Wenn das geliebte Haustier mal wieder seine Beute mit nach Hause bringt, hält sich die Freude beim Herrchen meist in engen Grenzen. Ein Schweizer Start-up möchte mit einer intelligenten Katzenklappe nicht nur dieses Problem aus der Welt schaffen, sondern auch die Tierbesitzerinnen unterhalten.
Seit ein paar Jahrtausenden leben Katzen zum gegenseitigen Vorteil an unserer Seite. Inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass sich die Vierpfoter im Gegensatz zum Hund selbst domestiziert haben. Doch während die Mäusejagd bis vor Kurzem zum Jobprofil der dämmerungsaktiven Raubtiere gehörte, ist eine (halb)tote Maus in den eigenen vier Wänden heute wenig populär.
Für die beiden Gründerzwillinge Oliver und Denis Widler ein Problem, welches sich mit einer technischen Lösung vermeiden lässt. Ihr Start-up Flappie Technologies arbeitet in Freienbach am Zürichsee an einer intelligenten Katzenklappe, welche dafür sorgen soll, dass der Beuteschatz der Schmusetiger stets draussen bleiben muss.
Gegründet wurde das Schwyzer Start-up offiziell erst im März 2023. Die Idee kam Oliver Widler aber bereits im Jahr 2019 am Frühstückstisch der Eltern. Denn dank der Hauskatzen Dixie und Señor gab es auch im Hause Widler die eine oder andere tierische Überraschung. Oliver studierte zu diesem Zeitpunkt noch Maschinenbau mit dem Fokus auf Robotik an der ETH Zürich. «Ich habe schon immer Nebenprojekte gehabt, weil mich das Basteln einfach immer interessiert hat», so der Mitgründer von Flappie. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums entschieden sich die beiden Brüder, die Katzenklappe zu ihrer Berufung zu machen.
Gesichtserkennung mit Schnurrhaaren
Auch ein Grund, warum die Zwillinge voll auf ihre Pet-Tech-Idee setzen, war die positive Resonanz auf die Ankündigung der intelligenten Katzenklappe. Die Neugier war im katzenaffinen Internet von Anfang an gross. Seit dem Frühjahr befindet sich Flappie in der Vorverkaufsphase und hat im DACH-Raum bereits einige Hundert Kunden gefunden. Die Katzenklappe unterscheidet sich auf den ersten Blick gar nicht grossartig von der Konkurrenz. Den Unterschied machen die eingebaute Kamera und die Technik dahinter. In einem aufwendigen Prozess entwickelte Oliver Widler einen Algorithmus, der dank der Bilddaten stets korrekt erkennen soll, ob die Katze etwas im Maul trägt. In diesem Fall bleibt die Katzentür geschlossen, bis das Haustier es ohne Beute noch einmal versucht.
«Um eine KI richtig zu trainieren, braucht man extrem viele Bilddaten», erklärt Widler. Normalerweise kann man dafür auf vorhandene Datensätze aus dem Internet zurückgreifen, nicht aber in diesem speziellen Fall. Die Aufnahmen der Raubkatzen mit ihrer Beute mussten alle selbst mit Prototypen der Katzenklappe produziert werden. Und die ersten Versuchsobjekte dafür waren natürlich die eigenen Büsis Dixie und Señor, welche für ihre Mitarbeit sogar auf der eigenen Website als Chief Mouse Officer (CMO) und Mouse Consultant geführt werden. Zusätzlich lieferte man im Rahmen eines Innovator-Programms in diesem Jahr Prototypen an Testpersonen aus, um noch mehr lebensnahe Daten zu erhalten. «Wir dürfen uns keine False Detections erlauben, die Tür darf also nicht fälschlicherweise zu bleiben», erklärt der Ingenieur das Streben nach Perfektion.
Trickreiche Mäusefänger
Doch wie reagieren die Katzen, wenn sie plötzlich vor einer verschlossenen Tür stehen? «Anfangs sind sie neugierig, aber das legt sich schnell», erzählt Widler von der Testphase. Insgesamt sei Flappie für die Tiere keine grosse Umstellung, aber es blieb nicht nur beim Abschnuppern. «Es braucht ein paar Anläufe, bis die Katzen es wirklich verstehen. Aber sie versuchen auch gleichzeitig immer wieder, die Grenzen auszuloten», so der Mitgründer weiter. Auf der Hardwareseite wurde deswegen etwa das Plastik der Katzenklappe verstärkt, da die Tiere mit viel Kraft den Widerstand der Tür getestet hätten. Und auch die Position der Kamera musste noch geändert werden, denn die schlauen Säugetiere hätten mit gesenktem Kopf versucht, die Beute vor dem Algorithmus zu verstecken. So wanderte die Kamera nach unten, damit stets eine freie Sicht gewährleistet ist.
Mit der Katzenklappe entfällt auch eine mögliche Bestrafung des Haustieres, welche von der tierischen Seite oft nicht richtig verstanden wird. Denn eigentlich steht die mitgebrachte Beute für getane Arbeit und Anerkennung von Seiten des Besitzers beziehungsweise der Besitzerin. Und natürlich kann der Stubentiger den nächsten Beutefang immer noch vor der Haustür platzieren.
In der technischen Umsetzung kann Flappie bei gechipten Haustieren auch sichergehen, dass nur der eigenen Katze der Eintritt gewährt wird. Eine reine Bilderkennung ist bisher noch nicht möglich, da nachts bekanntlich alle Katzen grau sind und es ohne klare Erkennungsmuster extrem schwierig für die KI wird. Die Kamera filmt dabei nicht die ganze Zeit, sondern erst, wenn der Bewegungsmelder anspringt.
Der nächste Youtube-Star
Damit die Flappie-KundInnen auch sehen können, wie die Technik hinter dem Pet-Tech-Gerät funktioniert, wird es mit der Erstauslieferung auch eine passende App für Android und iOS geben. Hier sollen sich die NutzerInnen alle Videos der Katzenklappe ansehen und speichern können, um sie dann eventuell dem gigantischen Katzenarchiv des World Wide Webs hinzuzufügen. Es hat etwas von einem Babyfon, welches einem ganz neue Einblicke in eine andere Welt ermöglicht. Über die App lässt sich die Klappe nachts auch über einen gewünschten Zeitraum schliessen.
Wer möchte, kann seine Daten auch für die Entwickler in Freienbach freigeben oder nur das entsprechende Video senden, falls doch mal etwas nicht richtig vom Algorithmus erkannt wurde. Ansonsten «wird nichts auf einen externen Server gestreamt oder ausgewertet. Es geschieht alles auf der Katzentür selbst», betont Widler bezüglich Datensicherheit.
Vom 3D-Drucker ins Geschäft
Die ersten Geräte aus dem Vorverkauf, welcher bald endet, sollen Ende 2023 ausgeliefert werden. Aktuell kann man über die Website des Herstellers noch ein Gerät für 360 Franken vorbestellen. Auch aus produktionstechnischen Gründen soll der finale Preis am Ende bei circa 450 Franken liegen, wenn Flappie im zweiten Quartal 2024 auch im regulären Handel erscheint. Aktuell wird noch jede Katzenklappe einzeln im 3D-Drucker produziert, die Massenproduktion soll dann an externe Hersteller ausgelagert werden.
«Der Vorverkauf hat unsere Erwartungen übertroffen. Es ist ein wenig wie ein Crowdfunding für uns gewesen, um noch mehr in die Produktentwicklung zu investieren», erzählt Widler. Aktuell ist man auf der Suche nach Investoren, um das Wachstum des Start-ups zu gewährleisten. Ebenso konnte man bereits erfolgreiche Partner für die Vermarktung des Haustierzubehörs gewinnen. «Wir wollen zum offiziellen Launch einen guten Mix aus Onlinepräsenz und physischen Stores haben», so der Flappie-Mitgründer. Und das erste Ziel dafür ist ganz klar der DACH-Raum.
Bis Ende des Jahres arbeiten die sieben Menschen und zwei Katzen bei Flappie an der Finalisierung und der Auslieferung der ersten fertigen Produkte. «Das Ziel ist nicht, das Produkt herauszubringen und dann fertig zu sein. Unser Ziel ist, dass Flappie eine eigene Marke für Pet-Tech wird», sagt Widler.