digitale Welt – schön und gut. Aber für den mobilen Konsum gehen manchmal die wirklich wichtigen Dinge flöten. Die Redaktion von FonTimes schenkt Ihnen daher jeden Monat 20 Minuten Offline-Modus. Dieses Mal geht es um den guten alten Brief.
Hand aufs Herz: Wann haben Sie den letzten Liebesbrief verschickt? Mit 13 Jahren heimlich an den Schwarm? Dann wird es höchste Zeit, Stift und Papier zur Hand zunehmen. Dabei ist es egal, ob es ein Liebesbrief ist oder ein nettes Schreiben an den besten Freund – Hauptsache, Sie schreiben. Denn von Hand schreiben macht schlau. Verschiedene Forschungen haben gezeigt, dass Menschen, die Stifte in die Hand nehmen, Teile des Gehirns aktivieren, die beim Tippen vernachlässigt werden.
Hinzu kommt, dass handgeschrieben Briefe heutzutage selten sind. Das macht einen Brief zu etwas ganz Besonderem. Ihr Empfänger freut sich sicher, zwischen all den Rechnungen ein paar nette Zeilen von Ihnen zu finden. Und man selbst freut sich auch. Denn es zeigt, dass ein Mensch sich mehr als zehn Minuten Zeit genommen hat und an einen gedacht hat. Der Moment, in dem man den Umschlag öffnet, ist wie Weihnachten und Ostern zusammen. Man weiss nicht, was einen erwartet und doch freut man sich über ein paar persönliche Worte. Das schafft Intimität. Denn die Themen weichen weit von dem ab, was tagtäglich über das Internet und Mobilfunknetz versendet wird. Da geht es nicht darum, wann man die Kinder vom Klavierunterricht abholen muss oder ob man sich um 19 oder 19.30 Uhr trifft. Es geht um sehr viel tiefere Eindrücke und Empfindungen – wie früher, als man Brieffreundschaften hatte.
Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als Sie die Kühlschranktüren mit Urlaubsgrüssen Ihrer Freunde und Familie schmückten? Die WhatsApp-Selfie vom Strand heute würde sich dagegen kaum jemand ausdrucken und dranpappen.
Geduld ist eine Tugend, und diese erfordert es beim altmodischen Weg über die Post. Erstens muss man sich Zeit zum Schreiben nehmen. Was sicherlich dazu führt, dass dem Inhalt mehr Bedeutung zugesprochen wird. Denn wegen zwei bis drei belanglosen Sätzen wird man kaum den Postweg wählen. Anders bei WhatsApp und Co. Ähnlich verhält es sich mit der Antwort: Ein Brief oder eine Postkarte ist im Schnitt drei Tage unterwegs. Und es gibt keine blauen Haken als Lesebestätigung. Nein, man muss einfach warten, bis es eine Antwort gibt. Ein Brief entschleunigt unseren Alltag in vielerlei Hinsicht – in der heutigen Zeit ein angenehmer Nebeneffekt.
Wenn man erstmal wieder Stift und Papier in der Hand und die ersten Sätze niedergeschrieben hat, dann kann man auch wieder eine völlig neue Leidenschaft für sich entdecken. Es lässt Raum für andere Gedankengänge und gibt einem die Möglichkeit, Emotionen und Meinungen in einem anderen Licht wiederzugeben. Keiner würde eine zweiseitige SMS durchlesen. Aber jeder nimmt sich Zeit für zwei Seiten Briefpapier. Vor allem Freundschaften und Beziehungen, die von hunderten Kilometern getrennt werden, bekommen so eine ganz neue Tiefe. Dafür müssen Sie nicht zum Philosophen werden. Darum geht es beim Schreiben nicht. Wichtig ist nur, dass Sie es tun. Alleine die Geste macht den Brief zu etwas Wertvollem, das von keiner Kurznachricht dieser Welt je erreicht wird.
Zu einem Seelentröster kann solch ein Brief auch einmal werden. Denn aus therapeutischer Sicht ist es heilsam, sich seine Sorgen von der Seele zu schreiben. Selbst dann, wenn das Stück Papier nie abgeschickt wird. Es fällt einem leichter, seine Sorgen und Ängste zu verstehen und kundzutun, wenn man den Gedanken freien Lauf lassen kann. Keiner, der einen unterbricht, keine unangenehme Antwort.
Versuchen Sie es doch einfach mal. Setzen Sie sich in die warmen Sonnenstrahlen und schnappen Sie sich einen Füllfederhalter und ein leeres Blatt. Schreiben Sie einfach drauf los. Egal, ob an Ihren Partner, Freunde oder gar nur an sich selbst. Geniessen Sie jeden Moment, indem das Blatt voller und voller wird. Wie Ihre Gedanken zu Worten werden, ihre Gefühle zu Sätzen. Sie werden es nicht bereuen.