Trauffer meldet sich mit seinem neuen Album «Glöggelä» fulminant zurück. Wieder mit seiner eigenen Band und nicht mehr mit Gölä an seiner Seite, will der «Alpentainer» in der aktuellen Zeit die Leute unterhalten und ordentlich «ans Blech schlagen».
Wenn Marc A. Trauffer etwas anfasst, wird es entweder zu Holz oder zu Gold. Für Ersteres ist seine Holzspielwarenfabrik zuständig, wo die berühmten Trauffer-Kühe hergestellt werden. Gegründet 1938 von Marcs Grossvater Alfred, hat der Enkel seit 2008 die Führung im Unternehmen inne. Den Blick in die Zukunft gerichtet, eröffnete Trauffer zusammen mit seiner Frau Brigitte Anfang Juni dieses Jahres zudem die Trauffer Erlebniswelt, wo Gross und Klein die Geschichte der bunten Holzkühe entdecken und auch gleich selbst Hand anlegen kann. Direkt daneben ergänzt ebenfalls seit Juni ein Bretterhotel den Trauffer-Kosmos in Hofstetten bei Brienz.
Der goldene Part ergibt sich aus Trauffers musikalischem Schaffen. Die Ära der Büetzer Buebe fand zwar mit dem Abschlusskonzert im August im Letzigrund ein (vorläufiges?) Ende, doch auch ohne Gölä an seiner Seite produzierte Trauffer in der Vergangenheit mehrere Nummer-1-Alben. Daran will der 43-Jährige mit seinem neuen Album «Glöggelä» nun anknüpfen. Dabei bleibt er sich als «Alpentainer» treu.
Trauffer, Ende Oktober erschien «Glöggelä». Ist man mit einem Palmarès wie dem Ihrigen noch nervös und gespannt, wie das neue Album beim Publikum ankommen wird? Oder dominiert die Gewissheit, dass es bestimmt einschlagen wird?
Wer sich vor der Veröffentlichung sicher ist, es werde sowieso ein Hit, kann sich bereits auf einen Absturz gefasst machen. Während der Albumproduktion präsentiert man die Songs der Band, der Plattenfirma, dem Management und seinem engeren Umfeld und alle zeigen sich begeistert, loben dich in den Himmel. Ganz ehrlich: Ich kann es nicht mehr hören. Denn Fakt ist, dass am Ende des Tages einzig das Publikum entscheidet, was gut und was schlecht ist. Mit anderen Worten: Vor einem Albumrelease bin ich extrem nervös, denn dann erhalte ich die Antwort. Wie diese sein wird, weiss man vorher nie.
Genauso wenig, wie welche Lieder bei den Leuten am besten ankommen.
So ist es. Ich war mir schon oft sicher, dieser oder jener Song werde funktionieren und am Ende kam alles ganz anders. Gleichzeitig ist dies das Schöne an der Musik: Hätten die Radiomoderatoren, Musikkritiker und -journalisten immer recht, gäbe es den Musiker Trauffer gar nicht (lacht).
Die Albumproduktion startete vor über zweieinhalb Jahren. War von Anfang geplant, auf ein neues Album hin zu arbeiten?
Absolut, wir haben explizit Songs für ein Album gesucht und produziert. Diesbezüglich bin ich alte Schule, setze immer auf Alben. Das regelmässige Veröffentlichen von Singles auf den verschiedenen Streaming-Plattformen überlasse ich anderen. Erstens bin ich dort zu wenig zuhause, zweitens glaube ich nicht, dass es in meinem Fall funktionieren würde.
Bedauern Sie, dass das Album generell an Bedeutung verliert?
Ich persönlich bin kein Fan davon, immer mal wieder eine Single zu veröffentlichen und wenn dann ein Album erscheint, kennt man die Hälfte der Songs schon. Ich glaube wirklich an den alten Weg der amerikanischen Rockmusik.
Was meinen Sie damit?
Für eine junge Band bestehen die grössten Erfolgsaussichten, wenn sie rausgeht und Konzerte spielt. Angefangen bei regionalen Dorffesten, geht es dann immer einen Schritt weiter. Hat man sich ein Publikum aufgebaut, das die Musik schätzt, gilt es, ein Album zu herauszubringen. Denn dann interessiert sich auch jemand für die Platte. Aber viele glauben, es reiche, eine Hit-Single zu haben, die auf irgendeiner Plattform durch die Decke geht und als Nächstes folgt eine Welttournee – doch so funktioniert es nicht.
Selbst wenn die Hit-Single gleich zu Beginn der Karriere da ist, muss etwas hinterhergeliefert werden, das die Erwartungen erfüllt.
Genau dies ist mein grosses Glück: Ich hatte bislang noch nie einen absoluten Über-Hit und bin sehr dankbar dafür. Meine bekanntesten Lieder wie «Müeh mit de Chüeh» entwickelten sich über Jahre hinweg. Ich kenne mehrere Berufskollegen, die teilweise schon auf dem Debutalbum einen Hit hatten und anschliessend nie mehr daran herangekommen sind.
Sie haben die Single «Glöggelä» als Weckruf beschrieben, als Zeichen, dass es wieder losgeht. Empfinden Sie das auch wirklich so aktuell?
Ich glaube schon, dass wir auf einem guten Weg sind – im Gegensatz zur Sommerzeit, als ich Angst hatte, was uns im Herbst erwarten würde. Wir wussten, mit den Büetzer Buebe kommen wir noch durch, da das ESAF nach unserem letzten Auftritt anstand und sich wohl kaum jemand getraut hätte, das Eidgenössische in Frage zu stellen. Dass es nun nicht schlecht ausschaut, macht Mut, dass die Leute den Events nicht zu stark den Rücken kehren werden. Seit Veranstaltungen im normalen Rahmen wieder möglich sind, ist es nicht einfach gewesen für die Organisatoren, Tickets zu verkaufen. Ich glaube daran, dass man im März, wenn ich wieder auf Tour gehe, Konzerte besuchen kann und die Leute auch kommen wollen.
Ihr besucht dann nicht die ganz grossen Hallen und Städte. Ist das ein bewusstes Kontrastprogramm zu den Büetzer Buebe zuletzt?
Auf den ersten Blick mag es nach einem Schritt zurück ausschauen. Doch Fakt ist, dass es sich dabei um Hallen mit 4500 bis 7000 Plätzen handelt. So viele Schweizer KünstlerInnen gibt es nicht, die diese füllen würden. Und ich freue mich darauf, so nah zu den Leuten zu gehen.
Wenn wir den Blick zurück wagen. Sind Sie im Anschluss an den letzten Auftritt im Letzigrund als Büetzer Buebe in ein Loch gefallen?
Ein kleines Loch war da. Das Ganze war derart wuchtig und intensiv, da wäre es befremdlich gewesen, am Montag darauf einfach wieder normal zur täglichen Arbeit überzugehen. Bei allen vergangenen Auftritten war es so: Da stand ich am Tag darauf wieder auf der Matte. Aber das im Letzigrund war einfach nochmal ein anderes Level; selbst im Vergleich zum Konzert im Hallenstadion.
Es befinden sich mehrere Party-Songs mit grossem Mitsing-Potenzial auf «Glöggelä». Möchten Sie den Leuten mit dem Album auch mitgeben, sich das Feiern, schwierigen Zeiten zum Trotz, nicht nehmen zu lassen?
Unbedingt. Wir produzierten das Album während der ersten Pandemiephase, mieteten für fast drei Wochen ein Chalet im Unterwallis und begaben uns in eine Blase, waren nur unter uns. Ich sagte meiner Band, dass nun das Hirn «umgeschaltet» werden muss. Wir überlegten uns, was wir am stärksten vermissten. In meinem Fall war es das unbedingte Gefühl, wieder voll «ans Blech schlagen» und Party machen zu können. Dies hört man dem Album an und darauf bin ich stolz.
Nun kann man sich fragen, ob aktuell der richtige Moment für einen Feieraufruf ist.
Ich habe mich immer als Unterhalter gesehen. Es gibt hierzulande viele sehr gute gesellschaftskritische Musikerinnen und Musiker, die dies besser machen als ich. Dafür gelingt mir die Unterhaltung besser und ich bin überzeugt, dass es mich mehr braucht denn je. Einfach, um den Leuten eine Pause von ihrem teilweise schwierigen Leben zu geben. Mir ist absolut bewusst, dass wir eine Energiekrise und einen Krieg in der Ukraine haben – doch wenn wir uns ausschliesslich damit beschäftigen, werden wir früher oder später alle depressiv. Man muss an Lösungen dafür arbeiten, aber darf man zwischendurch auch eine Pause machen. Und für diese Pause liefere ich die passende Musik.
Zu welcher Musik, abgesehen von Ihrer eigenen, feiern Sie am liebsten?
Zu meiner überhaupt nicht. Wenn ich an einen Anlass eingeladen werde und es läuft Trauffer, ist das ganz schlimm für mich; es fühlt sich einfach komisch an. Mir gefällt 80er-Partymusik von Bands wie Roxette.
Sie haben kürzlich in einem Interview gesagt, dass wenn die Leute Ihre Musik irgendwann nicht mehr hören möchten und sich der Zeitgeist ändert, Sie sich vom Musizieren verabschieden. Das heisst, musikalisch sich anzupassen und eine andere Richtung einzuschlagen, um mit der Zeit zu gehen, würde für Sie nicht in Frage kommen?
Das möchte ich nicht und das werde ich nicht. Meine Authentizität ist es, was mich trägt, seit ich mich gefunden habe. Ob ich mit Medienleuten spreche oder mit Freunden beim Raclette sitze, ich bin derselbe Trauffer, ich muss mich nicht mehr verstellen. Dies war nach meinen ersten Erfolgen anders, da will man möglichst allen gefallen und es jeder und jedem recht machen.
Was half Ihnen dabei, sich selbst zu finden?
Unter anderem die eigenen Interviews, die man im Nachhinein liest und sich dabei kaum wiedererkennt.
Zur Person Marc A. Trauffer, besser bekannt als Trauffer, wuchs im bernischen Hofstetten bei Brienz auf. Dort übernahm der 43-Jährige 2009 auch die Holzspielwarenfabrik seiner Eltern. Im Juni dieses Jahres eröffnete er mit seiner Frau Brigitte in unmittelbarer Nähe eine Erlebniswelt sowie das Bretterhotel. In seiner Heimatgemeinde war der selbsternannte «Alpentainer» ausserdem bis 2014 als Gemeinderat engagiert. Auf musikalischer Ebene erlangte er als Sänger der Band Airbäg (1995 bis 2006) Bekanntheit. Sein erstes Soloalbum «Pallanza» erschien 2008. Seither veröffentlichte Trauffer mehrere Alben, die Platin-, Doppel- und gar Dreifach-Platin-Status erreichten. Nach zwei Alben an der Seite von Gölä als Büetzer Buebe ist er nun wieder solo unterwegs. Am 28. Oktober erschien sein neues Album «Glöggelä». Trauffer ist in zweiter Ehe verheiratet; mit seiner ersten Ehefrau hat er eine Tochter und einen Sohn.
Die Trauffer-Kühe kennt man weit über die Landesgrenzen hinaus. Da würde es sich theoretisch anbieten, im Soge dessen auch mit der Musik das Ausland anzupeilen. Allerdings wäre das auf Schweizerdeutsch schwierig. Wäre es eine Option für Sie, jemals in einer anderen Sprache zu singen?
Nie, zweimal hatte ich die Chance, mit grossen Namen in Deutschland aufzutreten, einmal davon hätte ich mit Andreas Gabalier in Österreich und Deutschland touren können, doch sagte ich jeweils ab. Ich möchte dies nicht, denn mein Anspruch ist, die Dinge konsequent und richtig umzusetzen. Ich bin sehr glücklich mit meinem Leben und fühle mich angekommen. Da muss ich keine unnötigen Risiken eingehen.
Fürchten Sie auch, dass Ihre Musik auf Deutsch auf Kosten der Authentizität gehen würde?
Manche sagen, meine Lieder würden in Österreich und Süddeutschland in Mundart funktionieren. Ich glaube jedoch nicht daran und manche meiner Songs wie «Mühe mit den Kühen» auf Deutsch würden lächerlich klingen.
Das Bretterhotel läuft, die Erlebniswelt ebenso, das Kapitel Büetzer Buebe ist zumindest für den Moment abgeschlossen, das neue Album draussen. Folgt nun eine «Konsolidierungsphase», bis im nächsten Frühling die Tour ansteht?
Dies wird wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2023 der Fall sein. Aktuell bereiten wir die Tour vor, im neuen Hotelbetrieb funktionieren manche Abläufe noch nicht wie gewünscht und so ist es aktuell eine sehr anstrengende Zeit für mich, wobei ich mir dessen bereits zu Jahresbeginn bewusst war.
Wie regelmässig sind Sie im Bretterhotel und in der Erlebniswelt anzutreffen?
Oft, aber nicht täglich, da ich nicht operativ tätig bin dort. Mein Fokus liegt entsprechend nicht auf dem Tagesgeschäft oder darauf, allen die Hand zu schütteln.
Zumal Sie gar nicht alle Erwartungen diesbezüglich erfüllen könnten.
Ich musste in der Tat lernen, dass ich immer gewisse Leute enttäuschen werde und es nicht allen recht machen kann. Dies stellt aber auch eine gewisse Erlösung dar.
Sind Sie jemand, der bereits ans nächste Projekt denkt, sobald eines abgeschlossen ist?
Bislang war es immer so. Aber dieses Mal ist es anders, ein Tritt aufs Bremspedal ist zwingend. Nun stehen das neue Album und die Tour im Frühling im Zentrum. Anschliessend verabschiede ich mich erstmal in die Ferien.
Bei all den Projekten, die Sie parallel führen. Gibt es da eine Priorisierung?
Meine Holzspielwarenfirma war immer das Wichtigste und wird es auch bleiben. Die Musik wird immer an zweiter Stelle stehen.