Seit dem 1. Januar 2019 gehört der 33-jährige Zari Dzaferi dem Gemeinderat von Baar an. Im Interview erklärt der Baarer SP-Politiker seine Heimat. Er spricht von den Menschen und warum ihm gegenseitige Wertschätzung wichtig ist.
Herr Dzaferi, Sie wurden feierlich in Ihr Amt als neuer Gemeinderat von Baar eingesetzt. Welche Aufgaben kommen auf Sie zu?
Die Abteilung Sicherheit / Werkdienst, wofür ich die Verantwortung trage, ist umfangreich. Unter anderem befassen wir uns mit Verkehrstechnik und -sicherheit, Brandschutz, Unterhalts- und Wartungsarbeiten, Entsorgungsfragen, gastgewerblichen Bewilligungen und Parkplatzbewirtschaftung.
Der Grossteil unserer Bereiche steht also nicht sonderlich im Rampenlicht. Ich werte das als gutes Zeichen. Als Sekundarlehrer konnte ich mich im Kantonsrat insbesondere in Bildungsfragen einbringen. Nun gilt es, mich in neue Dossiers einzuarbeiten und die Stärken meiner Mitarbeitenden kennenzulernen. Schliesslich müssen wir als Team funktionieren.
Was fordert heraus?
Mit unserem Bevölkerungswachstum werden auch die Herausforderungen grösser. Sicherheitsthemen erhalten mehr Gewicht. Das reicht von sicheren Schulwegen, einem effektiven Brandschutz bis zur «gefühlten» Sicherheit in den Quartieren. Die Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen und die Fachkenntnisse in den einzelnen Bereichen sind wichtig.
Deshalb absolviere ich beispielsweise die Feuerwehrausbildung, um die Abläufe besser zu kennen. Wenn mehr Menschen in Baar leben, müssen wir uns auch intensiver mit der Nutzung und Gestaltung des Raums beschäftigen. Aktuell geht es unter anderem um die Zentrumsentwicklung. Der Gemeinderat nimmt diese Aufgaben von Grund auf ernst und bezieht die Bevölkerung mit ein.
Ziehen Sie Vergleiche als Sekundarlehrer und Politiker?
Meine Pensen sind hälftig als Politiker und als Sekundarlehrer. Es sind zwei unterschiedliche Berufe, die jedoch vieles gemeinsam haben. Ich arbeite in beiden Berufen mit unterschiedlichen Menschen zusammen, muss mich im Team absprechen und stehe «an der Front».
In der Schule bin ich allerdings stärker getaktet und auf den Stundenplan fokussiert, während ich als Politiker unregelmässigere Arbeitszeiten und mehr Abendveranstaltungen habe. Das Schöne an dieser Kombination ist, dass man viele Synergien nutzen kann und ständig dazulernt.
Sie mögen die Menschen?
Die Vielfalt macht den Mix. Dabei steht für mich, wie bei allem was ich tue, der Mensch im Mittelpunkt. Leute wollen motiviert werden, etwas bewegen, verhandeln. Jugendliche begleite ich als Lehrer ein Stück ihres Weges.
Wenn dann ehemalige Schüler auf mich zukommen, auf meine Strassenseite wechseln und mich grüssen, ist das Wertschätzung. Die Politik geht noch weiter in den Privatbereich hinein. Wenn mich jemand in meiner Freizeit etwas zu einem Thema fragt, nehme ich mir die Zeit dafür.
Sie sind 1992 als Siebenjähriger aus Mazedonien in die Schweiz gekommen. Ihr Name verrät ihre Herkunft. Welche Gefühle verbinden Sie mit Ihren beiden Heimaten, der Schweiz und der Heimat Ihrer Eltern?
27 von 33 Jahren lebe ich schon in Baar. Mit Baar verbinde ich die Schweiz. Baar ist mir Heimat, ich kenne keinen Ort besser, nirgendswo pflege ich mehr Freundschaften. Und doch sind die Schweizer diskret. Mein Vater sagt immer, in Mazedonien sei vieles vage und unverbindlich. Meine Familie schätzt die klaren Strukturen und Verbindlichkeiten. Wir fühlen uns sehr wohl in Baar.
Welche Werte sind Ihnen innerhalb der Familie wichtig?
Wertschätzung auf der ganzen Linie. Das ist meine Familie. Es sind die kleinen Gesten, die aufheitern. Beispielsweise eine handgeschriebene Geburtstagskarte. Gleichzeitig wurde mir von klein auf «eingetrichtert» und vorgelebt, dass man immer fleissig und bodenständig sein soll.
Wie stark steht die Integration im Fokus?
Ich mag Menschen. Mich für sie zu begeistern liegt mir nah. Sie sollen gefördert und gefordert werden. Natürlich muss dies im Interesse aller Arbeitsbereiche stehen. Man muss den Leuten aufzeigen, was geht und was nicht geht. Und da wären wir auch wieder bei den Verbindlichkeiten, die ich zuvor erwähnt habe.
Alle Menschen sollen die gleichen Chancen haben?
Ich habe im Leben erfahren, dass es wichtig ist, Chancen zu bekommen. Nur so kann man mit Fleiss und Beharrlichkeit auch etwas daraus machen. Ich denke, dass die Gesellschaft und die Wirtschaft ein grosses Interesse haben, dass jeder Mensch sein Potenzial maximal ausschöpfen kann.
Wie sollte in die Bildung investiert werden?
Bildung ist ein wichtiges Gut. Investitionen müssen sinnvoll und tragbar sein. Und dann geht es um viel Geld. Qualitätssicherung ist das eine, auch Lehrpersonen wollen gestärkt werden. Eine überdimensionale Verwaltung bringt der Basis allerdings wenig Vorteile. Es braucht eine gute Balance.
Wenn Entscheidungsträger im Bildungswesen zwischendurch selber unterrichten müssten, wäre das gegenseitige Verständnis besser. Genau deshalb mache ich als Sicherheitschef eine Ausbildung bei der Feuerwehr.
Welche Chancen und Risiken birgt die Digitalisierung?
Ich gehöre zu den «Digital Natives». Voten direkt aus dem Computer zu lesen ist effizienter, als vielfache Druckexemplare zu generieren. Das dezentrale Arbeiten bringt weitere Vorteile.
Die Nachteile der Digitalisierung sind eher im Bereich der Sicherheit. Die letzten USA-Wahlen führten zu weniger Kontrollen. Wer sich im virtuellen Raum bewegt, wird oft in der Ungewissheit gelassen.
Ihr Hobby seit Kindheit ist Fussball, wann wechseln Sie aufs Spielfeld?
Draussen Fussball zu spielen gehört seit 27 Jahren zu meinem wöchentlichen Programm. Diese sportliche Herausforderung war und bleibt ein guter Ausgleich zum Beruf.
Welche Wünsche haben Sie an Ihre Gemeinde?
Die Zusammenarbeit im Gemeinderat rückt in den Fokus. Ein Wunsch wäre, in dieser Legislatur einen Schritt im Bereich Digitalisierung vorwärts zu kommen. Dabei wird es immer wichtiger, die Bevölkerung miteinzubeziehen. Nicht nur an Gemeindeversammlungen, sondern auch mit neuen Wegen. Die Digitalisierung macht hier vieles möglich.
Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.
Manuela Olgiati
Quellenangabe Fotos:
Pirmin Ulrich/Piripixx
Tobias Rothenfluh/AVP Media
Jan Pegoraro Film and Photography
Alexandra Wey