Ob Jung oder Alt: Praktisch jede/r ZugerIn kennt Punkto Zug. Doch wissen viele nicht, was die Arbeit des Fachzentrums alles umfasst. Im Rahmen des Tags der offenen Tür kommenden Samstag anlässlich seines 20. Geburtstags erhält die Bevölkerung einen vertieften Einblick. Wir haben vorab mit Geschäftsführer Roberto Sansossio gesprochen.
Punkto Zug feiert Geburtstag: Das Fachzentrum wird heuer 20. Die Anlaufstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern feiert diesen Anlass kommenden Samstag von 9 bis 17 Uhr bei sich an der Bahnhofstrasse 6 in Baar – und lädt dabei die Zuger Bevölkerung zu einem Tag der offenen Tür ein.
Mit einem breiten Angebot an Informationen, Speed-Beratung, Spiel und Spass für Gross und Klein steht Punkto einen ganzen Tag der interessierten Öffentlichkeit offen. Dabei kommt auch das leibliche Wohl mit Essen, Getränken, Glace und hausgemachtem Kuchen nicht zu kurz.
Roberto Sansossio ist Geschäftsführer von Punkto Zug. Er ist Jugendpsychologe und Psychotherapeut und seit Dezember 2019 für Punkto tätig. Wir haben uns mit ihm über die Entwicklung von Punkto und den Einfluss von Social Media gesprochen sowie einen Blick in die Zukunft gewagt.
Herr Sansossio, seit mittlerweile 20 Jahren gibt es nun Punkto Zug. Wie schätzen Sie die Entwicklung in diesem Zeitraum ein, die Punkto und seine Tätigkeitsfelder durchgemacht haben?
Allgemein kann man sagen, dass das Feld komplexer geworden ist. Die Anzahl der Fälle hat sehr stark zugenommen, ebenso deren Komplexität: Personen, die zu uns kommen, haben oftmals mehrere Baustellen; das Helfersystem aus Schulsozialarbeit, Lehrpersonen, Fachstellen, Kinderärzten etc.
ist meistens bereits aktiviert. Es braucht dann allerdings zusätzlich unsere Institution, um diese Komplexität zu bewältigen. Grund dafür sind dabei meist auch die enorm langen Wartelisten, so kann es zum Beispiel 4 bis 5 Monate dauern, bis man einen Termin bei einer kinderpsychiatrischen Einrichtung erhält.
Welchen Einfluss haben Social Media auf Ihre Arbeit?
Die sozialen Medien spielen in der heutigen Zeit eine eminent wichtige Rolle, sie dienen bei vielen Jugendlichen als Aggregations-Plattform. Das heisst, dass diese Medien heutzutage Treffpunkt sind, wenn man sich verabredet: Früher traf man sich auf dem Dorfplatz, heute online.
Darüber hinaus funktionieren Social Media mittlerweile als «Multiplikator des eigenen Selbst». Das bedeutet, dass die eigene Präsenz in den sozialen Medien gemessen wird, wodurch man mehr Reichweite für die eigene Darstellung erzeugen kann und sich somit populärer, beliebter fühlt.
Diese wahrgenommene Beliebtheit nimmt ab, sobald diese Präsenz vernachlässigt wird und Follower abspringen oder Beiträge mit einem «Dislike» markiert werden. Dadurch kann der Regulator für die eigenen Emotionen – das Selbstwertgefühl – schnell absinken. Bei Personen, welche emotional instabil sind, kann das stark abnehmende Selbstwertgefühl bis hin zu einer Depression führen.
Ist heutzutage mehr Beratung notwendig?
Wenn wir mit vor 20 Jahren vergleichen, ist heute definitiv mehr Beratung notwendig. Das liegt daran, dass früher die Hemmungen grösser waren, sich externe Hilfe zu holen. Heutzutage können sich Personen vorab im Internet informieren, um dann eine Vorselektion der eingeholten Informationen vorzunehmen, wodurch automatisch Ängste abgelegt werden.
Früher war es schwieriger, sich professionelle Hilfe zu holen, da man mit den zuständigen Stellen direkt in Kontakt treten musste. Ebenso spielten die Familienkonstellationen eine wichtige Rolle: Alles was ausserhalb war, sollte nicht in die inter-familiären Probleme einbezogen werden.
Man war oft der Meinung, dass man als Familie genügend Potenzial hat, eine eigene Lösung zu finden. Hier spielten natürlich oftmals auch kulturelle Hintergründe eine grosse Rolle. Wir können aber sagen, dass diese Hürde – auch dank des Generationswechsels – stark abgeschwächt wurde.
Über Punkto Zug Punkto Zug gehört zu den beratenden Institutionen, welches für Eltern, Kinder und Jugendliche sozialpsychologische und -pädagogische Unterstützung anbietet. Darüber hinaus enthält das Dienstleistungspaket begleitete Besuchstage oder informative Kurse, wie zum Beispiel Kurse für Eltern in Trennung, oder wenn Kinder anfangen, verstärkt zu trotzen. Ebenso gehören internationale Krabbel- und Kleinkinder-Treffs für kulturell und sprachlich gemischte Eltern zum Programm.
Das alles klingt nicht nur komplex, sondern auch nach sehr viel Aufwand für Punkto Zug. Stehen Ihnen überhaupt genügend Ressourcen zur Verfügung, um der Nachfrage gerecht zu werden?
Im Moment ja. Bisher haben wir das Glück, dass trotz der Zunahme der Fallmenge, verbunden mit der Komplexität der einzelnen Fälle, genügend MitarbeiterInnen zur Verfügung stehen. So müssen wir auch keine Personen auf die Warteliste setzen. Wir beobachten die Trends und Tendenzen in Bezug auf die Fallentwicklungen und -komplexität: Wenn diese in Zukunft stark zunehmen, benötigen wir auch mehr MitarbeiterInnen.
Wagen wir noch einen Blick nach vorn. Auf welche Bereiche wird Punkto in der kommenden Zeit einen Schwerpunkt legen?
Wir haben aktuell 2 bis 3 neue Projekte, die wir in Zusammenarbeit mit der Stadt Zug und der Gemeinde Cham angehen. Hier geht es zum Beispiel um den Bereich der Frühforderung, was bedeutet, dass umso früher bei bestehenden Problemen interveniert wird, desto schneller verbessert sich die Ausgangslage .
Wenn wir es also schaffen, möglichst früh und gezielt zu intervenieren, können wir die Herausforderung mit einem reduzierten Aufwand meistern. Umso älter ein Kind wird, desto mehr nehmen die Probleme ohne Interventionshilfe zu, und zwar deutlich. Ein weiteres Projekt ist die psychosoziale Beratung vor Ort in der Kantonsschule Zug.
Zu unserer Hauptzielgruppe gehören Jugendliche, welche diese Beratung bereits sehr gut nutzen. Als drittes Projekt kann ich die Digitalisierung nennen: Durch Corona waren wir gezwungen, einen Teil unserer Beratungstätigkeiten online anzubieten. Wir hatten in naher Zukunft ohnehin vor, auch im Online-Bereich verstärkt tätig zu werden, somit hat Corona nur beschleunigt, was wir sowieso planten.
Was ist sonst noch in eurem Aufgabenbereich?
Zu unseren aktuellen Dienstleistungen bzw. Fachbereichen gehören Themen wie das Jugendwohnen: Unsere SozialpädagogInnen bieten Zimmer für WG-Neulinge beziehungsweise minderjährige Auszubildende an und ermöglichen ihnen somit erste Schritte in die Selbständigkeit. Oder die Gassenarbeit, im Rahmen derer wir uns mit Personen beschäftigen, die am Rande der Gesellschaft leben.
Hier handelt es sich nicht nur um ältere Personen, sondern natürlich auch um Jugendliche, welche zum Beispiel ein Suchtproblem haben. Insgesamt bieten wir Dienstleistungen von insgesamt sechs Fachbereichen an: Familienbegleitung, Jugendwohnen, Kinder- und Jugendförderung, Mütter- und Väterberatung, Kinder-, Jugend- und Elternberatung sowie die Gassenarbeit.
Alle weiteren Informationen zum Jubiläumsanlass findest du hier.