Der Begriff der Nachhaltigkeit ist in aller Munde und manch ein Unternehmen nutzt dessen positive Konnotation zu Marketing-Zwecken aus. Mit cleveren Werbeversprechen, einem naturnahen Aussehen oder einem umweltschonenden Ruf lassen sich viele Unternehmen umweltfreundlicher erscheinen, als sie es tatsächlich sind.
Sie betreiben auf diese Weise sogenanntes «Greenwashing». Doch wie erkennt man als KonsumentIn solches? Und sind Plastikverpackungen auf der anderen Seite zu Unrecht verpönt?
Wer sich in einem Lebensmittel- und Hauswarenladen darauf achtet, wie die Produkte mit Slogans und Farben präsentiert werden, kann die umweltfreundlichsten Artikel scheinbar auf den ersten Blick erkennen.
Feste Seifenstücke in Kartonschachteln sind ökologische Seifen, umweltfreundliches Müsli kommt in grüner Verpackung daher und umweltschonende Spraydosen prahlen mit Stickern, dass ihr Inhalt auf bestimmte Schadstoffe verzichtet.
Solches Marketing weckt das Vertrauen der umweltbewussten Konsumenten und lässt sie für das «grüne» Produkt gerne ein paar Franken mehr bezahlen. Doch nicht jeder Produzent hält, was seine Artikel zu versprechen scheinen. Dieses Phänomen ist auch als «Greenwashing» bekannt.
Den Schwindel erkennen
Das «Greenwashing», welches sich als «grünwaschen» übersetzen lässt, steht für das Präsentieren eines Produkts als ein nachhaltiges, ohne entsprechende Nachweise vorzuzeigen.
«Greenwashing ist heute aktueller denn je», bestätigt Felix Meier, Geschäftsführer der gemeinnützigen Umweltorganisation «Pusch – Praktischer Umweltschutz» aus Zürich. So werben viele Produkte mit Begriffen wie grün, nachhaltig und recycelt, die rechtlich nicht geschützt sind und viel Spielraum für Interpretation zulassen.
Ein weiteres Beispiel ist das Werben mit irrelevanter Information, die das Produkt umweltfreundlicher aussehen lässt. So steht auf manchen Spraydosen heute noch «FCKW-frei», obwohl der Verkauf dieses Treibhausgases in der Schweiz bereits seit 2004 verboten ist.
Das Greenwashing kann weitergetrieben werden, indem ein Unternehmen mit einem umweltfreundlichen Image oder einer umweltfreundlichen Reihe von Produkten sein gesamtes Sortiment verharmlost.
So nennen Marken wie Yves Rocher und Rituals ihre Produkte Pflanzenkosmetik bzw. Naturkosmetik, da ihre Beauty-Produkte abgesehen von synthetischen Stoffen auch pflanzliche beinhalten.
Auf diese Weise ergattern sich die Marken ein grünes Image, obwohl sie nur wenig echte Naturkosmetik im Sortiment haben, also nur in seltenen Fällen auf synthetische Rohstoffe verzichten und über 50 Prozent des Produktinhalts aus pflanzlichen Rohstoffen zusammenstellen.
Bitte beachten Sie die Packungsrückseite
Um das Greenwashing zu durchschauen, kann die Konsumentin die Packungsrückseite mit der Inhaltsliste der Produkte, die sie interessieren, genau unter die Lupe nehmen. Viele Produkte beinhalten trotz des grünen Images ihrer Hersteller Stoffe, die teilweise nicht nur der Umwelt, sondern auch den Konsumenten schaden können.
So enthält zum Beispiel Peeling oft Mikroplastik, welches kaum aus dem Abwasser herausgefiltert werden kann (auf der Verpackung ist es als Acrylates / C10-30 Alkyl Acrylate Crosspolymer zu erkennen) und in Shampoos sind sehr oft Silikone zu finden.
Obwohl Silikone das Haar über längere Zeit hinweg brüchig machen und die Kopfhaut versiegeln können, weder wasserlöslich noch natürlich abbaubar sind, werden sie aufgrund ihrer geringen Produktionskosten häufig in Haarpflegeprodukten eingesetzt.
Mit dem Abwasser gelangen sie ins Grundwasser, belasten die Natur und können zu Hautproblemen und -erkrankungen bei der Konsumentin führen.
Plastikgeschirr-Verbot in der EU – eine weitere Greenwashing-Taktik?
Doch längst nicht nur Kosmetikmarken betreiben Greenwashing. Auch (über)staatliche Institutionen und Regierungen führen beispielsweise umweltschonende Gesetze ein, wobei sich darüber streiten lässt, ob es sich dabei teilweise um Symbolpolitik handelt. So herrscht in den EU-Ländern seit Anfang Juli dieses Jahres ein Einwegplastikverbot.
Besteck, Geschirr, Becher, Luftballonstäbe und Wattestäbchen aus Plastik sowie Essensbehälter aus Styropor dürfen aktuell weder exportiert noch verkauft werden. Dies gilt auch für sogenannten biologisch abbaubaren Plastik, der sich zu Mikroplastik zerkleinert.
In der Schweiz setzt der Bundesrat weiterhin auf Freiwilligkeit, was umweltgerechte Verpackung von Lebensmitteln anbelangt. Doch: «Da sich das Verbot auch auf den EU-weiten Export bezieht, wird dieses mit der Zeit auch aus der Schweiz verschwinden», erklärt Felix Meier. Das Verbot sei zwar nicht sinnlos, doch sei die Plastikverpackung im Detailhandel zu Unrecht dermassen verpönt.
Meier begründet: «Wenn ein Verkäufer zum Beispiel verpackungsfreie Früchte wegwirft, da diese schneller schlecht werden oder nicht schön genug zum Verkaufen sind, stellt dieses Foodwaste für die Umwelt einen grösseren Schaden dar als eine dünne Plastikverpackung.»
Deswegen habe die Plastikverpackung durchaus ihren Platz im Detailhandel, solange sie sinnvoll eingesetzt wird. Das gelte für Produkte wie zum Beispiel Salat oder Gurken, welche mit dem Schutz einer Plastikhülle viel länger haltbar sind.
Wieso das Verbot von Plastikgeschirr ein guter Ansatz ist
Obwohl das Umschwenken auf plastikfreies Geschirr einer guten Strategie bedarf, um den gewünschten Effekt zu erzielen, bewirkt das neue Gesetz zweifellos weniger Plastikabfälle, vor allem in der Natur. «In einer Studie wurde das Plastikstrandgut an Meeresstränden untersucht.
Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei der Mehrheit des Mülls um Plastikartikel handelt, die man im Take-Away bekommt», so Meier. Dazu gehören PET-Flaschen und deren Deckel, Trinkhalme, Plastikgeschirr und -besteck. Was diesen Aspekt anbelangt, sei das Verbot sinnvoll.
Man müsse jedoch beachten, dass der meiste Müll über grosse asiatische Flüsse ins Meer gelangt. Die Schweiz verursache diesbezüglich und im Vergleich kaum Plastik, das in die Natur gelangt und habe auch ein gutes System der Abfallverwertung.
Auf das Innere kommt es an
Felix Meier begrüsst das neue EU-Verbot für Plastikverpackungen und -geschirr. Doch müsse man sich vor Augen halten, dass der durch Abfall verursachte Umweltbelastungsanteil nur drei Prozent ausmache.
Im Vergleich dazu weist die Umweltbelastung durch die Nahrungsmittelproduktion einen Anteil von über 30 Prozent auf. «Deswegen lohnt es sich viel mehr, auf die Produktionsart des Inhalts zu achten, als auf seine Verpackung», beteuert er.
So mache es einen geringen Unterschied, ob die Gurke in einer dünnen Plastikpackung daherkommt oder nicht, Hauptsache, sie trage ein umweltschonendes Label wie beispielsweise «Bio».
Hingegen lohnt es sich bei der Wahl der Reinigungsmittel, auf ein biologisch abbaubares Produkt zu setzen. «Da diese chemischen Substanzen direkt in den Abfluss und somit ins Wasser gelangen, können sie allfällige Wasserlebewesen gefährden», bekräftigt Meier.
Dies gelte weiterhin, obwohl in den letzten Jahren herkömmliche Reinigungsmittel qualitativ deutlich verbessert worden seien. Kläranlagen könnten biologisch abbaubare Mittel deutlich besser filtrieren als reguläre und die Reste, die im Wasser zurückbleiben, seien viel weniger umweltschädlich.
Wer seinen Unmut über eine besonders unsinnige Verpackung zum Ausdruck bringen möchte, könne das Produkt direkt nach dem Kauf auspacken und die Verpackung im Laden liegen lassen. «Solch eine Aktion motiviert den Anbieter, sinnvolle Verpackungen herzustellen», so Meier.
Der Fall «Plastikröhrli» Das Plastikröhrchen ist inzwischen zu einem Symbol der Umweltverschmutzung avanciert. Kürzlich wurde dieses in der EU jedoch durch das Pappröhrchen ersetzt. Umweltschützerinnen und -aktivisten jubelten ob des Entscheids. Einige kritische Stimmen wurden jedoch laut, da die Produktion der Pappe im Gegensatz zu ihrer Entsorgung schädlicher ist als diejenige von Plastik. Das Gesetz sei demnach der falsche Ansatz, um die Umwelt zu schonen. Pappe wird mit denselben fossilen Brennstoffen hergestellt wie Plastik. Die Herstellung von Pappprodukten benötigt jedoch mehr Energie und Ressourcen als diejenige von Plastikprodukten. Demzufolge setzt sie auch ein grösseres Volumen an Treibhausgasen frei. Auf der anderen Seite kann Pappe biologisch besser abgebaut werden. Doch auch Pappröhrchen können der Umwelt schaden, wenn sie in die Natur gelangen. Obwohl sie viel weniger beständig sind als Plastikstrohhalme, lassen auch sie sich nicht vollständig biologisch abbauen.
Wahl der Verpackung und des Geschirrs
Biologisch abbaubar ist ebenfalls eine Wortkombination, die rechtlich nicht geschützt und somit relativ frei interpretierbar ist. Felix Meier erklärt an einem Beispiel: «Wenn man die Ökobilanz des sogenannten biologisch abbaubaren oder aus biologischen Stoffen wie Maisstärke produzierten Plastikbechers mit der Bilanz des klassischen Kunststoffbechers vergleicht, schneidet Ersterer in den meisten Fällen eher schlechter ab.»
Grund dafür sei, dass diese «biologischen» Produkte nicht via Grünabfuhr kompostiert werden dürfen und im Gartenkompost kaum abbaubar sind. Ihr vermeintlicher Mehrwert sei also nutzlos, da sie mit dem restlichen Kehricht verbrannt gehören. Die Namenswahl der «nicht-sehr-biologisch» abbaubaren Kunststoffe sei demnach echtes Greenwashing.
Wenn man als umweltbewusste Käuferin eine möglichst umweltschonende Verpackung wählen möchte, führt Meier aus, gelte die folgende Faustregel: Je leichter und dünner die Verpackung, desto besser für die Umwelt, egal, aus welchem Material sie besteht.
So wäre es oft sinnvoller, wenn ein Produzent die Dicke seiner Plastikverpackungen bewusst reduzieren würde, als ganz auf sie zu verzichten und damit die Haltbarkeit des Produkts zu gefährden.
Eine umweltschonendere Alternative zu den neuen Plastikarten sind wiederverwendbare Boxen. Wenn man sich das Mittagessen in einer solchen Box von zuhause mitnimmt, spart man an Verpackungsmaterial.
Viele Restaurants und Take-Away-Buden machen beim landesweiten Netzwerk ReCircle mit, das Mehrweggeschirr anbietet, in dem das Essen für einen geringen Depotpreis den Kunden mitgegeben wird. Diese können das Geschirr nach dem Essen waschen, beim Imbissstand retournieren und erhalten ihr Geld zurück.
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