Tom Lüthi bildete über viele Jahre hinweg im Töffzirkus das Schweizer Aushängeschild. Mit seinem Rücktritt verabschiedet sich zumindest für den Moment auch die Schweiz auf Fahrerseite aus der Motorrad-WM. Wir haben beim Berner nachgefragt, warum es an einheimischen Töff-Talenten mangelt, weshalb es ihn nie aus Linden weggezogen hat und ob er in seinen neuen Rollen weiterhin an den Rennen anzutreffen sein wird.
Am 21. Juli 2002 fuhr Tom Lüthi auf dem Sachsenring als 15-Jähriger sein erstes Rennen in der Motorrad-WM, Platz 26 resultierte beim Debut. Gut 19 Jahre und 317 Rennen später ging für den 35-Jährigen am 14. November 2021 die Karriere – passend zu seiner langjährigen Startnummer – mit einem 12. Platz in Valencia zu Ende. Es ist das Ende einer Ära, kein Schweizer Motorradrennfahrer hat diesen Sport hierzulande über so lange Zeit geprägt wie Lüthi (siehe Box).
Der gebürtige Oberdiessbacher blickt auf eine schwierige Abschiedssaison zurück. Einerseits, weil es sportlich nicht nach Wunsch lief, Lüthi kam über Platz 22 in der Endabrechnung nicht hinaus. Vor allem aber, weil das Schweizer Töfftalent Jason Dupasquier bei einem Unfall im italienischen Mugello im Mai mit nur 19 Jahren sein Leben verlor. Der 125er-Weltmeister von 2005 war eine Art Mentor für den jungen Freiburger.
Lüthi wird auch nach seinem Rücktritt im Fahrerlager anzutreffen sein als Sportchef des deutschen Moto3-Teams Prüstel GP. Ausserdem amtet er als Manager des Schweizer Nachwuchsfahrers Noah Dettwiler.
Tom Lüthi, Sie haben nun ein bisschen Zeit gehabt seit dem letzten Rennen in Valencia am Sonntag, 14. November, um zu reflektieren. Wie ist das Gefühl jetzt mit ein bisschen mehr Abstand als direkt nach dem Rennen? Immer noch happy oder wünschten Sie, der erste Test für die neue Saison wäre bereits angestanden?
Ich bin definitiv immer noch glücklich mit meinem Entscheid. Für mich stimmt es absolut und ich sehnte mich auch nicht nach Testfahrten nach dem letzten Rennen. Wie meine Gefühlslage aussehen wird, wenn im März der Saisonstart ansteht, weiss ich natürlich nicht. Vielleicht wird dann etwas Wehmut aufkommen.
Wie schwierig war es in Valencia vor dem Start, den Fokus zu behalten, wenn alle Freunde und die Familie anwesend sind? Danilo Petrucci, für den es ebenfalls das letzte Rennen war, verdrückte ja sogar schon vor dem Start einige Tränen.
Dies war tatsächlich ziemlich schwierig. Ich versuchte, Augen und Ohren so gut als möglich geschlossen zu halten, um von aussen nichts mitzubekommen und mich auf meinen Job zu konzentrieren – was mir natürlich nicht gelang.
Denn es wurde sehr viel organisiert für mich, langjährige Wegbegleiter waren beispielsweise mit dabei. Dies machte das Ganze sehr emotional. Trotzdem muss man kurz vor und während dem Rennen den Fokus wahren. Wir sind mit hohen Tempi unterwegs, da liegt es nicht drin, gedanklich abzuschweifen.
Haben Sie dem Team im Vorfeld mitgeteilt, Sie wollen auf der Startaufstellung nur jene Personen haben, die immer mit dabei sind?
Das habe ich tatsächlich. Jedoch kamen auf der Startaufstellung auch viele Leute zu mir, mit denen ich nicht gerechnet hatte, um mir die Hand zu geben und mir Glück für das letzte Rennen zu wünschen – selbst von gegnerischen Teams. Ich konnte mich schlussendlich zum Glück gut fokussieren, wusste, dass ich mich noch ein letztes Mal in den Tunnel begeben muss.
Sie arbeiten künftig als eine Art Sportchef für das Moto3-Team Prüstel GP. Stand für das Team und somit für Sie Ende November wie für anderes Teams in Jerez bereits der erste Test an?
Ursprünglich war geplant, dass wir bei diesem Test mit dabei sind. Jedoch sagte wir ihn schlussendlich ab, da am Wochenende zuvor noch das Saisonfinale der spanischen Meisterschaft mit der Beteiligung von Prüstel GP stattfand und es so beim Test personell zu einem Engpass gekommen wäre. Entsprechend werden für uns erst im nächsten Februar die ersten Testfahren anstehen.
Wie stark werden Sie beim täglichen Geschäft an der Rennstrecke involviert sein nächste Saison?
Ich werde auf jeden Fall bei allen Rennwochenenden vor Ort sein. Ich arbeite im sportlichen Bereich, sprich, auch mit den Fahrern zusammen. So gibt es vor und während den Rennwochenenden taktische Aspekte, die diskutiert werden müssen.
Dabei werden Sie jedoch auch etwas umdenken müssen, da es im taktischen Bereich zwischen Moto2 und Moto3 doch einige Unterschiede gibt. Beispielsweise, was die Suche eines Windschattens von einem anderen Fahrer anbelangt.
Ja, was die ganze Aufgabe für mich noch reizvoller und spannender macht. Es ist in gewisser Weise fast ein anderes Motorradfahren, da sich die Herangehensweise stark unterscheidet und es grosse Differenzen gibt, worauf der Fokus gerichtet werden muss. So spielt die Lebensdauer der Reifen in der Moto3 im Gegensatz zur Moto2 meist keine entscheidende Rolle.
In der Moto2 hingegen muss im Training Zeit aufgewendet werden, das Motorrad so abzustimmen, damit man mit den Reifen die gesamte Renndistanz schafft. In der Moto3 geht es eher darum, sich mit einer guten Rundenzeit direkt für das Q2, den entscheidenden Qualifyingteil, zu qualifizieren.
Was gehört sonst noch alles zu Ihrer Rolle als Sportchef?
Meinen genauen Aufgabenbereich werde ich in den kommenden Tagen gemeinsam mit dem Team definieren. Ziel ist, mit der Zeit immer mehr Aufgaben eines Teammanagers zu übernehmen.
Das heisst, Sie werden nächste Saison an der Rennstrecke auch Auskunftsperson für die Medien sein, was Fragen in Bezug auf das Team anbelangt?
Ja, vermutlich schon.
Wird sich Prüstel GP nächste Saison weiterhin auch in den Nachwuchsklassen engagieren oder wird der Fokus voll auf das Moto3-Team in der WM mit den beiden spanischen Talenten Xavier Artigas und Carlos Tatay gelegt?
Die Teamchefs Ingo und Florian Prüstel haben sich dazu entschieden, die Projekte in den Nachwuchsklassen vorerst auf Eis zu legen. Entsprechend werde auch ich mich voll auf das Moto3-WM-Team fokussieren.
Ein Grund für diesen Entscheid ist, dass wir nächste Saison nicht mehr als KTM-Team antreten werden, sondern als CFMoto-Werksteam. CFMoto ist ein chinesischer Motorradhersteller, der zum KTM-Konzern gehört. Da ist es umso wichtiger, dass wir gute Ergebnisse einfahren können.
Unabhängig von Ihrer Rolle bei Prüstel GP werden Sie auch als persönlicher Manager des Schweizer Nachwuchs-Motorradrennfahrers Noah Dettwiler (16) tätig sein. Wo werden wir ihn nächste Saison fahren sehen?
Aktuell sind wir daran, die kommende Saison zu finanzieren, was nicht einfach ist. Die Nachwuchsklassen sind ziemlich teuer, doch ist zumindest die mediale Sichtbarkeit kaum vorhanden, was das Ganze so schwierig macht. In welcher Klasse Noah 2022 fahren wird, ist momentan noch offen.
Aktuell trainiert er, fährt unter anderem mit Pitbikes Rennen, um sein Zweikampfverhalten zu verbessern. Denn sein Talent ist grösser, als es die Rennresultate zeigen, doch kann er sich auf der Strecke manchmal gegen seine Gegner noch nicht nach Wunsch durchsetzen.
Noah Dettwiler zog mit seinen Eltern vor knapp zwei Jahren nach Spanien, um möglichst ideale Voraussetzungen für den weiteren Karriereverlauf zu haben. Lebt die Familie mittlerweile wieder in der Schweiz?
Noah und Vater Andy leben grösstenteils in Spanien, Mutter Nicole mehrheitlich wieder in der Schweiz. Aber grundsätzlich pendeln sie zwischen der Schweiz und Spanien hin und her.
Die Schweiz ist für den Motorradnachwuchs insgesamt ein schwieriges Pflaster, nur schon aufgrund des Rundstreckenverbots und entsprechend des Fehlens einer permanenten Rennstrecke. Hinzu kommt, dass in anderen Ländern Motorradrennen einen viel höheren Stellenwert geniessen, was die Sponsorenakquise vereinfacht. Was raten Sie jungen Schweizer Motorradtalenten? Möglichst früh in die Nachwuchsklassen im umliegenden Ausland zu wechseln?
Es bleibt im Strassenmotorrad-Rennsport leider kaum etwas anderes übrig. Dies war bereits zu meiner Zeit so. Es gab einzig die Schweizer Pocketbike-Meisterschaft. So führte auch mein Weg über Deutschland in die WM.
Sehen Sie abgesehen von Noah Dettwiler aktuell Schweizer Motorradtalente, die das Potenzial haben, irgendwann mal den Sprung in die WM oder zumindest in die Juniorkategorien wie Red Bull Rookies Cup oder CEV (spanische Meisterschaft) zu schaffen?
Aktuell nicht. Es gibt Schweizer Fahrer, die in Italien und Deutschland in Nachwuchsmeisterschaften unterwegs sind. Das sind jedoch nicht viele und sie sind punkto Alter und Erfolge auch noch nicht bereit, um an die WM zu denken.
Generell sieht es im deutschsprachigen Raum zurzeit düster aus, was den Motorradnachwuchs anbelangt. Voraussichtlich werden wir in der WM 2022 nur einen deutschsprachigen Fahrer haben. Wären die Talente da und es hapert bei der Förderung oder fehlt es auch am Nachwuchs selbst?
Wir müssen auf jene Länder blicken, die punkto Nachwuchsfahrer aktuell führend sind, sprich Spanien und Italien, und schauen, wie sie so erfolgreich sein können. In Italien kommen die meisten jungen Fahrer aus der Akademie von Valentino Rossi. Er hat die (finanziellen) Möglichkeiten, die Jungs zu fördern und macht dies genau richtig.
In Spanien wiederum gibt es viele verschiedene Nachwuchsförderungen. Oftmals werden Talente bereits als Zehnjährige Teil eines Förderprogramms. Sind sie später in der WM erfolgreich, müssen sie dem Förderprogramm wiederum etwas zurückgeben.
Mit anderen Worten, die Kinder und Teenager haben bereits viel früher viel mehr Möglichkeiten. Wollten wir hierzulande etwas in diesem Rahmen aufbauen, wäre dies mit einer langjährigen Investition verbunden, bei der die Früchte erst später geerntet werden könnten. Auf das Niveau von Spanien würden wir aufgrund der fehlenden Rennstrecken jedoch nie kommen.
Zur Person Thomas «Tom» Lüthi (35) wuchs im bernischen Linden auf, wo er noch heute wohnt. Schon früh kam er durch seinen Vater mit Motorrädern in Berührung, sein erstes Pocketbike-Rennen bestritt er im Alter von neun Jahren. Über die deutsche Meisterschaft gelang ihm 2002 der Sprung in die 125er-WM. 2005 wurde er mit 19 Jahren Weltmeister in dieser Klasse. 2007 stieg er in die mittlere Klasse (erst 250er, später Moto2) auf, wo er 2016 und 2017 Vizeweltmeister wurde. Rückschläge waren schwere Ellbogen- und Schulterverletzungen, die er sich bei Testfahrten im Februar 2013 zuzog, als er von einem anderen Fahrer abgeschossen wurde, und die punktelose Saison 2018 in der MotoGP-Klasse. Insgesamt bestritt Tom Lüthi in der 125er-, 250er-, Moto2- und MotoGP-WM 318 Rennen. Dabei erreichte er 17 Siege, 65 Podestplätze und 12 Pole Positions. 2005 wurde er ausserdem zum Schweizer Sportler des Jahres gekürt. Lüthi ist in einer Beziehung mit Noëlle Dettwiler, Schwester von Töfffahrer Noah Dettwiler.
Nicht nur Sie haben mit dem letzten Saisonrennen in Valencia Ihre Karriere beendet, sondern auch Töff-Legende Valentino Rossi. Obwohl dieser Besitzer eines MotoGP- und eines Moto2-Teams ist, hat er bereits angekündigt, nächste Saison nicht bei allen Rennen vor Ort zu sein. Unter anderem, weil er noch nicht wisse, wie er sich dabei fühlen wird, seinen ehemaligen Gegnern auf der Strecke zuzuschauen. Erwarten Sie ebenfalls gemischte Gefühle bei Ihren ersten Besuchen als Ex-Fahrer an der Strecke?
Absolut. Vor allem, wenn das Moto2-Rennen ohne meine Beteiligung startet, wird dies zu Beginn ein komisches Gefühl sein. Aktuell bin ich noch so beschäftigt, dass ich noch gar nicht wirklich Zeit hatte, alles setzen zu lassen. Im Winter – hoffentlich mit Ferien und vielleicht sogar willkommener Langeweile verbunden – werde ich dann alles für mich mal aufarbeiten und sacken lassen.
Ich mache mir jedoch keine Sorgen, dass ich in ein Loch fallen werde, denn meine neuen Aufgaben werden definitiv Herausforderung genug sein. Zumal ich lange und erfolgreich genug in der WM als Fahrer unterwegs war. Ich bin alt genug, um aufhören zu dürfen (lacht). Dies wird im Vergleich zu allfälliger Wehmut definitiv überwiegen.
Werden Sie Ihr Trainingspensum nun sogleich von 100 auf 0 reduzieren oder werden Sie weiterhin regelmässig auf der Crossmaschine sitzen?
Ein entsprechendes Motorrad habe ich mir bereits organisiert. Ich möchte auf jeden Fall weiter regelmässig Motorrad fahren, da mir dies grossen Spass bereitet. Zumal auch viele meiner Freunde als Hobby Motocross fahren. Aber klar: Ich freue mich darauf, mich nicht mehr an ein fixes Trainingsprogramm halten und auf jedes Gramm achten zu müssen.
Ein Comeback für ein oder zwei Rennen, falls irgendwo ein Fahrer verletzt ausfällt, schliessen Sie aus?
Man weiss nie, was die Zukunft bringt. Aber geplant ist definitiv nichts.
Ein Wechsel in eine andere Klasse wie World Superbike, World Supersport, Langstrecken-WM oder MotoE kam für Sie nie in Frage?
Nein, das war nie ein Thema. Ich wurde im GP-Fahrerlager gross und wollte dort bleiben. Da kam mir das Angebot von Prüstel GP sehr gelegen. Trotzdem musste ich natürlich vor der Zusage meine Situation erst abwägen, was ich möchte und wie meine sportlichen Möglichkeiten aussehen.
Dabei war wichtig, ehrlich zu mir zu sein. Denn wenn man weiterfährt, die Resultate jedoch nicht stimmen, leidet der Spass und irgendwann auch das Image darunter und manche Tür schliesst sich womöglich dadurch.
Hätten Sie noch eine Saison angehängt, wenn die Ergebnisse heuer anders ausgefallen wären? Ihr diesjähriger Teamchef Edu Perales sagte nach Startplatz 6 im letzten Qualifying, dass das Team gerne mit Ihnen weitergemacht hätten, wenn es schon Anfang Saison so gelaufen wäre.
Ja, schlussendlich war es abhängig von den Ergebnissen. Stimmen die Resultate, ist alles viel einfacher und alle sind glücklich. Wäre das der Fall gewesen, wäre ich vielleicht noch eine weitere Saison im Team geblieben, doch war dem aus verschiedenen Gründen nicht so. Daher ist die Frage hypothetischer Natur.
Worauf freuen Sie sich nun, was Sie die letzten knapp 20 Jahre aus vertraglichen Gründen nicht tun durften oder aus Zeitgründen nicht tun konnten?
Da gibt es nicht wirklich etwas. Hobbys wie Motocross fahren oder Kitesurfen konnte ich schon jetzt nachgehen. Früher sagte ich mal, ich werde nach meiner Karriere sehr froh darüber sein, nicht mehr ständig reisen zu müssen. Das hat sich für den Moment allerdings erübrig (lacht). Ich hoffe, ich werde zumindest zwischen den Rennen mehr Zeit zuhause für Freundin, Familie und Freunde haben.
Sie haben das Reisen erwähnt, worauf Sie gut verzichten könnten. Was wird Ihnen sonst noch überhaupt nicht fehlen?
Dazu gehört auf jeden Fall die Medienarbeit, wenn es nicht läuft und sich dann erklären zu müssen. Es gab – auch in diesem Jahr – Situationen, als ich schlicht nicht mehr wusste, was ich sagen soll. Auch wenn ich als Sportchef künftig ebenfalls werde hinstehen müssen, ist es nicht dasselbe wie als Fahrer.
Generell können Sie in der Kommunikation nach aussen nun ein wenig zurückschrauben. Sie waren nie ein Selbstdarsteller, auch auf Social Media nicht. Entspricht dies schlicht nicht Ihrem Charakter oder ist es gerade in Bezug auf die sozialen Medien auch eine Generationenfrage?
Bis zu einem gewissen Grad ist es eine Generationenfrage, aber längst nicht nur. Ich war nie der Typ, der sich selbst in den Vordergrund stellen wollte. Es hätte dies überhaupt nicht meinem Naturell entsprochen und ich hätte eine Rolle spielen müssen, die mir nicht behagt hätte.
Für mich funktionierte am besten, mich selbst zu bleiben. Dazu gehört auch meine Loyalität gegenüber Sponsoren und Partnern. Mein Instagram-Profil werde ich jedoch weiterhin füttern, wenn auch wohl nicht mehr so regelmässig.
In der Schweiz steht Motorradsport meist immer noch eher selten im grossen Rampenlicht. Ist das Ihnen manchmal sogar entgegengekommen? In Ländern wie Spanien, Italien oder Indonesien wäre der Trubel um Ihre Person zeitweise zweifellos noch viel grösser gewesen.
Definitiv. Am liebsten wäre mir gewesen, alle Rennen zu gewinnen und trotzdem hätte mich niemand gekannt. In der Schweiz werde ich auf den Strassen natürlich immer noch von vielen erkannt, was mich auf der anderen Seite auch freut. Es ist eine Art Anerkennung für meine Leistungen und es zeigt, dass die Leute meine Rennen mitverfolgt haben.
Stichwort Anerkennung. Was bedeutet es Ihnen, nach dem letzten Rennen so viele Gratulationen erhalten zu haben? Auf Instagram beispielsweise auch von vielen ehemaligen Gegnern.
Diese Wertschätzung bedeutet mir sehr viel. Auf Instagram brauchte ich Wochen, um alle Nachrichten und Kommentare durchzulesen. Es kamen an diesem Abschiedswochenende auch vor Ort viele Leute zu mir, um mir für die Zukunft alles Gute zu wünschen.
Machte es den Abschied im Wissen, dass Sie nächste Saison wieder zurück im Fahrerlager sein und die meisten Gesichter früher oder später wiedersehen werden, einfacher?
Absolut. Allerdings werden insbesondere die anderen Fahrer mich ab nächstem Jahr mit anderen Augen betrachten und das Verhältnis wird nicht mehr dasselbe sein, sie werden sicher offener gegenüber mir sein.
Wenn wir die Zeit 19 oder 20 Jahre zurückspulen. Welchen Rat würden Sie dem jungen Tom Lüthi mit auf den Weg geben für seine Reise in der WM?
Dasselbe, was ich den Nachwuchsfahrern jetzt sage: Immer weiterkämpfen, immer wieder aufstehen, immer weitermachen. Früher oder später zahlt sich dies aus.
Sie haben sich in Ihrer Karriere gegen unzählige Fahrer auf der Strecke gemessen. Welcher Gegner war in den Zweikämpfen der härteste?
Schwierig, da einen herauszuheben. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Kampf gegen Mika Kallio in meinem Weltmeisterjahr 2005. Der war ein zäher «Cheib». In der Moto2-Ära gab es viele starke Gegner, unter anderem natürlich Marc Marquez, der im Zweikampf extrem hart fuhr. Selbiges gilt für Brad Binder, der nie zurücksteckte.
Mit welchem Fahrer haben Sie sich am intensivsten ausgetauscht und abseits der Strecke am meisten Zeit verbracht?
Mit den Schweizer Piloten: Robin Mulhauser, Dominique Aegerter und Jesko Raffin. Durch den Wegfall der Sprachbarriere hat man da automatisch einen engeren Bezug.
Sie sind seit vielen Jahren in Linden (BE) zuhause. Ist ein Grund, weshalb es Sie nie von dort weggezogen hat, dass Sie schon sehr jung ständig unterwegs waren und einen Ort brauchten, wo Sie nach Hause kommen konnten? Anstatt wenn Sie Ihren Wohnsitz wie so viele Fahrer zum Beispiel nach Andorra oder Spanien verlegt hätten.
Linden brachte mir immer Abwechslung und Ruhe. Diesen Gegensatz zum Leben und Rummel im Fahrerlager brauchte ich. Ein weiterer Grund, weshalb ich immer noch hier wohne, ist mein Freundeskreis. Meine Freunde sind immer noch dieselben wie damals in der Schule. Es war und ist mir wichtig, diese Freundschaften zu pflegen.
Es war für Sie also nie eine Option, ins Ausland zu ziehen?
Nein. Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, ob mich dies vorwärts bringen und schneller machen würde. Das Resultat dieser Überlegungen war jedoch immer dasselbe: Nein, würde es nicht. Ich bevorzugte es, gut geplante Trainingscamps zu organisieren und dazwischen wieder nach Hause zu kommen. Nur schon, um hier auf die Skier stehen zu können.
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