Ausreichend Schlaf ist Gold wert – das weiss so ziemlich jeder, der nach einer kurzen Nacht versucht am nächsten Tag gegen die Müdigkeit zu kämpfen. Doch nicht nur die Müdigkeit ist ein Problem. Mangelnder Schlaf macht unattraktiv und auf Dauer krank. Dabei können schon ein paar Tricks helfen, besser und länger zu schlafen.
Forscher des schwedischen Karolinska-Instituts haben bei einer Untersuchung herausgefunden, dass Menschen, die wenig schlafen, als unattraktiv und unbeliebt wahrgenommen werden. Wissenschaftler des Fachmagazins „Open Science“ sind überzeugt, dass dies vor allem dem Selbstschutz dient, um sich vor ansteckenden Krankheiten zu schützen.
In der Untersuchung des Karolinska-Instituts wurden 25 gesunde Menschen nach zwei Nächten mit acht Stunden Schlaf und nach zwei Nächten mit nur vier Stunden Schlaf fotografiert. Anschliessend mussten 122 Personen für die Probanden angeben, wie sie die Attraktivität und Vertrauenswürdigkeit einschätzen sowie ob sie mit diesen Menschen gerne Zeit verbringen würden.
Das Ergebnis war, das unausgeschlafene Menschen an Beliebtheit einbüssten. Die befragten Personen wollten mit ihnen weniger Zeit verbringen als mit der ausgeschlafenen Person. Zudem wurden sie auch als ungesünder eingestuft. Daher meiden sie laut den Wissenschaftlern auch Gesellschaft – die Gefahr, sich mit einer Krankheit anzustecken, sei höher. Hinzu komme, dass die Unausgeschlafenen selbst auch in der Regel Gesellschaft meiden, weil sie mit der Müdigkeit zu kämpfen haben und sich lieber ausruhen möchten.
In einer früheren Studie des Karolinska-Instituts fanden die Forscher bereits heraus, dass Frauen tendenziell schlechter schlafen als Männer. Grund dafür sei der erhöhte Stresspegel bei Frauen, heisst es seitens der Schweden. Frauen hätten neben dem Beruf noch zahlreiche Aufgaben im Haushalt zu erledigen. Das schlägt aufs Gemüt und verhindert so einen erholsamen Schlaf.
Dabei ist es ganz einfach genügend und erholsamen Schlaf zu bekommen. Zum Beispiel, indem man seinen Schlaf mit Apps und Wearables kontrolliert.
Aufschluss auf die Gesundheit können die Apps nicht geben, aber sie helfen dabei die eigenen Schlafgewohnheiten besser kontrollieren zu können. Sie geben Übersicht über die Schlaf- und Aufstehzeiten und lassen so Muster erkennen oder überprüfen, wie regelmässig Sie Schlaf finden.
Bei den Apps und Wearables kann man grundsätzlich drei Kategorien unterscheiden: Einschlafen, Durchschlafen und Aufstehen. Der bekannteste Vertreter in diesem Bereich ist wie so oft Runtastic. Neben dem Tracking der Sporteinheiten kann die App auch den Schlaf überwachen. Mittels „Smart Alarm“ wird der Nutzer am nächsten Morgen geweckt.
Das heisst, aufgrund der vorliegenden Daten in der App ermittelt sie den besten Weckzeitpunkt innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters. Die App Beddit ermittelt die Gesamtschlafzeit, Schlafzyklen, Atem- und Herzfrequenz. Auch Schnarchgeräusche können aufgezeichnet werden. Tipps für einen besseren Schlaf am nächsten Tag gibt es noch oben drauf.
Auch für Menschen, die bei absoluter Stille nicht einschlafen können, hat jeder App Store etwas zu bieten. Die App Nature Sound and Relax liefert alles, was man dazu braucht. Sie bietet verschiedene Klänge aus der Natur. Instrumentales sucht man aber vergeblich. Dafür gibt es Donner oder Flussplätschern. Diese Aufgabe übernimmt auch die App Lightning Bug.
Wer schon immer seine Träume bestimmen oder leiten wollte, für den ist die App DreamOn geeignet. Vor dem Einschlafen wählt der Nutzer ein Szenario aus, welches er erleben möchte. Die App analysiert die Schlafphasen und spielt zur richtigen Zeit bestimmte Geräusche ab, die zum ausgewählten Szenario passen.
Wer zur Kategorie Morgenmuffel gehört, ist mit der App Wake N Shake bestens bedient. Der Wecker ertönt mit lautem Klingeln und kann nur durch sekundenlanges, heftiges Schütteln beendet werden. Dabei kommt der Kreislauf in Schwung.
Wearables übernehmen entweder selbst die Arbeit der Apps oder unterstützen diese. So messen sie beispielsweise den Puls. Zudem gibt es Geräte, die passende Musik oder Geräusche zum Einschlafen abspielen. Die Wearables werden meist am Handgelenk getragen und zeichnen daher auch die Bewegungen im Schlaf auf. Inzwischen gibt es zahlreiche Fitness-Armbänder auf dem Markt, die diese Funktion haben.
Bei allen Wearables und Apps ist es allerdings wichtig alle Mahlzeiten, Sporteinheiten und vor allem den Kaffee- oder Alkoholkonsum zu erfassen.
Für einen guten und erholsamen Schlaf gibt es einige Tipps, die man vor dem Schlafengehen beachten sollte, um am nächsten Morgen frisch und erholt aufzuwachen. Absolute Dunkelheit ist am besten für den Schlaf. Ebenso eine Raumtemperatur, die sich bei etwa 17 Grad Celsius einpendelt. Sportliche Aktivitäten kurz vor dem Zubettgehen sollten vermieden werden, da sie den Kreislauf auf Trab halten. Ähnlich verhält es sich mit schweren Mahlzeiten.
Dr. phil. Eva Birrer, Leiterin Schlafmedizin und Therapien der Seeklinik Brunnen, weiss einiges über gesunden und schlechten Schlaf und stand uns Rede und Antwort.
FonTimes: Das Karolinska-Institut fand im Rahmen einer Studie heraus, dass Menschen, die zu wenig schlafen, als unattraktiv, ungesund und unbeliebt eingestuft werden. Das hat zur Folge, dass sich andere mit ihnen auch nur ungern umgeben wollen. Welche Gründe kann dies haben und wie schätzen Sie die Ergebnisse der Studie ein?
Dr. Eva Birrer: Die Studie hat herausgefunden, dass, wenn Fotografien von fremden Menschen, die nur ca. vier Stunden geschlafen haben, beurteilt und verglichen werden mit Fotografien von Menschen, die genügend geschlafen haben, als weniger attraktiv und gesund eingestuft werden. Die Bewerter würden zudem weniger Kontakt mit den Unausgeschlafenen als mit den Ausgeschlafenen knüpfen wollen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden.
Tatsache ist, dass wir im Kontakt mit unseren Mitmenschen mehrere Informationskanäle benutzen als es über eine Fotografie möglich ist, um das Gegenüber einzuschätzen. Unter Umständen würden dann noch ganz andere Eigenschaften auftreten, z. B. Mitleid, Empathie oder Hilfsbereitschaft. Müdigkeitssymptome zeigen sich zudem individuell unterschiedlich – bei dem einen sieht man es besser als beim anderen.
FT: In unserer hektischen Gesellschaft ist Schlafmangel keine Seltenheit. Was kann man dagegen tun?
Dr. Eva Birrer: Dem Schlaf wieder seinen wichtigen Stellenwert zurückgeben und ihn genauso planen wie andere Termine im Terminkalender. Der Schlaf ist wichtig für unsere tägliche Erholung. Wir sind bei ausreichendem Schlaf ausgeglichener, leistungsfähiger und machen weniger Fehler.
FT: Welche Folgen hat lang anhaltender Schlafmangel auf den Körper und die Seele?
Dr. Eva Birrer: Gewichtszunahme, Schmerzverstärkung, die Immunabwehr ist reduziert, Unfallgefahr, Burnout- und Depressionsrisiko.
FT: Woran erkenne ich eine Schlafstörung, ausser der offensichtlichen Müdigkeit?
Dr. Eva Birrer: Wir unterscheiden zwischen Schlafmangel (nicht genügend Schlaf, weil ich mir die Gelegenheit dazu nicht gebe) und Schlafstörung (schlaflos im Bett, obwohl ich schlafen möchte). Wenn ich mehrfach in der Woche schlecht ein- oder durchschlafe, dies über mehrere Wochen und ich tagsüber unter den Folgen leide, dann reden wir von einer Schlafstörung.
FT: Was ist wichtiger: guter Schlaf oder langer Schlaf?
Dr. Eva Birrer: Die Länge des Schlafs ist unterschiedlich von Mensch zu Mensch, je nach Schlaftyp. Die Qualität des Schlafs ist wichtig und dass ich mich im Grossen und Ganzen erholt fühle.
FT: Welche Faktoren beeinflussen den Schlaf massgeblich?
Dr. Eva Birrer: Viele Faktoren beeinflussen den Schlaf. Belastungen und Stress sowie gewisse körperliche Erkrankungen wie Atempausen in der Nacht, unruhige Beine oder Schmerzen verschlechtern den Schlaf. In einer guten Balance zwischen Ruhe und Aktivität zu sein, fördert den Schlaf.
FT: Gibt es Rituale oder andere Dinge, die man vor dem Einschlafen tun kann, um besser und länger zu schlafen?
Dr. Eva Birrer: Wichtig ist, dass wir einige Zeit vor dem Schlafengehen Tätigkeiten nachgehen, die uns eine Distanz zum Stress oder dem Arbeitsalltag ermöglichen. Wir sind keine Computer, deswegen können wir nicht auf Knopfdruck runterfahren. Wie dies geschieht ist individuell verschieden, z. B. einen Spaziergang machen, Lesen oder einem Hobby nachgehen.
Förderlich für den Schlaf-Wach-Rhythmus ist auch, wenn möglich, ihn einigermassen regelmässig zu halten. Eine gewisse Gelassenheit gegenüber dem Schlaf zu entwickeln fördert den Schlaf, denn nicht jede Nacht ist gleich. Den Wecker nachts aus Sichtweite zu stellen hilft, wenn man mal nachts wach ist, um nicht nervös zu werden. Und wenn die Wachphase dann doch länger ist, aufstehen, sich mit ruhigen, angehnehmen Sachen beschäftigen.
FT: Was halten Sie von Schlaftrackern? Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?
Dr. Eva Birrer: Studien zeigen, dass diese keine exakte Übereinstimmung mit dem objektiv gemessenen Schlaf im Schlaflabor zeigen. Wenn ein spielerischer Umgang mit den Schlaftrackern gepflegt wird, ist nichts dagegen einzuwenden. Immerhin kann man sich damit selber überprüfen, ob man sich genügend Bettzeiten gönnt.
Wer sie aber dazu benutzt, um den Schlaf scheinbar perfektionieren zu wollen, sollte die Hände davon lassen. Perfektionistische Ansprüche an den Schlaf zu stellen verhindert Schlaf, weil wir uns dann viel zu sehr unter Druck stellen.
FT: Wie sieht es mit Apps aus?
Dr. Eva Birrer: Es gibt mittlerweile sehr viele Apps zum Thema Schlaf. Einige können hilfreich sein, z. B. wenn das eigene Schnarchgeräusch aufgenommen werden kann oder Hilfestellungen bei Jetlag bieten.
Im medizinischen Sinne kann keines der Geräte Daten über die Qualität des Schlafes liefern, weil sie alle nicht zuverlässig die Schlafstadien oder kurze Aufwachreaktionen (Arousals) erkennen können.
FT: Wie sinnvoll sind Medikamente bei der Behandlung von Schlafstörungen?
Dr. Eva Birrer: Medikamente machen Sinn, wenn sie für eine kurze Zeit bei akuten Schlafproblemen angewendet werden. Wenn die Schlafprobleme chronisch werden, sollten sie bei einem Spezialisten abgeklärt und behandelt werden. Es gibt gute nicht-medikamentöse Verfahren, die helfen vom Online-Coaching bis hin zu ambulanten und stationären Angeboten.
FT: Glauben Sie, die Schweizer schlafen generell gut?
Dr. Eva Birrer: Wenn kein perfektionistischer Anspruch an den Schlaf gestellt wird („Ich sollte immer durchschlafen, ich muss immer schnell einschlafen, ich darf nie zu früh wach werden …“), schlafen viele Schweizer und Schweizerinnen recht gut. Zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung hat aber eine behandlungsbedürftige Schlafstörung.
Vita
Dr. phil. Eva Birrer, Leiterin Schlafmedizin und Therapien, Somnologin DGSM und Schlafspezialistin SGSSC, Fachpsychologin für Psychotherapie der Seeklinik Brunnen.
Haben Sie’s gewusst?
- Schlaf macht schlank: Je länger wir schlafen, desto weniger essen wir.
- Zu viel schlafen ist ungesund: Wer über lange Zeit mehr als neun Stunden schläft, verkürzt seine Lebensdauer.
- Didgeridoo gegen Schnarchen: Das Instrument der australischen Ureinwohner trainiert Zunge und Rachen und kann so Schnarchern helfen
- Koffein verringert kurzfristig die psychischen Folgen des Schlafentzugs. Wer lange wach bleibt, ist risikofreudiger und bringt sich und andere damit schneller in Gefahr. Koffein wirkt dagegen.
- Je höher der Bildungsabschluss, desto besser der Schlaf.
- Menschen, die gerne eine Nickerchen am Mittag machen, sind empathischer. Wem es dann noch gelingt, in eine REM-Schlafphase zu gelangen, der fördert zusätzlich seine Kreativität. Aber die Siesta sollte nicht zu oft eingelegt werden. Wer mehr als drei Stunden pro Woche in den Mittagsstunden schläft, verkürzt seine Lebensdauer.
- Die Blautöne des Smartphone-Displays hemmen die Melanin-Produktion. Daher sollte der Nachtmodus des Telefons genutzt werden – er besitzt einen höheren Anteil an warmen Farbtönen und ist dunkler.
- Warum wir gähnen, ist bis heute nicht genau erforscht. Fakt ist aber, dass Gähnen gesund ist. Es sorgt dafür, dass mehr Sauerstoff in unseren Kreislauf gelangt und die Blutzirkulation angetrieben wird. Zudem entspannt ein kräftiger Gähner und erleichtert somit das Einschlafen.