Am UNESCO-Welttag der Philosophie am 18. November versammeln sich Philosophie-Fans in Zürich zur sechsten Langen Nacht der Philosophie. Mit Vorträgen, Workshops, Gesprächen, Filmen, Ausstellungen und mehr lebt die Philosophieszene am besagten Donnerstag auf.
Mit 35 Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten in der Stadt Zürich sowie online widmet die Lange Nacht der Philosophie am Donnerstag, 18. November, zwölf Stunden dem philosophischen Austausch. Dabei wird unter anderem diskutiert, wie die Zukunft aussehen wird, was Normalität und Gerechtigkeit bedeutet und ob die Leistungsgesellschaft moralisch vertretbar ist.
Die Lange Nacht der Philosophie fördert den Austausch, bietet Gelegenheit zum Ideen sammeln und verbindet Wissenschaft und Kunst mit Alltagswelten, FachexpertInnen mit Philosophieinteressierten, Ideen aus der Antike mit solchen aus der Gegenwart sowie die grossen Fragen des Lebens mit dem Alltag. Das Projekt ist gänzlich ehrenamtlich, doch sind nicht alle Veranstaltungen kostenfrei.
Auf der Webseite der Langen Nacht der Philosophie lassen sich Tickets sichern und Plätze reservieren. BesucherInnen haben die Qual der Wahl, denn zu vier verschiedenen Uhrzeiten findet jeweils eine Vielzahl an Gesprächen, Workshops und Vorträgen gleichzeitig statt.
Der Abschluss gestaltet sich mit einem online Get-together mit philosophischen Impulsen und einer After-Party auf Zoom. Eine Voranmeldung ist aufgrund der begrenzten BesucherInnenzahl für die meisten Veranstaltungen erforderlich.
Von Absurdität, Sinn und der Macht der Gedanken
Wer den Start des Events kaum erwarten kann, kann bereits ab 10 Uhr die Kunstinstallation von Pulpnoir, einem Zürcher Multi-Art-Kollektiv, entweder vor Ort im Club El Social oder online bestaunen. Mit und ohne Virtual-Reality-Brille treten die BesucherInnen der Ausstellung dabei in eine surreale und absurde künstlerische Welt ein.
Diese Installation gehört zur Kunst-, Philosophie- und Talkshow «Full Dialog – eine Anleitung zum Streit», die für eine konstruktive Diskussion plädiert. Das Pulpnoir-Kollektiv gestaltet Installationen mit unterschiedlichen modernen und klassischen Medien und stellt die Fragen, was Sinn genau ist und ob die Welt im Grunde genommen zwecklos ist.
Um 14 Uhr beginnen dann die ersten Gespräche und Vorträge, darunter «Du bist was du denkst!» von Michael Hofer, dem Präsidenten von Treffpunkt Philosophie – Neue Akropolis Zürich.
Hofer hat die Lange Nacht der Philosophie Zürich initiiert und berichtet in seiner Rede von der Macht der Gedanken. Er diskutiert, welche Gedanken uns guttun, welche uns schaden und wieso es sich lohne, «über unser Denken nachzudenken».
Was erwartet uns in der Zukunft?
Ab 16 Uhr beschäftigen sich die Diskussionsrunden und Vorträge mit Fragen rund um die Zukunft, die Gegenwart und die Ethik. Der freischaffende Philosoph Bertrand Stern hinterfragt unsere Definition davon, was normal ist und zweifelt, ob diese nicht zu wenig Freiraum lässt.
Welche Vielfalt und Entwicklung uns abseits der Norm erwartet, steht nach dem Vortrag zur Diskussion frei. Der Philosophielehrer Stefan Brotbeck und der Philosophiedozent Salvatore Lavecchia debattieren die Zukunft des menschlichen Intellekts in der Zeit der künstlichen Intelligenz. Sie stellen die Frage, welche Vermögen der Mensch besitzt, mit denen die Technik nicht mithalten kann.
Lotta Ingold ist Inhaberin des Lotta Ingold Verlags, zertifizierter Coach sowie Dozentin für Beratungskompetenzen. In der Gesprächsrunde «Mensch im Wandel: Was braucht die Zukunft von mir?» diskutiert sie mit den BesucherInnen philosophische Grundfragen.
Dazu gehört die Suche nach dem Sinn, nach dem Schönen, dem Guten und dem Wahren. Mit den verschiedenen Lebenshintergründen der BesucherInnen gestaltet sich eine breite Auswahl von Ansätzen, mit denen die Diskussionsrunde an diese Fragen herangehen kann.
Mit anderer Weltanschauung das Klima retten?
Ab 18 Uhr widmet sich das Event unter anderem den Fragen nach Ethik und Erfolg, auch im Verhältnis zum Kapitalismus. So diskutiert der Journalist und Autor Andreas von Westphalen, ob die Überzeugung, dass der Mensch von Natur aus faul und egoistisch ist, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung statt unzweifelhafte Wahrheit ist.
Der Philosoph Harry Wolf behandelt in seinem Vortrag die moralischen Massstäbe der Gesellschaft angesichts der Coronapandemie. Im Gespräch mit den BesucherInnen wird vertieft, was Moral ist, wie sie sich verändert und wie sie unsere Handlungen beeinflusst.
Nach 20 Uhr rücken unter anderem die Themen der Weltanschauung ins Rampenlicht. Muss die Welt erneut romantisiert werden? Macht uns die Leistungsgesellschaft kaputt? Sollten wir davon ausgehen, dass die gesamte Welt beseelt wird? Was lehrt uns die Weltsicht von Schamanen und wie kann sie uns dazu verhelfen, eine bessere Welt zu gestalten?
Weiter wird mit den Vorträgen und Diskussionen «Full Dialog – Eine Anleitung zum Streit» und dem sprachphilosophischen Workshop von Anna Rosenwasser die konstruktive und inklusive Kommunikation gefördert.
Die LGBTQ+-Aktivistin und feministische Autorin Anna Rosenwasser zeigt im Vortrag und im Workshop die Bedeutung der inklusiven Sprache. Sie fragt nach, wieso die Thematik der inklusiven Sprache uns selten kalt lässt und gibt Tricks und Hinweise, wie man im Alltag eine inklusive Sprache pflegen kann.
Das gesamte Programm des Events ist auf dessen Webseite verfügbar.
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