Die Welt bereitet sich auf die neue Generation des Mobilfunknetzes vor, welche schneller und zuverlässiger sein soll. Auch im Kanton Zug werden demnächst weitere neue Antennen installiert, doch nicht alle ZugerInnen können sich mit der neuen Generation des Mobilfunks anfreunden.
Es herrscht Aufregung rund um das Thema 5G. Elektronikfans freuen sich auf das schnelle Internet und den weiteren Schritt der technischen Entwicklung. Währenddessen beschuldigen 5G-Gegner die neue Frequenz unter anderem als Verursacher von Kopfschmerzen, Krebs und der Coronapandemie.
Die gegnerischen Stimmen vereinen sich auf der Webseite 5gfrei.ch. Auch auf kommunaler Ebene regt sich Widerstand. Die Gemeinde Baar wehrt sich dabei mit besonderer Vehemenz gegen den Bau der adaptiven Antennen, mit denen das Signal von 5G optimiert werden soll.
5G ist die fünfte Generation der drahtlosen Technologie, also des Mobilfunks, welche mithilfe von elektromagnetischer Strahlung Daten hin- und herschickt. Die Frequenz von 5G bleibt anfänglich nah an den Frequenzen von 3G und 4G und wird nur für Daten- und Internetübertragung genutzt.
Selbstfahrende Autos dank 5G
Die neue Generation des Mobilfunks stellt eine sehr hohe Datenrate zur Verfügung, mit der auch Dienste wie Virtual und Augmented Reality angeboten werden können. Dazu muss eine sehr grosse Datenmenge auf einmal hin- und hergesendet werden. Die Geschwindigkeit von 5G ist so hoch, dass eine Fast-Echtzeit-Übertragung möglich ist.
Da diese auch sehr zuverlässig ist, dient 5G als Basis für selbstfahrende Autos und intelligentere Ampelsysteme, welche keine Verzögerungen im Datenaustausch zulassen können. Zusätzlich bietet 5G besseren Datenschutz, da die Information über die Identität des Endgeräts, also zum Beispiel des Webseitenanbieters, verschlüsselt an das Gerät des Nutzers gesendet wird.
Baar widersetzt sich der neuen Frequenz
Bereits 2019 wurde 5G eingeführt und im Januar 2020 wurde auch in verschiedenen Schweizer Städten am Tag des internationalen Protests gegen 5G demonstriert. Die 5G-Gegner misstrauen der neuen Frequenz und befürchten dauerhafte körperliche Schäden bei Menschen, welche ihr über längere Zeit ausgesetzt sein werden.
Auch der Kanton Zug bleibt von der hitzigen 5G-Diskussion nicht verschont und viele kritisieren die neue Frequenz sowie die neuen Antennen, die gemeinsam mit 5G vermarktet werden. Wer auf adaptive Antennen in seiner Umgebung gänzlich verzichten will, findet in Baar ein unbestrahltes Umfeld.
Im Rahmen einer Online-Befragung der Bevölkerung zur Räumlichen Entwicklungsstrategie im April äusserten viele BaarerInnen ihre Bedenken bezüglich des Ausbaus der adaptiven Antennen. Deswegen hält der Baarer Gemeinderat auf Wunsch der EinwohnerInnen dem 5G-Trend stand und verweigert Bewilligungen für den Bau der adaptiven Antennen «bis alle offenen Fragen (bezüglich der gesundheitlichen Auswirkungen von 5G, Anm. d. Red.) beantwortet sind», wie Gemeinderat und Bauvorsteher Jost Arnold (FDP) gegenüber FonTimes erklärt.
Ob adaptive Antennen in der Gemeinde zukünftig in Ausnahmefällen in Wohngebieten errichtet werden, wird aktuell im Rahmen der Ortsplanungsrevision der Gemeinde diskutiert.
Weniger Bestrahlung mit den adaptiven Antennen
In der Stadt Zug regt sich ebenfalls lauter Widerstand und es wurden Unterschriften gegen den Ausbau einer adaptiven Antenne an der Chamerstrasse gesammelt. Die Antenne steht neben einem Spielplatz, weswegen sich AnwohnerInnen und 5G-GegnerInnen um die Sicherheit er Kinder sorgen. So seien die Nebenwirkungen von 5G noch unklar, die höhere Frequenz verursache Krebs und zerstöre Körperzellen.
Von Physikern werden diese Befürchtungen allerdings widerlegt. «Je höher die Frequenz, desto höher die Übertragungsdämpfung und desto geringer ist die Eindringtiefe in den Körper», sagt Martin Röösli. Er ist Professor für Umwelt-Epidemiologie am Schweizerischen Tropen- und Public Health Institut in Basel und forscht seit 20 Jahren auf dem Gebiet der Strahlenbelastung durch das Mobilfunknetz.
«5G unterscheidet sich nicht gross von den früheren Mobilfunkgenerationen und kann auch von den normalen Antennen verbreitet werden», sagt Röösli. So hänge es vor allem von seiner Anwendung ab, wie gross die Strahlenbelastung werden könnte. Unterhalb der Grenzwerte wurden aber laut Röösli bisher noch keine gesundheitlichen Folgen konsistent nachgewiesen.
«5G ist viel effizienter als seine Vorgänger, also nehmen die Strahlungsemissionen mit der neuen Funkgeneration pro übermittelte Datenmenge bedeutend ab», erklärt er. Ob dieser Unterschied in den nächsten Jahrzehnten durch neue Geräte sowie Angebote und dem damit höheren Datenverkehr wettgemacht wird, sei nicht abzuschätzen.
Deswegen solle man die gesundheitlichen Risiken der einzelnen Anwendungen diskutieren. Doch angesichts des zunehmenden Datenverkehrs steht laut Röösli fest, dass die alltägliche Bestrahlung mit der alleinigen Nutzung von 4G mit der Zeit um einiges mehr zunehmen würde als mit 5G.
Strahlung nach Bedarf
Weitere Verwirrung besteht bezüglich der elektromagnetischen Strahlung der neuen Antennen. Die passive herkömmliche Antenne sendet ihr Signal in einem Winkel von etwa 60° bis 120°. Die adaptierte Antenne formt hingegen einen steuerbaren Strahl, einen sogenannten Beam, den sie auf einen Winkel von etwa 10° minimiert auf ihr Zielobjekt richten kann.
«Mit der konzentrierten Beaming-Antennentechnik kann die Sendeleistung je nach Bedarf des Nutzers angepasst werden», so Röösli. Also werden Menschen umso mehr bestrahlt, je mehr sie ihre Geräte nutzen.
Zusätzlich gelte, dass je mehr Antennen in einer Umgebung stehen, desto weniger strahlt das eigene Handy. «Grund dafür ist, dass je grössere Strecken ein Signal überwinden muss, desto stärker muss dieses ausgestrahlt werden», erläutert der Professor.
Folglich steht fest: Je mehr Antennen, desto geringer die Strahlenbelastung von Mobilfunknutzenden, zu denen praktisch die ganze Bevölkerung angehört. «Diese Prognose vernachlässigt jedoch mögliche Anwendungen des Mobilfunks, die zurzeit noch nicht zum Einsatz kommen», gibt Röösli zu Bedenken.
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