Die Nutzung von elektronischen Geräten ist fester Bestandteil unseres Alltags, wobei wir gerne die Tatsache verdrängen, dass die IT- und Telekombranche die Umwelt gewaltig belastet. Doch können Unternehmen und KonsumentInnen im Sinne einer «Green IT» zu einem umweltfreundlichen Umgang mit Elektronik beitragen.
Während umweltschonende Trends und Gewohnheiten wie die Nutzung von wiederverwendbaren Tragtaschen und Behältern sich immer mehr durchsetzen, bleibt ein gewaltiger Umweltsünder meist übersehen. So hat die amerikanische Unternehmensberatungsfirma Boston Consulting Group (BCG) in einer Studie berechnet, dass der Anteil der IT- und Telekombranche an den weltweiten CO2-Emissionen drei bis vier Prozent beträgt. Das ist doppelt so viel wie der gesamte Flugverkehr, welcher zwei Prozent ausmacht.
Grund für die hohe Emissionsrate der IT- und Telekombranche ist, dass Strom erst zu einem geringen Anteil aus erneuerbaren Quellen produziert wird. Während die Flugzeugindustrie ihre Maschinen verbessert und eine Reduktion ihrer Emissionen in Sicht ist, werden Elektrogeräte immer effizienter produziert und somit günstiger. Je mehr Geräte Menschen besitzen, desto gewaltiger ist der Datenverkehr und sein Stromverbrauch. Deswegen könnte der Anteil am CO2-Ausstoss durch die IT- und Telekombranche bis 2040 auf 14 Prozent steigen, wenn keine umweltschonenden Massnahmen ergriffen werden, hält die BCG in ihrer Studie fest.
Daten- und Umweltschutz
Doch nicht nur die Hersteller stehen in der Verantwortung, um dieses Szenario zu verhindern. Auch KonsumentInnen können mit einem bewussteren Umgang mit elektronischen Geräten ihren Beitrag zu einer «Green IT» leisten. Der Begriff «Green IT» beschreibt den umweltfreundlichen und energiesparenden Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) wie Handy, Tablet und Laptop. Dabei umfasst er nicht nur die Herstellung, sondern den gesamten Lebenszyklus der elektronischen Produkte. Für ein möglichst umweltfreundliches elektronisches Produkt, sollte dieses als erstes mit so wenigen Rohstoffen als möglich produziert werden und eine möglichst geringe Menge an Schadstoffen enthalten. Weiter sollte das Gerät so langlebig und recyclebar wie möglich sein. Um dies zu erreichen, bedarf es einer Zusammenarbeit von Designern, Produzentinnen, Konsumenten, Reparaturanbieterinnen und Recyclingkräften.
Einer, der mit Green IT bestens vertraut ist, ist IT-Systemingenieur Sintho Ananthan. Er ist technischer Mitarbeiter der Need IT, einem Beratungsunternehmen mit Sitz in Luzern, welches die komplette IT-Infrastruktur von Unternehmen sichert und betreut. Er sagt: «Geräte und Systeme im Sinne der Green IT sind umweltschonend und somit auch für den Verbrauch optimiert.» Abgesehen von den bereits genannten Faktoren sei auch die Produktion von Wärme sowie die Emulsionen von verschiedenen Materialien und Stoffen in den Geräten zu beachten.
Schwer zu reparieren Hersteller wie Google und Samsung haben das Monopol auf Einzelteile ihrer Geräte. «Diese Einzelteile sind meist nur für eine kurze Zeit aktuell und werden oft nur für ein Modell gebraucht», erklärt Sintho Ananthan. Häufig werde ein Einzelteil bereits zwei Jahre nach dem Erscheinen des Nachfolgemodells nicht mehr produziert und somit steige auch sein Preis. «Zusätzlich werden Geräte oftmals auch so produziert, dass sie kaum zu reparieren sind», sagt der Systemingenieur. Viele Geräte werden fest verschweisst oder sind sehr schwer auseinanderzunehmen. Es sei auch die Absicht der Hersteller, dass ihre Geräte nicht repariert, sondern regelmässig gekauft werden, so Ananthan. Ein Recht auf Reparatur Um diesem Herstellerdiktat entgegenzuwirken, hat sich aktuell weltweit eine neue Bewegung formiert: «Right to repair», welche in Amerika gestartet ist, kämpft auch in Europa dafür, dass möglichst alle Geräte so hergestellt werden, dass man sie reparieren kann. Dazu soll die Reparatur eines Geräts nicht mehr kosten als ein komplett neues Gerät. Auf diese Weise wird die Lebenszeit der elektronischen Geräte um einiges verlängert, was Rohstoffe und Energie spart. Defekte Geräte können zur Begutachtung in den Laden, in dem man sie gekauft hat, zurückgebracht werden. Oft kommt es jedoch vor, dass die Reparaturkosten unabhängig der Bearbeitungsgebühr sehr hoch ausfallen. Deswegen suchen immer mehr Leute mit ihren kaputten Geräten ein Repair-Café auf. Dort werden verschiedene Gegenstände, darunter auch elektronische Geräte, unentgeltlich oder für einen geringen Preis geflickt.
Daten und Strom sparen
Wer seinen Umgang mit Strom und elektronischen Geräten umweltfreundlich gestaltet, spart gleichzeitig auch Geld. Auf der einen Seite sind Handlungen wie das konsequente Löschen des Lichts und das Tiefhalten der Bildschirmhelligkeit zum Akkusparen für viele NutzerInnen längst etablierte Gewohnheiten. Währenddessen bleibt der Stromverbrauch von zahlreichen populären, jedoch stark umweltbelastenden Apps oft unbemerkt. Snapchat, Whatsapp und Google-Produkte bringen grösseren Umweltschaden als manche ihrer Alternativen, da sie zahlreiche Daten der NutzerInnen auf Servern speichern. Jedes verschickte Datenpaket verbraucht mit der benötigten Rechenleistung Energie. Deswegen gilt: Je mehr Daten verschickt und verarbeitet werden, desto mehr Infrastruktur und Energie wird dafür gebraucht.
Ein bewusster Umgang mit IKT-Geräten reduziert die Menge an Daten, die verschickt werden, und somit auch den Energieverbrauch. «Dazu gehört zum Beispiel, darauf zu achten, nicht zu oft E-Mails zu schicken», sagt Ananthan. Wer Energie sparen will, sollte also lieber eine lange E-Mail schreiben als mehrere kürzere. Eine weitere Möglichkeit, Energie zu sparen, sei es, Dateien organisiert auf dem PC zu speichern und lokal abzurufen, statt sie immer wieder herunterzuladen. «Übrigens brauchen Videos und Bilder viel mehr Energie als Text», so Ananthan. Deswegen gelte es, beim Browsen wenn möglich Text den anderen Medien vorzuziehen.
«Als KonsumentIn kann man in umweltfreundliche Produkte investieren, Strom aus nachhaltigen Quellen beziehen und umweltschützende Projekte und Unternehmen unterstützen», führt er aus. Zum Beispiel können umweltbewusste Web-Surfer auf Non-Profit-Suchmaschinen wie Ecosia umsteigen. Ecosia wirbt damit, dass ihre NutzerInnen mit etwa 45 Suchanfragen das Pflanzen eines Baums finanzieren. Dies dank der Werbungen, die bei einer Suchanfrage zuoberst auf der Liste erscheinen. Ecosia speichert die Daten ihrer NutzerInnen nicht und spart so eine grosse Menge an CO2.
Was es mit den Keksen auf sich hat
Wer weniger Daten produzieren möchte, sollte generell weniger Zeit mit IKT-Geräten verbringen. Der nächste Schritt ist, beim Surfen im Internet gut darauf zu achten, welche Cookies man akzeptiert. Cookies sind Daten, welche die Webseiten, die man besucht, auf dem Computer des Nutzers zwischenspeichern. Session-Cookies ermöglichen die mühelose Nutzung einer Webseite, indem sie nützliche Informationen wie die Login-Daten des Nutzers bis zum Ende der Sitzung speichern. Auf diese Weise muss sich der Nutzer nicht alle paar Sekunden erneut anmelden. Sobald man die Webseite schliesst oder sich abmeldet, werden die Session-Cookies gelöscht, denn Sicherheit steht bei ihnen an oberster Stelle.
Tracking-Cookies hingegen sind weniger erwünscht. Diese speichern die Surfgewohnheiten des Nutzers und geben sie an den Betreiber der Internetseite weiter. Diese Information wird dauerhaft gespeichert und sorgt für personalisierte Werbung auf den Webseiten. Das Ziel der Tracking-Cookies ist die Webseitenoptimierung. Diese Cookies merken sich zum Beispiel, welche Produkte die Nutzerin recherchiert, um die beste Wahl zu treffen, und bieten diese dann immer wieder auf Werbebannern auf verschiedenen Webseiten an.
Wenn man stundenlang nach den günstigsten Flugtickets sucht, merken sich die Tracking-Cookies dieses Interesse ebenfalls. Konsequent werden dem Nutzer mit der Zeit immer teurere Angebote zu seinem gewünschten Flugzeitraum präsentiert. In solchen Fällen bietet es sich an, die Cookies in den Browsereinstellungen zu löschen. Um die eigenen Daten zu schützen und gleichzeitig die Produktion von CO2 niedrig zu halten, kann man es sich zur Gewohnheit machen, stets nur die notwendigen Cookies zu akzeptieren.
Umweltschonende Software und Apps
Generell gilt die Regel, dass grosse Unternehmen wie Facebook und Amazon sehr grosse Mengen an CO2 ausstossen. Diese Firmen sind Teil des Akronyms GAFAM, welches für Google-Amazon-Facebook-Apple-Microsoft steht und von der Europäischen Union als Abkürzung eingeführt wurde. Mit diesem Überbegriff wollte die EU darauf hinweisen, was für eine immense Marktmacht diese Unternehmen besitzen. GAFAM verkaufen die Daten ihrer KundInnen an Drittunternehmen. Diese tragen zur Optimierung von Werbungen bei und untersuchen das Verhalten der NutzerInnen. Das ist einer der Gründe, weshalb GAFAM die grössten CO2-produzierenden Unternehmen in der IT-Branche darstellen. Laut Berechnungen der Wissenschaftlerin und Aktionskünstlerin Joana Moll, die sich intensiv mit dem CO2-Ausstoss von Google auseinandergesetzt hat, entsprechen allein die durchschnittlich 47’000 Suchanfragen pro Sekunde ungefähr einer halben Tonne CO2.
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