Was war in Zug vor 30 Jahren los? Im Foto Forum Zug gibt es ab dem 1. April eine neue Ausstellung von Emanuel Ammon zu sehen. Dieser war in den 80er und 90er-Jahren freier Pressefotograf und hielt Momentaufnahmen von Zug fest, die er nun vorstellt.
Wie kein anderes Medium weiss die Fotografie es, die Zeit festzuhalten. Für alle, die ein wenig Nostalgie vertragen könnten, bietet sich ab dem 1. April ein Besuch im Foto Forum Zug an, der wohl kleinsten Fotogalerie der Schweiz. Dort werden um die 30 Jahre alte Schnappschüsse des Fotografen Emanuel Ammon zu sehen sein.
1975 startete Emanuel Ammon seine Karriere als freier Pressefotograf beim «Luzerner Tagblatt». In den 80er und 90er-Jahren waren seine Fotos in vielen Zeitschriften und Magazinen wie «Schweizer Familie», «Die Weltwoche», im «Beobachter» und im «Tages-Anzeiger» zu sehen.
Immer wieder wurde der Fotograf für Reportagen und Portraits von diversen Persönlichkeiten nach Zug geschickt. So fotografierte er unter anderem den damaligen Regierungsrat Hanspeter Uster, Radiomoderator Alfons Spirig sowie Doku-Zug-Gründer Daniel Brunner.
Dabei hatte er auch viele Möglichkeiten, den Alltag in der Stadt Zug zu dokumentieren und den Geist der Zeit festzuhalten. So zum Beispiel auch in seiner Reportage über die Zuger Jugend 1984 für die «Schweizer Familie» und bei der Dokumentation der nächtlichen Montage der Eisenkonstruktion über der Neustadt-Passage, wo der Fotograf Stunden verbrachte.
Heute ist Emanuel Ammon Stiftungsrat der Fotodokumentation Kanton Luzern, kurz Fotodok, und setzt sich dafür ein, dass historische Bildbestände, unter anderem auch vom Kanton Zug, erhalten bleiben.
Herr Ammon, worauf dürfen sich die Passanten bei der Ausstellung besonders freuen?
Als ich vom Foto Forum eingeladen wurde, dachte ich, dass ich den Zugern eine Freude bereiten möchte und alte Fotos von ihrer Stadt ausstellen will. Ich habe Fotos ausgesucht, auf denen so manch ein bekanntes oder unbekanntes Gesicht zu sehen ist.
Die jungen Menschen auf den Bildern müssen heute wohl schon Eltern oder Grosseltern sein. Die Passanten werden manche Gesichter bestimmt wiedererkennen.
Sie sind Stiftungsrat der Luzerner Fotodok und verfassen Bücher mit alten Fotografien. Wieso liegt es Ihnen am Herzen, diese Fotos zu ordnen und festzuhalten?
Ob man sich für die Vergangenheit interessiert, kommt natürlich auf die Einstellung an. Man könnte sagen, dass man lieber den Fokus auf die Zukunft legen möchte, aber meiner Erfahrung nach kann man durch die Vergangenheit vieles über die jetzige Zeit und auch über die Zukunft lernen. Vielleicht kommt diese Einstellung mit dem Alter.
Ich finde, dass man als guter Fotograf auch viele Fotos von verschiedenen Fotografen anschauen muss, um sich in dieser Kunst weiterzuentwickeln. Mein Vater ist ebenfalls Fotograf und wollte seine alten Fotos wegwerfen. Glücklicherweise konnte ich sie im letzten Moment retten.
Er hat vor allem das Leben der Bauern fotografisch festgehalten, und durch die Freude an seinen Bildern bin ich dazu gekommen, ältere Fotos zu retten und zu dokumentieren. Ich glaube, man sollte das Werk der Fotografen würdigen und das mache ich, indem ich ihre Fotos in Alben und Büchern festhalte und vor dem Vergessenwerden bewahre.
Wie haben Sie Ihren Beruf als Pressefotograf in den 80ern und 90ern erlebt?
Der Journalismus und somit auch der Beruf des Pressefotografen haben sich seither stark verändert. Als ich in dieser Branche 1975 Fuss fasste, hatte ich viel mehr Freiheiten. Mein erster Job beim «Luzerner Tagblatt» war ein schlecht bezahlter Traumjob. Ich war in der ganzen Zentralschweiz unterwegs und lernte eine Menge Menschen kennen.
Da es damals weder Mobiltelefone noch Internet gab, musste man Storys auf eigene Faust finden. Also traf ich mich morgens mit meinem Journalisten und wir liefen durch die Stadt.
Wir besuchten Cafés, Restaurants und sprachen mit vielen Menschen. So fanden wir auf gut Glück eine Story und brachten sie am Abend fertig in die Redaktion. Tagsüber wusste die Redaktion nicht wirklich, was wir machten.
Heute hat man viel mehr Vorgaben, erledigt Aufträge und sucht online nach Themen, anstatt sich ins Geschehen zu werfen. Journalisten sind heute immer erreichbar und somit schaut die Redaktion ihnen viel mehr über die Schulter.
Welche Reportagen sind Ihnen besonders in der Erinnerung geblieben?
Meine erste grosse Reportage drehte sich um die Zuger Jugend, die ich 1984 für die «Schweizer Familie» machte. Da hatte ich mich auf die Suche nach reichen Jugendlichen entlang des Zugersees gemacht, habe junge Protestierende und den Jugendtreff am Gleis fotografiert.
Später habe ich mit meinem Journalisten einen Monat in Indien verbracht. Da er Geschichten und ich Fotos sammelte, hatten wir unterschiedliche Schlafrhythmen. Ich weiss noch, wie er sich kaum jemals vor dem Mittag aus dem Bett bewegte und dafür erst nach Mitternacht zurück ins Zimmer kam.
Ich war dafür kurz vor Sonnenaufgang wach, damit ich gutes Licht für die Fotos hatte, und ging dafür früher schlafen. Wir waren aus eigenem Interesse und ohne vorgegebenem Auftrag nach Indien gegangen.
Als wir wieder zurück in der Schweiz waren, haben wir die Story verschiedenen Magazinen angeboten. Heute schickt die Redaktion Journalisten gezielt los, aber in den 80ern konnten wir frei wählen, worüber wir schreiben wollten.
Darüber hinaus war ich eine Zeit lang während des Jugoslawienkriegs in Sarajevo unterwegs. Ich hatte natürlich grosse Angst und hielt mich eher am Rand des Geschehens auf. Ich fotografierte Flüchtlinge und die zivile Bevölkerung. Mein Aufenthalt dort war psychisch sehr anstrengend und ich musste mir immer wieder Zeit nehmen, um das Erlebte zu verarbeiten.
Was mögen Sie am Fotografieren besonders?
Ich liebe das Fotografieren selbst, den ganzen Prozess. Es bereitet mir grosse Freude, mit der Kamera unterwegs zu sein und die Umgebung nach einem spannenden Schnappschuss zu durchsuchen. Ich liebte die Zusammenarbeit mit einem guten Journalisten.
Früher sagte ich, dass ich nicht schreiben könne, aber wenn ich meine alten Geschichten zu den Fotos lese, staune ich. Ich war ein waschechter Journalist, auch wenn ich es damals abgestritten hätte. Ich hatte wohl mein Talent für das Schreiben verdrängt, da ich unbedingt als Fotograf unterwegs sein wollte.
Ist die Kamera immer noch Ihre treue Begleiterin?
Oh ja, ich fotografiere heute aber wieder häufiger mit analogen Kameras. Eigentlich war es mir immer egal, welche Art von Kamera ich hatte, ich liebte das Fotografieren selbst. Ich bin auch überzeugt, dass es bei gutem Fotografieren nicht auf das Material ankommt, das man zur Verfügung hat.
Es kommt nur auf die Herangehensweise an, wie man dem Menschen begegnet und darauf, wie man seinen Blick einsetzt. Heute schätze ich die begrenzte Anzahl an Bildern, die eine Filmkamera ermöglicht. So muss ich genauer arbeiten und kann keine Aufnahmen verschwenden.
Mit der Filmkamera erübrigt sich auch das Auswählen von einem Foto aus hundert fast identischen Bildern. Zudem habe ich bemerkt, dass Passanten auf digitale Kameras abweisend reagieren, als trauten sie ihnen nicht.
Wenn ich mit meiner Rolleiflex Kamera unterwegs bin, freuen sich die Leute über das alte Gerät und wir haben sofort ein angenehmes Gesprächsthema. Von einer Filmkamera lassen sich die Menschen auch viel lieber fotografieren.
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