Immer öfter greifen umweltbewusste Käuferinnen und Käufer zu Kleidern aus pflanzlichen Stoffen. Diese sind ein tüchtiger Ersatz für tierische Textilien wie Leder und Wolle und dazu noch biologisch viel schneller abbaubar als erdölbasierte Materialien.
Wenn die gesamte Welt so viel konsumieren würde wie die Schweizer Bevölkerung, bräuchte man drei Planeten, um die Rohstoffe dafür nachhaltig liefern zu können, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen.
Dieser Gedanke ist beängstigend, insbesondere wenn man bedenkt, dass sich bei einem solch übermässigen Konsum zwingend auch der Abfall kumuliert. Ein grosser Teil des Abfalls besteht aus Textilien, genauer gesagt, aus alten Kleidern.
So ist es nach der Erdölindustrie die Modebranche, welche die Umwelt am stärksten verschmutzt. Hinzu kommt, dass sie auch für die Menschen, welche die Kleider meist unter widrigen, gesundheitsschädlichen Bedingungen herstellen, eine starke Belastung darstellt.
Ein Schlüsselbegriff in diesem Zusammenhang ist das aktuell stark forcierte Geschäftsmodell «Fast Fashion», zu Deutsch Wegwerfmode, welches sich als das ständige Angebot von neuen Kleidungsstücken zu tiefen Preisen definieren lässt.
Die EU will 2022 den Übergang zu einer Kreiswirtschaft mit einem neuen Rahmen für eine nachhaltige Produktpolitik beschleunigen, indem sie unter anderem strengere Kontrollen auf grünen Etikettenschwindel (Greenwashing) anwendet und die Verbrennung von unverkauften Kleidern zu minimieren versucht.
Doch aktuell boomt der Textilhandel noch und die Müllberge häufen sich. Als Konsumentin und Konsument kann man diesem Trend mit einem sparsamen und sorgsamen Umgang mit den eigenen Kleidungsstücken sowie mit ethischen Kaufentscheidungen, z.B. pflanzliche Textilien aber etwas entgegenwirken.
Das Mikroplastik-Dilemma
Während der sparsame Umgang mit Gütern und Rohstoffen von vielen noch erlernt werden muss respektive es oftmals sowohl auf Konsumenten- wie auf Herstellerseite am Willen zur Umsetzung mangelt, gibt es auch andere Wege, die Abfallmenge möglichst reduziert zu halten. Einer davon ist, bei Bedarf Textilien zu kaufen, die bei der Produktion und nach dem Tragen die Umwelt möglichst wenig belasten.
Das Negativ-Beispiel dafür ist auf der anderen Seite Polyester, welches aus Erdöl produziert wird und als der grösste Verursacher von Mikroplastik in den Meeren gilt. Das liegt daran, dass Polyester beim Waschen Fasern verliert, die inzwischen etwa 35 % des gesamten Mikroplastiks im Meer ausmachen.
Diese Mikrofasern sind so klein, dass sie von Kläranlagen und Waschmaschinen nicht herausgefiltert werden können. Mit der Nahrung nehmen Wassertiere die Fasern auf und so gelangen sie in die Nahrungskette. Mikroplastik hat dazu noch eine grosse Anziehungskraft auf andere Schadstoffe, die sich an den Fasern anreichern und durch die Tiere ebenfalls in der Nahrungskette landen.
Ein Lösungsansatz ist aktuell der «Guppy Friend»-Waschbeutel, in welchem die Kleider zum Waschen verstaut werden und der die Fasern zurückhalten soll. Doch sind pflanzliche Textilien auf Dauer sowie global betrachtet die nachhaltigere Alternative.
Die Eigenschaften des Traumstoffs
Am Beispiel des Polyesters wird ersichtlich, welche Eigenschaften pflanzliche Textilien mit sich bringen sollten. So sollten sie aus nachhaltigen Quellen stammen und möglichst wenig Wasser bei der Produktion brauchen.
Idealerweise sind die Rohstoffe dafür pflanzliche Nebenprodukte und können mit möglichst geringem Aufwand geerntet werden. Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, sollten sie sich möglichst schnell, umweltschonend und restlos zersetzen können.
Die restlose Zersetzung ist bei Naturfasern gegeben, solange sie nicht mit künstlichen Stoffen vermischt wurden. In Kombination mit synthetischen Fasern verliert die Naturfaser ihre biologische Abbaufähigkeit und braucht zum Zersetzen so viel Zeit, als bestände der Stoff nur aus synthetischen Fasern.
Deswegen lohnt es sich für umweltbewusste Konsumenten und Konsumentinnen beim Kauf eines Stoffes, genau auf dessen Stoffgehalt zu achten und, wenn möglich, auf Mischgewebe zu verzichten.
Textilien aus Ananasblättern und Milch
Baumwolle ist wohl der Klassiker unter den pflanzlichen Textilien, doch leider gehört sie nicht zu den umweltfreundlichsten und ethischsten Textilien. Baumwolle wird in manchen Ländern nach wie vor oft von Kinderarbeitern gepflückt und verbraucht pro Kilogramm etwa 10’000 bis 25’000 Liter Wasser.
Auch Echtleder ist ethisch umstritten, senkt es doch die Lebenserwartung der Menschen, die es produzieren, und ist es angesichts der Tierhaltung sowie der damit verbundenen Methanemissionen nicht der umweltfreundlichste Stoff.
Eine günstige und nachhaltige Lederalternative ist das sogenannte Piñatex. Dabei handelt es sich um pflanzliches Leder, das aus Fasern von Ananasblättern hergestellt wird. Da die Ananas nach der Banane die zweitbeliebteste Tropenfrucht der Welt ist, mangelt es nicht an Ananasblättern, die als Nebenprodukt übrigbleiben und weiterverarbeitet werden können.
Ein Quadratmeter Ananasleder besteht aus Pflanzenfasern von 480 Ananasblättern, also etwa so viel, wie 16 Ananaspflanzen an Blätter haben. Die Fasern werden noch auf dem Feld aus den Blättern mechanisch herausgelöst, dann gewaschen und getrocknet.
Als nächstes werden die Fasern mechanisch zu einem Netz gespannt. Dieses wird anschliessend nicht etwa gewebt, sondern verfilzt, wodurch ein lederähnliches Material entsteht, das gefärbt und anschliessend für bessere Haltbarkeit mit Harz beschichtet werden kann.
Doch Ananasblätter sind nicht das einzige Nebenprodukt, das zu Fasern verarbeitet werden kann. Auch aus Rohmilch-Abfällen können Fasern aus Kasein gewonnen werden. Bei dessen Verarbeitung werden keine Chemikalien verwendet, weswegen der Stoff gesundheitlich sehr gut verträglich ist.
Die Milchfaser belastet die Umwelt nicht, ist günstig, fühlt sich seidig-weich an und eignet sich gut als eine Alternative zur Baumwolle. Sie lässt sich gut kompostieren und benötigt für die Herstellung eines Kilogramms an Fasern nur zwei Liter Wasser.
Pflegeleichter Eukalyptus und Hanf
Eine Pflanze, die ebenfalls wenig Wasser braucht und auf Böden angebaut wird, die nicht für den Anbau von anderen Lebensmitteln genutzt werden können, ist Eukalyptus. Um pflanzliche Textilien aus Eukalyptusholz herzustellen, wird dieses zerkleinert, eingeweicht und mit Lösehilfstoff zu einem Brei vermischt, der anschliessend getrocknet und gefiltert wird. In ein Spinnband gepresst, entstehen aus dieser Lösung Eukalyptusfasern.
Zuletzt müssen die Fasern nur noch gewaschen und zu Garn gesponnen werden. Der daraus gewobene Eukalyptusstoff fühlt sich rau an und ist ziemlich robust. Weil die Lösungsmittel, die bei der Herstellung genutzt werden, anschliessend wieder in den Produktionskreislauf gelangen, wurde dieses Herstellungsverfahren der Eukalyptusfaser mit dem EU-Umweltpreis ausgezeichnet.
Gleich wie Eukalyptus benötigt auch Hanf weder Pflege noch Pestizide. Hanf ist eine beliebte Zwischenfrucht auf dem Feld, die den Acker besser hinterlässt als sie ihn vorgefunden hat und wurde bereits in der Antike zu Stoffen und Seilen verarbeitet.
Die Hanffaser ist eine der stärksten und haltbarsten Fasern, die ihre Form gut hält. Sie ist von Natur aus feuchtigkeitsregulierend. Dazu ist Hanf auch noch temperaturausgleichend, er wärmt im Winter gut und fühlt sich im Sommer kühl an.
Von Alge zu Stoff
Ähnlich wie Hanf enthalten auch Algen viele Mineralien und Spurenelemente, die im Algenstoff bleiben, die Haut pflegen und schützen. Die hautfreundlichen Seacell-Textilfasern werden mit einer speziellen Technologie aus Meeresalgen und Zink hergestellt.
Dazu werden die Algen getrocknet, gemahlen und dann in Cellulosefasern eingebunden. Dabei werden die Algen direkt in die Cellulose integriert, weswegen die Wirkung der Algen auch nach vielem Waschen anhält.
Der entstandene Stoff ist rein biologisch, wirkt dazu auch noch entzündungshemmend und entgiftend, weshalb er von einigen Marken als «Textilie mit Anti-Aging-Effekt» gepriesen wird. Der Stoff fühlt sich weich und seidig-glatt an, ist aber eher schwer und wasserabweisend.
Aufgrund der kostspieligen Herstellungsart sind aber auch die Preise von Algentextilien für das kleine Portemonnaie eher weniger erschwinglich. So bezahlt man für ein T-Shirt aus Algen in der Regel rund 140 Franken. Dafür kann man es mit dem Wissen tragen, dass sich pflanzliche Textilien gänzlich biologisch abbauen.
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