Vorspannung auch die Erdbebensicherheit getestet.
Wie aus ungebrannter Erde Architektur entsteht
Begonnen hat das Projekt damit, dass Architekt Roger Boltshauser während seiner Gastprofessur an der Technischen Universität München mit den Studierenden ein Turmgebäude aus Stampflehm plante.
Die besten Projekte aus dem Entwurfskurs wurden mit Studierenden der ETH Zürich synthetisiert und bis zur Ausführungsreife weiterentwickelt.
Einen wichtigen Aspekt der Entwürfe bildete das Ziel, den Ofenturm im Selbstbau im Rahmen einer «Summer School» im Sommer 2019 zu erstellen. Zwei Gruppen à jeweils 15 Studierende der ETH Zürich und anderer Hochschulen im In- und Ausland trafen sich für je zwei Wochen in Brunnen, um auf dem Areal eines ehemaligen Zementwerks praktische Erfahrungen im Stampflehmbau zu sammeln.
Ein «DesignBuild»-Projekt, welches die Studierenden an Innovationsprozessen teilhaben liess und ihnen vermittelte, wie aus ungebrannter Erde Architektur entsteht.
Da der historische Brennofen in der Ziegelhütte aus feuerpolizeilichen Gründen nicht mehr benutzt werden darf, wurde im Innern des Stampflehmbaus neben einem imposanten Ausstellungsraum auch ein Brennofen für Ziegel gebaut.
Der Ofenturm kann ab Samstag jeweils von Mittwoch bis Sonntag zwischen 14 und 17 Uhr besichtigt werden.