Judith Stadlin «Zugertütsch»

Judith Stadlin Zugertuetsch
Judith Stadlin auf der Bühne.

In ihrem Buch ‹Häschtääg zunderobsi› mischt Autorin Judith Stadlin alte Ausdrücke mit heutigem Neudeutsch im Zuger Dialekt. Die Spoken-Word-Texte sind leichtfüssig und modern. Pfiffig ergänzt mit über zwanzig Videos zu Zugerdeutschen Begriffen und Perfomanceaufnahmen.

Den 23. September sollten sich Buchliebhaber merken. Dann findet die Buchtaufe im Burgbachkeller statt. Und endlich wieder ein Stück Kulturgut und Bühnenpräsenz aus nächster Nähe erlebbar gemacht – sechs Monate nach dem Lockdown.

Im Gespräch mit Judith Stadlin, der Autorin von «Häschtääg zunderobsi»

Judith Stadlin, Sie sind eine talentierte Theaterfrau und Performerin, Sie sind auch Autorin. Was fasziniert Sie am Bücher schreiben?

Ich bin tatsächlich nicht nur Germanistin, sondern vor allem auch gelernte Schauspielerin. Ich schreibe seit Jahren für die Bühne, und auch fast jeder meiner Texte im Buch «Häschtääg zunderobsi» ist für die Bühne entstanden und wurde schon mehrfach vor Publikum ausprobiert.

Nach meinen Bühnenauftritten oder Radiosendungen gelangte oftmals das Publikum an mich mit dem Wunsch, meine Texte nachlesen zu können. Das war der Auslöser, die Texte in Buchform zu bringen. So war es auch bei meinem letzten Buch mit den Satiren, Radio- und Bühnentexten: «Die Schweiz ist eine Kuhgell.»

Ich schreibe ja auch andere Bücher (unter anderem Krimis: «Rötelsterben. Gorans erster Fall», «Der Kirschtote. Gorans zweier Fall» und andere, zusammen mit Michael van Orsouw.)

Ich erzähle halt gerne Geschichten, erlebte und erfundene, zugespitzte und ins Absurde geführte, ich spiele gerne mit der Sprache. Sie ist für mich wie eine Spielwiese, wie Klang, wie Musik. Musik und Dialekt passen für mich gut zusammen, nur schon aufgrund der oft farbigen Ausdrücke.

Weil ich Schauspielerin bin, bekommen die Texte auf der Bühne noch eine zusätzliche Note. Und dennoch funktionieren sie auch gedruckt: Es freut mich, dass ich sehr oft die Rückmeldung bekomme, dass der Zugerdialekt erstaunlich einfach zu lesen sei und dass man mich beim Lesen quasi erzählen hört, weil die Geschichten in einem lockeren Plauderton daherkommen. – Das ist übrigens kein Zufall, sondern das war genau meine Absicht.

Nun haben Sie Ihr erstes Buch in Zuger Mundart «Häschtääg Zunderobsi» herausgegeben. Der Zuger Dialekt ist nicht so markant wie der Berner oder Urner Dialekt. Zug liegt in der Mitte der grossen Sprachgrenze zwischen den Deutschschweizer Dialekten. Ist Ihr Buch eine Liebeserklärung an Ihre Heimat Zug?

Nein. Ich schreibe ja viele Bühnentexte in Mundart. Schon in «Die Schweiz ist eine Kuhgell» hat es einiges in Dialekt drin, weil es auf Deutsch vom Sprachspielerischen her gar nicht funktionieren würde. Oder weil es um den Klang der verschiedenen Schweizer Dialekte geht.

Auch in «Häschtääg zunderobsi» geht es überhaupt nicht speziell um Zug, selbst wenn es Zugerdeutsch geschrieben ist. Es ist vor allem ein leicht lesbares und unterhaltsames Buch mit Satiren, kuriosen Begebenheiten, witzigen Kurzdialogen, Frässzädeli und lustigen Missverständnissen, in denen man sich wiedererkennen kann. Und eben, es ist sehr leicht zu lesen, auch für Dialektlese-Skeptiker*innen.

Weil ich Zugerin bin und weil Zugerdeutsch mein Dialekt ist, ist es halt Zugerdeutsch geschrieben. So einfach ist es. Wäre ich aber Solothurnerin, wäre das Buch in Solothurner Dialekt verfasst.

Sie kombinieren altes Zuger Deutsch mit neuen frischen Begriffen …

Ja, ich schreibe im Buch genauso, wie wir heute im Alltag sprechen! Eine Mischung aus heutigem und früherem Dialekt, aber auch Deutsch, Englisch und Neuerfindungen.

… und Sie bringen eine Prise Humor hinein.

Ich denke, das Buch hat nicht nur ein Prise Humor drin, sondern dessen Hauptzutat ist der Humor! Der geistreiche Humor. Wer das Buch liest, merkt schnell, dass ich Komödiantin bin und Satirikerin und die Gegebenheiten auf witzige Art zuspitze und auf den Punkt bringe.

Gibt es für uns Zuger «scho es bizeli» Nachholbedarf?

Nachholbedarf an Humor? Da kann man nie genug davon haben. Gerade in Zeiten wie jetzt.

Mit Zug wurde früher eine Stelle im See bezeichnet, an der Fischen erlaubt war. Zug war ein Fischerort. Aus dem Althochdeutschen „ziohan“ wurde das Substantiv „zuc“ abgeleitet, was so viel wie „das Ziehen“ heisst. Welchen Bezug hat Ihr Buch mit der historischen Geschichte von Zug? 

Eigentlich keinen, ausser dass ich «Urzugerin» bin und schon meine Vorfahr*innen in Zug wohnten. Und es gibt im Buch drei Geschichten, die von alten zugerdeutschen Wörtern nur so strotzen. Wörter, die heute nicht mehr so oft zu hören sind, wenn überhaupt. Diese drei Geschichten lesen sich wie eine Art «Wortmassage» oder «Wörterdusche». Das ist das alte Zug.

Zum modernen Aspekt des Buches lässt sich sagen, dass In «Häschtääg zunderobsi» jedes Kapitel einen # (hashtag) mit einem Dialektausdruck als Titel hat. Darunter steht jeweils ein QR-Code, der einen via Kamerafunktion des Smartphones direkt zu einem von 40 Kurzclips führt, in denen ich ein lustiges Dialektwort filmisch illustriere. (Man findet alle Kurzclips auch auf der Playlist des Zytglogge Verlags und auf youtube unter #zugerdütsch (1 bis 40)).

Über computergesteuerte Speisekarten, emanzipierte Hündinnen, Vegetarierinnen im Gänsefleischland sinnieren Sie mit sprachlichem Feinschliff. Darum ist Ihr Buch für moderne, soziale Medien-affine Menschen optimal. Welches Zielpublikum sprechen Sie an?

Mein Zielpublikum sind Menschen, die neugierig sind, die gerne lachen und ebenso mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen wie ich selber. Leute, die Freude an der Sprache haben und an farbigen Wörtern.

Und auch für Menschen, die – zack – mit dem Smartphone Kurzclips anschauen und meine Filme von meinen teils zungenbrecherischen Textperformances, die auch via QR-Codes hinten im Buch zu finden sind. An all diesen Filmen und Filmchen kann man sich freuen, sie versenden und teilen. Auch wenn man das Buch nicht liest.

Was können wir daraus lernen?

Uh, da müssten Sie die Leser*innen fragen, ob und was sie aus «Häschtääg zunderobsi» allenfalls gelernt haben. Das ist nicht mein oberstes Ziel, denn ich bin ja nicht Lehrerin, sondern Sprachkünstlerin…

Aber, ja, vielleicht lernt man ein paar «neue» alte Wörter? Oder, dass Zugerdeutsch existiert und einen eigenen Charakter hat? Oder dass es problemlos geht, einen QR-Codes mit der Kamerafunktion des Händys zu öffnen. Oder dass sich mit Humor vieles besser ertragen lässt.

Was erwarten Sie von der Buchtaufe am 23. September?

Ich habe ja leider die Buchvernissage, die eigentlich Mitte März gewesen wäre, schon 2x verschieben müssen! Unterdessen ist das Buch seit gut 2 Monaten auf dem Markt und die Taufe ist immer noch ausstehend…

Zwischen März und Mitte August sind mir wegen Corona über 30 Vorstellungen abgesagt worden. So auch sämtliche Action-Lesungen mit «Häschtääg zunderobsi». Das bedeutet für mich inklusive Sommerpause 6 Monate Gagenausfall!

Sofern wir Theaterleute im Herbst endlich wieder unserem Beruf nachgehen und normale Bühnenauftritte machen können, erwarte ich am 23. September im Burgbachkeller ein grosses und begeisterungsfähiges Publikum!

Ein Publikum, das es nach dem Lockdown wieder so richtig geniesst, sich live und mit weniger Social Distance prächtig unterhalten zu lassen. Dass das Zusammensein mit anderen auskostet und sich wieder auf offline-Vorstellungen freut! (Reservationen unter Theater im Burgbachkeller.)

www.burgbachkeller.ch

Judith Stadlin