Eine Maske im Gebüsch, eine Bierflasche neben dem Abfalleimer und der Zigarettenstummel auf der Strasse. Sorglos entsorgter Abfall wird in der Schweiz zunehmend zum Problem. Im Kanton Zug startet nun eine neue Kampagne gegen Littering und auch die Stadt arbeitet an Massnahmen.
Schon im Kindergarten lernt man, seinen Müll nicht einfach auf die Strasse zu werfen. Heute trägt das unachtsame Wegwerfen des eigenen Abfalls einen neuen Begriff: Littering.
Zu den Abfallprodukten, die häufig nicht im Mülleimer landen, gehören unter anderem Zigaretten, Take-Away- und Getränkeverpackungen und Flaschen sowie Deckel, Servietten und Flyer.
Die Folgen sind nicht nur eine verschmutzte Natur und zugemüllte öffentliche Räume. Littering hat Auswirkungen auf die Lebensqualität der Menschen und das Ökosystem sowie direkte ökonomische Konsequenzen.
Eine dreckige Stadt lockt unter Umständen weniger Touristen an und ein einziger Zigarettenstummel kann mehrere Liter Wasser vergiften. Das Bundesamt für Umwelt hat in einer Studie die Kosten des Litterings berechnet: Jedes Jahr werden in der Schweiz 200 Millionen Franken für die Reinigung aufgewendet.
Ein Viertel des Abfalls bleibt im öffentlichen Verkehr verliegen, die restlichen 75 Prozent werden im öffentlichen Raum weggeworfen.
Dazu kommen noch Kosten für Kampagnen und andere Präventionsmassnahmen. Am Ende zahlen also immer alle Bürger und Bürgerinnen, wenn jemand seinen Abfall verantwortungslos liegen lässt.
«Zug blibt suuber»
Eine der Präventionsmassnahmen ist die Zuger Kampagne «Zug blibt suuber». Damit setzen sich der Kanton Zug, seine elf Gemeinden und der Zweckverband der Zuger Einwohnergemeinden für die Bewirtschaftung von Abfällen (ZEBA) gemeinsam für die Bekämpfung von Littering ein.
Für die Kampagne ist es die zweite Auflage. Bereits 2013 startete die Anti-Littering-Massnahme, bevor sie 2018 aus Kostengründen eingestellt wurde.
Ein zentrales Element der Kampagne sind die Plakate. Auf den zahlreichen unterschiedlichen Motiven finden sich alle bekannten Litteringartikel wieder.
Die leeren Bierflaschen träumen davon, endlich im Abfall zu landen, Zigarettenstummel sind über ihren letzten Ruheort am Boden zerstört und herrenlose Plastikartikel machen die Tiere krank.
Zusätzlich gibt es auch einen Newcomer unter den Litteringprodukten: die Schutzmasken. Die Plakate sollen die verschiedenen Litteringsituationen gezielt ansprechen, die Bevölkerung sensibilisieren und zum Nachdenken anregen.
Unter Busse steht das Littering in Zug bereits seit Herbst 2013. 100 Franken werden fällig, wenn jemand beim Zurücklassen seines Abfalls erwischt wird.
Unterstützung für die Werkhöfe
Neben den gedruckten Medien setzt «Zug blibt suuber» auch auf die sozialen Medien und die Handyaffinität der ZugerInnen. Bis zum 30. Juni sucht die Kampagne unter den Zuger Schulklassen diejenigen, die ihren Müll am spektakulärsten entsorgen können.
Per Handyvideo sollen Trickwürfe in Richtung Abfalleimer festgehalten und bei Youtube geteilt werden.
Eine Arbeitsgruppe bewertet am Ende die Versuche der SchülerInnen und kürt in drei Kategorien die Sieger. Den Gewinnern winkt ein dreistelliges Preisgeld für die Klassenkasse.
Die andere digitale Aktion ist die Suche nach Littering-Hotspots. Die Zuger und Zugerinnen werden dazu aufgerufen, besonders verschmutzte Standorte per Foto festzuhalten und zu melden.
Die Hotspots sollen dann von den Werkhöfen der Gemeinde oder der ZEBA gesäubert werden. Auch hier soll ein kleiner Gewinnpreis für eine rege Teilnahme sorgen.
Oh weh, der Zugersee
Urs Raschle (CVP) ist Zuger Stadtrat und Vorsteher des Departements Soziales, Umwelt, Sicherheit und ausserdem Mitglied der ZEBA. Das Thema Littering beschäftigt ihn bereits seitdem er 2015 das Amt als Stadtrat angetreten hat und er ist froh, dass man sich über eine Rückkehr von «Zug blibt suuber» einigen konnte.
Eine präventive Kampagne könne den Bürgern aufzeigen, dass sie beim Thema Littering auch selbst verantwortlich sind. «Seit dem Ausbruch der Coronapandemie haben wir mit bedeutend mehr Littering zu kämpfen.
In diesem Frühling ist es nun aber besonders ausgeprägt», sagt Raschle. Einer der Hotspots in der Stadt Zug ist das Seeufer. Ein Bereich, der während der Pandemie für die BürgerInnen immer geöffnet war, wie Raschle hervorhebt.
Die zusätzlichen Mengen an Abfall liessen sich vor allem an den leeren Alkoholflaschen festmachen. «Littering ist auch mit Lärm, Party und grölenden Leuten verbunden», so Raschle.
Nicht nur die Beschwerden der AnwohnerInnen hätten dafür gesorgt, dass die Stadt Zug das Problem ernst nimmt. «Am Ende ist es auch ein gesellschaftliches Problem und Phänomen.»
Verantwortlich für die nächtlichen Treffen am Zugersee sind nach Raschles Auffassung vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Er habe nichts gegen Partys im öffentlichen Raum, «aber es ist schlimm, wenn man sieht, was am nächsten Tag liegen geblieben ist».
Die anschliessende Entsorgung durch den Werkhof hat auch seinen Preis. Unter den Litteringartikeln finden sich ebenfalls die immer grösser werdenden Take-Away-Verpackungen. Ein Trend, den man bei der Abfallbewirtschaftung auch schon vor der Pandemie wahrgenommen hat.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Die Lösung der Litteringproblematik am See will Urs Raschle nun zusammen mit der Polizei angehen. Man möchte im Seebereich mehr Präsenz zeigen.
«Wir möchten das Gespräch mit den Leuten suchen und ihnen ihr Fehlverhalten aufzeigen, statt sofort zu büssen», sagt er und verweist darauf, dass alleine eine Busse von 100 Franken das Problem nicht lösen könne.
Ein anderer Ansatz sei die Durchmischung der sozialen Gesellschaft. Mit der Buvette Quai Pasa lockt man seit 2020 auch andere Altersgruppen an den See. «Die Jugendlichen finden dann weniger einen rechtsfreien Raum vor», so Raschles positives Fazit der ersten Buvette-Saison.
An eine Reduktion der Litteringartikel mit einem möglichen Ende der Pandemie glaubt Raschle nicht: «Ich befürchte, das ist ein Phänomen, das länger bleibt.»
Aus diesem Grund sei es wichtig, das Problem gezielt und konzentriert anzugehen. Dazu habe man ein neues Reportingsystem aufgebaut, um die Situation in Bezug auf Abfallmengen, Reinigungskosten und Bussen nach jedem Wochenende bewerten zu können.
«Alle Probleme werden wir nicht lösen können, aber ich glaube, wir können Verbesserungen bei der Abfallmenge erreichen», lautet das Fazit des Zuger Stadtrats.
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