Wie oft haben Sie heute schon nach Ihrem Handy gegriffen? Die digitalen Multitalente begleiten uns in unserem Leben. Sie zeigen uns, wie wir Ernährung und unseren Sport optimieren können, wecken uns morgens mit einer frischen Lieferung neuester Nachrichten.
Dank Smartphone sind wir stets am heissen Draht – per E-Mail, facebook, Messenger und SMS. Soweit so gut?
Allzeit bereit
Fast 100 Prozent der Schweizer Bevölkerung nutzen ein Handy. Und die Nutzungsdauer nimmt zu. Laut Studie sind Schweizer Jugendliche mit Smartphone, Tablet & Co. durchschnittlich 25 Prozent länger online als noch vor zwei Jahren.
Knapp ein Viertel gehen ständig an das Mobiltelefon, überprüfen es auf neue Nachrichten oder nehmen es zum Zeitvertreib zur Hand.
Segen und Fluch
Die mobilen Geräte erleichtern das Leben: Unser Alltag wird berechenbarer und die Kommunikation zuverlässiger. Die ständige Selbstoptimierung, die ständige Erreichbarkeit bekommt uns aber leider nicht. Oftmals gilt die Sorge: Sind wir nicht auf dem neuesten Stand, werden wir abgehängt.
Der ständige Check am Handy ist ausserdem suchtfördernd und kann gesundheitsschädlichen Stress verstärken. Per Smartphone bleiben wir erreichbar auch wenn Konzentration gefragt ist und Unterbrechungen sich kontraproduktiv auswirken.
Laut Forscher Alexander Markowetz verhindert das jede Erfahrung von Flow., also einer völligen mentalen Vertiefung. Die Folgen seien Unproduktivität und ein mangelndes Glücksempfinden.
Digital Detox
Markowetz rät in seinem Buch “Digitaler Burnout“ aber nicht dazu, das Smartphone abzuschaffen. Vielmehr gehe es um einen bewussteren Umgang.
Verfechter des „Digital Detox“ – einem frisch aus den USA importierter Trend – setzen sich gezielt auf Handydiät: So wird das Schlafzimmer beispielsweise zur online-freien Zone erklärt, ein ganzes Wochenende offline verbracht oder für die Handynutzung ein unbequemer Sitzplatz reserviert .
Auch in der Schweiz wird das Thema ernst genommen: 2015 fand die erste Digital Detox Konferenz in Zürich statt.
Neue Kommunikationskultur
Für den Autor Markowetz reicht der reflektierte Griff zum Handy aber nicht aus, denn das private und beruflichen Umfeld spielen bei der Nutzung eine wichtige Rolle. Markowetz rät dazu, „gesunde Umgangsformen“ zu trainieren und in der gegenseitigen Kommunikation Rücksicht zu nehmen. Ausserdem seien Aufklärungskampagnen, Forschungsprojekte und politische Initiativen gefragt.
Gezielte Grenzen
Auch Georg Bauer hat Tipps für eine gesündere Handynutzung: Der Sozial- und Präventivmediziner an der Universität Zürich rät dazu, sich zunächst einmal die Frage zu stellen, wie erreichbar man tatsächlich sein muss und wie sehr man sich eventuell unter unnötigen Druck setzt.
Auf der Basis dieser Überlegung könne man Grenzen setzen und vermehrt direkte Kontakte pflegen – und ganz bewusst das Mono-Tasking üben, sich also auf eine Aufgabe konzentrieren. Dann klappt es bestimmt auch…mit einer entstpannteren Handyhaltung und dem Flow.
BUCH TIPPS
Digitaler Burnout Alexander Markowetz Sachbuch, 224 Seiten Verlag: Droemer (25. September 2015)
Digital Detox: Wie Sie entspannt mit Handy & Co. Leben Daniela Otto Sachbuch, 142 Seiten Verlag: Springer (22. April 2016)
Verwendete Studien: Die JAMES Studie untersucht, wie Jugendlich in der Schweiz digitale Medien nutzen: www.zhaw.ch/psychologie/james Das Landesamt für Medien in Nordrhein-Westfalen hat 2015 eine Studie zur Handysucht bei Jugendlichen herausgebracht. Eine Zusammenfassung und weitere Informationen gibt es hier: www.lfm-nrw.de/alwayson