Gegen die geplante 5G Antenne beim Bahnhof Zythus in Hünenberg regt sich in Hünenberg, Baar und Unterägeri Widerstand, auch aus gesundheitlichen Gründen.
Im Mai 2020 überreichten die beiden Präsidenten, Gian Brun, Präsident der IG Allianz der Jungen FDP und Robert Klauser, Präsident der IG Hünenberg die Unterschriften der Gegner an Gemeindepräsidentin Renate Huwyler. 936 Anwohnerinnen und Anwohner wollen die Antenne nicht.
Interview mit Gian Brun, Präsident der IG Allianz der Jungen FDP und Robert Klauser, Präsident der IG Hünenberg
Auf dem Zythusareal in Hünenberg wollen Salt und Sunrise eine 5G-Antenne bauen. Die Anwohner wehren sich dagegen. Sie möchten den Gemeinderat davon abhalten, eine Bewilligung für das Baugesuch zu erteilen. Deshalb haben Sie in kurzer Zeit 936 Unterschriften von Anwohnern gesammelt. Weshalb gibt es Unstimmigkeiten mit dem Gemeinderat zu diesem Thema?
Robert Klauser: Die Anteilnahme der Anwohner von Hünenberg See und Cham im Einspracheradius von 969M war tatsächlich überwältigend! Es zeigt auf, dass dieses Thema ein hochbrisantes Politikum darstellt und dass wir besorgt sind, was mit uns und unserer Umwelt passiert. SWISS Re, einer der weltweit grössten Rückversicherer warnt im jährlichen SONAR-Bericht vor den Risiken von 5G.
Der Versicherer bestätigt, dass die 5G Technologie nicht sicher und auch nicht versicherbar ist. Grosse Bedenken gibt es neben gesundheitlichen Aspekten betreffend Datenschutz, Sicherheitsverletzungen (Cyber-Attacken) und Spionage.
Auf unser Begehren, das Gespräch mit dem Gemeinderat zu suchen hat sich dieser anfangs nicht dialogfähig gezeigt, weder ist er uns mit einer Fristenerstreckung der Einsprachen infolge der Covid-19 Massnahmen entgegengekommen, noch wollte er sich einem Dialog stellen – ganz im Gegenteil von Unterägeri, wo sich der Gemeindepräsident gesprächsbereit erklärte und eine Delegation der Einsprecher empfangen hat.
Als Präsident der IG Hünenberg See vertrete ich die Meinung der Anwohner hier und es geht auch darum, ein Signal von Seiten des Gemeinderates zu empfangen, unsere Anliegen ernst zu nehmen, auch wenn dem Gemeinderat derzeit die Hände gebunden sind.
Gian Brun: Es ist eindrücklich, wie viele Anwohner sich gegen die neue Antenne erhoben haben. Die direkte Demokratie lebt, auch in Zeiten von Corona. Aus meiner Sicht gibt es aber aktuell keine Unstimmigkeiten mit dem Gemeinderat. Aus verfahrenstechnischen Gründen durfte sich der Gemeinderat noch gar nicht zum Baugesuch äussern.
Als nächster Schritt wird nun der Gemeinderat die Einsprache beraten und dazu Stellung nehmen. Erst dann werden wir sehen, ob es wirklich Unstimmigkeiten gibt. Nun bin ich gespannt auf den Entscheid und hoffe darauf, dass die Bauherren einsehen, dass am geplanten Standort eine Antenne momentan wenig sinnvoll ist.
5G Antennen sorgen schweizweit für Zündstoff. Wir Menschen machen uns grosse Sorgen. Warum gibt es so viele Ängste um die Gesundheit? Gibt es Grenzwerte, die gemessen wurden und welche Schäden sind bekannt?
Gian Brun: Der Grund für die Sorgen ist wohl, dass es noch keine klaren Forschungsergebnisse gibt. Das Bauchgefühl sagt einem, dass Strahlen gefährlich sind. Wichtig ist jedoch, dass solche Entscheide auf Basis der Wissenschaft gefällt werden. Darum ist jetzt der Bundesrat am Zug, die Testmessungen schnellstmöglich durchzuführen, damit Klarheit geschafft werden kann.
Robert Klauser: Bei der 5G Technologie können die Grenzwerte nicht klar gemessen werden. Mit Sicherheit werden sie beim Baugesuch der Mobilfunkantenne beim Zythus überschritten. Es fehlt zudem an einem Sicherheitssystem, welches solche Überschreitungen der Strahlen messen kann. Im Gegensatz zu AKW’s die über eine Versicherung verfügen müssen, sind Mobilfunkanlagen nicht versicherbar, da kein Rückversicherer bereit ist, dieses Risiko zu versichern.
Auch das Ortsbild würde unter einer solchen Antenne leiden. Weshalb?
Robert Klauser: Bei der geplanten Mobilfunkantenne handelt es sich um einen gigantischen Sendemast, welcher mit 27 Sendern bestückt wird. Normalerweise sind es neun Antennen. Eine solche Antenne gehört mit Sicherheit nicht in eine Wohnzone, wenige Meter entfernt von einem sensiblen Naherholungsgebiet.
Die 25 Meter hohe Antenne überragt Wohnhäuser und tangiert von öffentlichen Wegen den Blick auf See und Berge. Dies ist absolut unzulässig. Zudem gibt es wirkungsvollere und die Umwelt nicht belastende Technologien wie Glasfasernetze. Diese sind schneller und der Datentransport beträgt sogar ein Vielfaches von 5G, ohne ein Ortsbild zu verschandeln.
Gian Brun: Eine Antenne soll sich in das Ortsbild fügen und nicht auf der erstbesten Parzelle aufgestellt werden. Sie würde sehr kahl in der aktuellen Landschaft stehen. Gerade auch hinsichtlich der geplanten Weiterentwicklung des Zythus-Areals kommt sie zum falschen Zeitpunkt.
Es geht bei diesem Projekt auch um eine geplante Überbauung des Zythus-Areals. Wie sollte aus Ihrer Sicht die Überbauung gestaltet werden, damit alle Beteiligten glücklich sind?
Gian Brun: In Hünenberg besteht Wohnungsnot und darum ist es wichtig, das schnellstmöglich Wohnungen entstehen. Uns ist es ein Anliegen, dass ein Teil davon bezahlbar sein wird. Zudem wünschen wir uns eine Begegnungszone mit lauschigen Plätzchen, einem Bistro und einer Kita.
Auch die Nachhaltigkeit darf nicht zu kurz kommen. Wir könnten uns Gebäude mit Vertikalgärten vorstellen. Die neue Überbauung soll sich in die Umgebung einfügen, daher wären neue Hochhäuser für uns fehl am Platz. Wir haben hier die Möglichkeit, dem Seegebiet einen gehaltvollen neuen Treffpunkt zu geben. Nutzen wir diese Chance!
Robert Klauser: Wir wünschen uns beim Zythusareal ein Begegnungszentrum mit Wohnungen, Bistro, Kita und Wohnraum für Jung und Alt. Zudem möchten wir eine Überbauung, welche nicht höher als 13 Meter, das heisst, vier Stockwerke aufweist und sich somit optimal in das bestehende Gebiet eingliedern lässt.
Eine Mobilfunkantenne würde die Attraktivität einer Überbauung massiv negativ beeinflussen, ja sogar verunmöglichen. Da die Höchst-Grenzwerte beim jetzigen Baugesuch 80 cm ab Boden gemessen sind und bereits ausgeschöpft wurden, wäre bei einer Überbauung mit einer massiven Grenzwertüberschreitung pro Stockwerk zu rechnen.
Welches ist der Zeitplan mit der Übergabe der Unterschriften an den Gemeinderat? Wünsche?
Robert Klauser: Wir wünschen uns eine sachgerechte Abwicklung und dass sich der Gemeinderat, der mit dem Bauherrn SBB Verhandlungen führt, aus diesem Projekt zurückzieht. Wir wollen keine adaptive Antenne, auch keinen Turm mit 80 Prozent der Sendeleistung! Der Gemeinderat sollte insbesondere hinsichtlich der geplanten Zythusareal Überbauung weitsichtig und nachhaltig handeln.
Nochmals: Es gibt weitaus wirkungsvollere Technologien wie das Glasfasernetz, welches schneller und ein Vielfaches der Datenmenge von 5G übermitteln kann und keine Strahlungen verursacht.
Gian Brun: Der Gemeinderat hat nun drei Monate Zeit, das Baugesuch zu behandeln. Ich denke aber, dass es schneller gehen wird. Es wäre wünschenswert, wenn sich die Bauherren dialogbereit zeigen würden und ihr Baugesuch zurückziehen. Damit wäre der Weg für einen gehaltvollen neuen Treffpunkt auf dem Zythus Areal geebnet.
Gemeindepräsidentin Renate Huwyler im Interivew
Zur geplanten 5G Antenne beim Bahnhof Zythus in Hünenberg nimmt auch Gemeindepräsidentin, Renate Huwyler zu den Fragen unserer Zeitung FonTimes Zug Stellung.
Renate Huwyler: Sie haben vor einigen Tagen von den beiden Präsidenten der IG Hünenberg und Allianz der Jungen FDP, Einsprachen von über 936 Anwohnern, den Antennengegnern entgegengenommen. Sie werden die Einsprache im Gemeinderat behandeln. Wie geht es nun weiter: Rechnen Sie mit weiteren Einsprachen?
Die Eingabe des Baugesuchs bei der Gemeinde Hünenberg erfolgte am 31. März 2020. Um eine Publikation während der Frühlingsferien zu vermeiden, erfolgte die erste Publikation des Baugesuchs am 1. Mai 2020 im Amtsblatt, mit welcher die 20-tägige Einsprachefrist zu laufen begann.
Während dieser Zeit waren die Baugesuchsunterlagen nicht nur bei der Abteilung Bau und Planung im Gemeindehaus, sondern auch auf der gemeindlichen Website einsehbar. Die Einsprachefrist endete am 20. Mai 2020. Bei der 20-tägigen Einsprachefrist handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht erstreckbar ist, weshalb nach dem 20. Mai 2020 keine weiteren gültigen Einsprachen mehr möglich sind.
Aus dem gleichen Grund konnte der Gemeinderat auch gegenüber der IG Hünenberg See die Einsprachefrist nicht erstrecken. Gestützt auf welche Rechtsgrundlage dies eine andere Gemeinde offensichtlich trotzdem getan hat, entzieht sich unserer Kenntnis.
Was den Vorwurf des Präsidenten der IG Hünenberg See betrifft, der Gemeinderat habe sich keinem Dialog stellen wollen, ist zu sagen, dass der Gemeinderat während eines laufenden Verfahrens keine konkreten, projektbezogenen Fragen beantworten darf, weil sonst die Gefahr einer Befangenheit des Gemeinderates besteht.
Aus diesem Grund ist es nicht zulässig, dass der Gemeinderat seinen Standpunkt zum konkreten Bauvorhaben beim Zythus im Voraus bekannt gibt. Der Gemeinderat hat sich aber bereit erklärt, mit einer Vertretung der IG Hünenberg See allgemeine Fragen im Zusammenhang mit 5G-Antennen zu diskutieren.
Für Robert Klauser gehören Mobilfunkantennen nicht in eine Wohnzone. Er verkennt, dass bei der Bewilligung von Infrastrukturanlagen das Gebot der Trennung des Baugebiets vom Nichtbaugebiet zu beachten ist. So sind Mobilfunkantennen ausserhalb von Bauzonen, welche auf die Abdeckung von Grundstücken in den Bauzonen ausgerichtet sind, in der Regel nicht zonenkonform.
Solche Anlagen können deshalb ausserhalb der Bauzonen grundsätzlich nur bewilligt werden, wenn sie standortgebunden sind, was in der Regel nicht zutrifft (vgl. Bundesgerichtsentscheid BGE 133 II 321 E. 4.3.3). Ob Glasfasernetze Mobilfunkantennen ersetzen können, müssen Fachleute beurteilen. Robert Klauser ist zudem der Ansicht, dass eine Mobilfunkantenne die Attraktivität einer Überbauung des Zythus-Areals massiv negativ beeinflusse, ja sogar verunmögliche.
Nachdem im Moment noch gar kein Bauprojekt besteht, kann dies nicht beurteilt werden. Im Übrigen sind viele Personen und auch Firmen auf einen guten Mobilfunkempfang angewiesen, so dass ein Standort in der Nähe nicht von vorneherein negativ ist.
Mit welchem Zeitgefäss für eine Antwort des Gemeinderates müssen die Anwohner rechnen?
Eine verlässliche Zeitangabe ist hier kaum möglich, da der Zeitbedarf auch von Faktoren abhängig ist, die nicht von der Gemeinde bestimmt werden können. Das Verfahren ist aber grundsätzlich dasselbe wie bei jedem Baugesuch. Zunächst werden die Einsprachen erfasst und geprüft.
Danach erhält die Gesuchstellerin Gelegenheit, zu den Einsprachen Stellung zu nehmen. Bevor ein Entscheid über ein Baugesuch für eine Mobilfunkanlage durch eine Gemeinde erteilt wird, überprüft das kantonale Amt für Umwelt (AFU) die Konformität der Anlage mit der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV).
Dazu überprüft das AFU alle Angaben und Kalkulationen des Betreibers; es kontrolliert mittels rechnerischer Prognosen, ob die Grenzwerte der NISV eingehalten werden; es besichtigt den Antennenstandort sowie dessen Umgebung.
Welches sind die politischen Auswirkungen für Ihren Entscheid für das Zythus-Areal?
Die gesetzlichen Vorgaben räumen der Baubewilligungsbehörde oft nur sehr wenig Beurteilungsspielräume ein. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um einen Akt der Rechtsanwendung und nicht um einen politischen Entscheid handelt.
Der Gemeinderat hat sich bereits am 28. Mai 2019 von Vertretern des kantonalen Amtes für Umwelt über die 5G-Technologie informieren lassen und dessen Empfehlungen im Zusammenhang mit entsprechenden Baugesuchen zur Kenntnis genommen.
Demnach sollen solche Baugesuche nicht im einfachen Verfahren erledigt werden. Baubewilligungen sollen nur erteilt werden, wenn sie den Grenzwert maximal zu 80 % ausschöpfen (= 4 V/m). Dies deshalb, weil das Bundesamt für Umwelt (BAFU) mit den so genannten Vollzugshilfen noch immer in Verzug ist, mit denen die Strahlungswerte der neuartigen 5G-Antennen berechnet werden können.
Gemäss Auskunft des BAFU haben adaptive Antennen (5G-Antennen) aufgrund ihrer neuen Technik insgesamt eine geringere Strahlenbelastung zur Folge als herkömmliche Antennen. Doch wie diese Strahlenbelastung berechnet und gemessen werden soll, ist unklar.
Deshalb riet das BAFU den kantonalen Fachstellen bereits im April 2019, eine Worst-Case-Beurteilung wahrzunehmen: Auch bei den neuen Antennen wird die Strahlung nach ihrer maximalen Leistung in alle Richtungen beurteilt – also wie bei den herkömmlichen Antennen; zum Nachteil der Mobilfunkanbieter, die mehr Antennen aufstellen müssen, um die gleiche Abdeckung zu erreichen.
Gemäss dem kantonalen Amt für Umwelt kann mit der empfohlenen Lösung der Schutz der Bevölkerung gewährleistet werden und die Netzbetreiber können trotzdem ihre Anlagen erstellen.
Anzufügen ist, dass rund 90 % der Strahlung, die der Mensch aufnimmt, von den eigenen Endgeräten wie Smartphones, Tablets, etc. stammt. – Der Bundesrat hat vor wenigen Wochen beschlossen, die Grenzwerte für Mobilfunkanlagen unverändert zu belassen und damit weiterhin dem Vorsorgeprinzip nachzukommen.
Der Gemeinderat hat am 4. Juni 2019 in einem Grundsatzentscheid und in Übereinstimmung mit unserer Nachbargemeinde Cham Folgendes festgehalten: «Die Mobilfunktechnologie betrachten wir als Teil unserer gesamten Infrastruktur. Entsprechend sind allfällige Konsequenzen gut abzuwägen.
Die 5G-Technologie hat zur Folge, dass aktive Antennen installiert werden müssen. Diese weisen andere Dimensionen, Antennendiagramme und Strahlungsverhalten als bisherige Antennen auf. Gesamtschweizerisch ist dieser Markt in Bewegung. Die Baudirektion des Kantons Zug, Amt für Umwelt, hat eine Übergangsregelung beschlossen und diese den Zuger Gemeinden kommuniziert.»
Der Gemeinderat hielt weiter fest, der Lösungsansatz des Amtes für Umwelt werde grundsätzlich für gut befunden; die Anbieter könnten ihr Netz grundsätzlich erstellen und die Bevölkerung sei durch den tieferen Grenzwert (4 V/m) geschützt. Dies ist aus Sicht des Gemeinderates verhältnismässig.
Dementsprechend bedürfen wesentliche Änderungen an einer bestehenden Antennenanlage oder neue Antennenanlagen einer Bewilligung. Die Gemeinde Hünenberg wird dabei die Prüfung der Gesuchsunterlagen im Rahmen des ordentlichen Bewilligungsverfahrens vornehmen. Dies bedeutet immer eine Publikation mit öffentlicher Auflage von 20 Tagen.
Dieses Vorgehen gewährt allen Betroffenen und Beteiligten Rechtssicherheit. Dies gilt auch für das Baugesuch für eine 5G-Antenne beim Spar.