Interview mit Jan Seven Dettwyler

«Ich hätte mich dafür geschämt»

Für Jan Seven Dettwyler geht es aktuell Schlag auf Schlag. Am 13. September erschien sein neues Album «Schwarz auf Grün» und am selben Tag startete er auch seine gleichnamige Tour, die ihn durch die Schweiz und Deutschland führt. Und: Bei einem ganz besonderen Projekt machte er aus Asterix einen «Aargallier».

Jan Seven Dettwyler, am 13. September erschien Ihr neues Album «Schwarz auf Grün». Am selben Tag lancierten Sie im Volkshaus auch Ihre neue gleichnamige Tour. Wie war der Auftritt?

Es war unfassbar emotional. Es kam viel zusammen und ich darf von einer der heftigeren Wochen meines Lebens sprechen. Vor zweieinhalb Jahren schrieb ich den ersten Song für das Album und seither hat sich bei mir grundsätzlich viel verändert. Ich habe den Stift zum Schreiben als Therapeuten und besten Freund immer mit dabei gehabt und schliesslich gipfelte alles an diesem Tag. Der Tag X, wie ihn SportlerInnen von den Olympischen Spielen kennen, auf den sie sich jahrelang vorbereitet haben. Das Datum legte ich bereits vor eineinhalb Jahren fest, weil ich an einem Freitag den 13. mein 13. Album veröffentlichen wollte. Damals begann ich auch damit, die Show zu konzipieren, die vieles beinhaltet, was ich zuvor noch nie gemacht habe. Ich bin zum Glück fit und konnte mich bestens darauf vorbereiten – wir überliessen nichts dem Zufall. Ich stand am besagten Tag auf und wusste, dass ich es geniessen kann, denn stressig war es nur im Vorfeld. 

Im Normalfall kann die Gefahr bestehen, anschliessend in ein Loch zu fallen, wenn man sehr lange auf etwas hinarbeitet. Doch in Ihrem Fall war dies wohl kein Thema, da die Tour damit erst startete.

Das ist tatsächlich so, am nächsten Tag spielten wir die Show in Arbon bereits zum zweiten Mal. Der Höhepunkt bildete also gleichzeitig einen Startschuss. Auf der anderen Seite stellt man sich gewissermassen ein Bein, wenn man den Fokus so stark auf die erste Show legt, denn diese wird im Verlaufe besser und nicht schlechter. Deswegen probten wir sehr oft, um nicht zu klingen, als würden wir sie zum ersten Mal spielen. 

Tourstart und Albumrelease am selben Tag. Wobei waren Sie nervöser?

Wie das Album ankommt, weiss ich am ersten Tag noch nicht, weil ich erst das Feedback von denjenigen erhalte, die das Album sogleich hören. Plus veröffentlichten wir die vergangenen eineinhalb Jahre laufend acht oder neun Stücke davon, weswegen es etwa fünf Lieder waren, die die Leute noch nie gehört hatten. Früher war es so, dass man einen bis zwei Songs bereits präsentierte, bevor man das Album veröffentlichte. Erst im Anschluss wurden die einzelnen Singles ausgekoppelt. Heute geht dies aufgrund der Streamingdienste leider nicht mehr, auch wenn ich es nach wie vor schön fände, wenn man es bei zwei oder drei Vorboten belassen könnte. Es war also nicht so, dass nun der Moment gewesen wäre, in dem alle zum ersten Mal ins neue Album hätten reinhören können. 

Jan Seven Dettwyler steht im schwarz-grünen Studio

Schwarz und Grün sind aktuell seine Farben. Bild: Dario Zimmerli

Was hat es mit dem Albumtitel «Schwarz auf Grün» auf sich?

Das Album operiert am offenen Herzen und ich schrieb wohl deutlicher, als ich es je zuvor getan habe. Ich glaube, man hört auch, dass ich den Schreibstift fest in der Hand halte und er mittlerweile ein Teil meiner Hand ist. Ich wollte schwarz auf weiss niederschreiben, wie es ist. Bei mir steht es im übertragenen Sinn schwarz auf grün geschrieben, denn wenn man wirklich in jemanden hineinschauen möchte, muss man ihm tief in die Augen schauen. Ich lasse auf diesem Album sehr tief blicken und so sieht man es schwarz auf grün, wenn man mir in die Augen blickt. Auf diese Weise entstand dieses Bild. 

«Schwarz auf Grün» ist nicht nur der Albumtitel, sondern ist zum Beispiel auch auf Ihrer Webseite vieles in diesen Farben gehalten. Kann dies zu Ihrem neuen «Corporate Design» werden?

Ich bin betriebswirtschaftlich ja ein eher schwieriger Künstler, weil ich nach jedem Album wieder etwas anderes möchte. Für die Vermarktung wäre es viel einfacher, wenn ich mich in eine Schublade stecken liesse – aber ich habe nun mal keine Schublade, weil mir dies viel zu schnell verleiden würde. Tatsächlich hat sich dies vielmehr eingeschlichen. Vor über zwei Jahren begann ich, auf Social Media grüne Schrift und das grüne Herz-Emoji zu verwenden. Die Leute antworteten ebenfalls mit grünen Herzen und so etablierte sich dies. Zudem machte ich ein Fotoshooting vor grünem Hintergrund und realisierte, wie dies wie die Songs aussieht, die ich gerade schreibe – ohne Schnickschnack und Effekthascherei. So wuchs das Ganze völlig natürlich. Es könnte entsprechend durchaus etwas sein, das bleiben wird. 

Im Song «Leuchten» geht es darum, dass man selbst in die Kraft kommen soll, um während einer schwierigen Zeit wieder aus dem dunklen Loch zu finden. Wie schwer haben Sie selbst sich in der Vergangenheit damit getan?

Ich habe mich meist herausgekämpft, denn ich bin jemand, der über Kampf, selbst machen und Leistung geht. Es war mein Weg, meine Kriege mit mir selbst auszutragen und allen zu sagen, es gehe mir gut. In den letzten Jahren bin ich zum ersten Mal in einem Ausmass an bestimmte Punkte gelangt, dass ich Hilfe benötigte. Ich schaffte es nicht mehr, mich alleine rauszukämpfen und die Maske gegen aussen aufrechtzuerhalten, alles sei gut. Ich realisierte, wie wichtig es ist, Schwäche zuzulassen und sich verletzlich zu geben – nur schon gegenüber dem nächsten Umfeld. So merkte ich, was um mich herum alles ist.  

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Dunkelheit?

Ein Raum ist so lange dunkel, wie du keine Kerze hast. Doch nur schon ein Kerzchen reicht und die Dunkelheit hat keine Chance mehr. Du kannst immer versuchen, dieses selbst anzuzünden. In diesem Moment muss man die Schwäche zulassen und akzeptieren, dass diese wieder ein Kerzchen sein kann.  

Jan Seven Dettwyler sitzt mit einem Basketball auf einer Treppe

Der 45-Jährige ist leidenschaftlicher Basketballfan. Bild: Instagram jan.seven.dettwyler

Fällt es zusätzlich schwer, dieses Kerzchen anzuzünden, wenn man sich selbst noch tiefer in die Dunkelheit begibt und in Selbstmitleid versinkt?

Selbstmitleid ist auf jeden Fall ein Thema. Aber oftmals ist es auch der Berg selbst, der einem zu hoch erscheint. Ich bin zum Beispiel einer, der aufräumen muss, bevor ich mich in die Ferien verabschiede. Das Leben auf einer Baustelle ist für mich sehr schwierig, denn ich bevorzuge es, wenn alles geregelt ist. Ich tue mich schwer damit, von einem Tag zum nächsten zu schauen, aber es gibt Momente im Leben, in denen Veränderungen oder sogar einschneidende Umbrüche zu gross sind, um sie aussitzen zu können. Hinterfragen, um Hilfe bitten – da verlässt man den Pfad des Alles-ist-Gut. Dies ist dann das echte und ehrliche Licht. Erst wenn man all dies zulässt, kann man das sehen, was man vielleicht schon längst hätte sehen sollen.  

Auf dem Album gibt es mit «Vollkommen Leer» einen Song mit Toni-L. Sie wussten, für die Rapparts kommt eigentlich nur er in Frage und Sie haben ihn via Instagram angeschrieben. Ist dies mittlerweile immer öfter der Weg, wie Zusammenarbeiten zustande kommen?

Diesbezüglich habe ich schon alles erlebt. Ich bin grundsätzlich sehr schmerzfrei, jemanden wegen einer Zusammenarbeit anzufragen. In diesem Fall war ich tatsächlich im Studio, sass an diesem Song und sagte zu meinen Produzenten, dass es genial wäre, Toni-L für dieses Lied zu gewinnen. Die beiden sind um die 30 und der Name Toni-L sagte ihnen nichts. Ich zeigte ihnen ein paar Videos und sie waren begeistert – immerhin ist er einer der Urväter des Deutschraps. Das Gute ist, dass ich schon mit vielen Leuten aus der Hip-Hop-Welt zusammengearbeitet habe, weswegen ich davon ausgehen kann, dass die meisten zumindest wissen, wer ich bin. So liefen auch Toni-L und ich uns vor Jahren mal über den Weg, begrüssten uns damals aber bloss. Und so habe ich es via Instagram einfach mal versucht und wenn es so nicht funktioniert hätte, hätte ich einen anderen Weg versucht, beispielsweise Torch gefragt, ob er den Kontakt herstellen könnte. Er war gemeinsam mit Toni-L Teil der Heidelberger Hip-Hop-Gruppe Advanced Chemistry.  

Sie mögen es, mit verschiedenen KünstlerInnen und ProduzentInnen zusammenzuarbeiten. Droht man sich da zu verzetteln, wenn man externe Inputs von zu vielen Seiten hat – sei dies beim Songwriting oder bei der Produktion?

Nein. Ich bin einer, der nicht immer per se die beste Lösung sucht. Bei manchen Songs weiss ich, dass ich es so umsetzen muss, wie ich es höre; es führt kein Weg daran vorbei. Ob es vermeintlich bessere Lösungen gäbe, interessiert mich dann nicht. Wenn ich dieses Gefühl habe und mich an ProduzentInnen oder MusikerInnen wende, erkläre ich bereits im Vorfeld, dass ich eine konkrete Idee habe und wie diese aussieht. Ich spiele also mit offenen Karten. So verhielt es sich auch bei «Vollkommen Leer». Das Stück war im Prinzip fertig und ich wollte, dass Toni-L einen Part übernimmt. Es war klar, was ich von ihm möchte und gleichzeitig liess ich ihm textlich komplett freie Hand. 

Jan Seven Dettwyler und Johannes Oerding stehen im Musikstudio

Mit Johannes Oerding nahm Jan Seven Dettwyler den Song «Kurz auf Stop» auf. Bild: Dario Zimmerli

Was ist, wenn das Papier noch komplett weiss ist?

In anderen Fällen ist tatsächlich bloss klar, dass ich mit diesen Personen gerne ein Projekt anreissen würde, wobei wir bei Null beginnen und auf ein kreatives Ping Pong setzen, um uns gegenseitig bis zum Song hochzuschaukeln. Ich baue mir den kreativen Spielplatz immer so, dass wir nie nicht ans Ziel kommen oder uns während der Produktion zerstreiten würden, weil es an Kompromissfähigkeit mangelt. Du musst dir bereits vorher bewusst sein, dass wenn du jemanden dazunimmst, der Song aber schon sehr nah bei dir ist, weswegen du nicht mehr bereit bist, eine andere Seele hineinzulassen, du die Person nicht darum bitten musst, am Stück mitzuschreiben oder ihre Seele hineinzugeben. Der Song ist dann schon zu weit fortgeschritten. Ich kenne mich mittlerweile gut genug, um zu wissen, wen ich wofür zulassen kann. 

Das heisst, es ist alles eine Frage der Kommunikation?

Die Kommunikation ist wie bei allem der Schlüssel. Du musst keine Noten lesen können oder musiktheoretisch bewandert sein, sondern miteinander reden können. Egal wie, am Ende muss man sich einfach verstehen können. Und du musst im Vorfeld darlegen, was du möchtest und weshalb du die Person anfragst. Ich habe auch schon Leute angefragt mit dem Aufhänger, dass ich sehr gerne mal etwas mit ihm oder ihr auf die Beine stellen möchte. «Lass uns doch mal zusammen ins Studio gehen und bei Null anfangen.» Auch dann ist die Ausgangslage klar und alles möglich. Bei einer solchen Ausgangslage ist für mich wichtig, dass dann auch offen ist, ob es etwas wird. Ich würde mich nie mit jemandem treffen und sagen, dass ich noch einen Song brauche, lass uns gemeinsam etwas produzieren. Stattdessen schauen wir mal, was passiert. Wenn man schon beim Herangehen die Devise hat, es müsse dabei etwas rausschauen, funktioniert es für mich nicht. 

Wird man dabei nicht manchmal von der Realität eingeholt? Dass das Label Druck macht und sagt, wenn ihr schon ins Studio geht und Zeit investiert, kann es nicht sein, dass am Ende nichts dabei rausschaut.

Bei vielen MusikerInnen ist die Realität bestimmt so, dass das Label teilweise sagt, was es wann braucht. Ich bin in dieser Hinsicht sehr idealistisch und kindisch aufgestellt, wobei ich mir dies bewusst so eingerichtet habe. Denn ich bin mein eigener Chef, habe kein Label im Hintergrund. Entsprechend ist es in meinem Fall kein Thema. Allgemein betrachtet gibt es durchaus KünstlerInnen, die das können: Sie stehen am Morgen auf, setzen sich mit dem Vorsatz hin, einen kommerziell erfolgreichen Track zu schreiben – und am Abend haben sie ihn. Darüber freut sich ein Label natürlich. Ich habe grossen Respekt vor KünstlerInnen, die das können. Ich selbst beherrsche dies nicht. Bei mir kommt das heraus, was in dem Moment und an diesem Tag passiert. Ich kann zwar jeden Tag Songs schreiben und habe einen grossen kreativen Output, bin aber ein schlechter Auftragsschreiber.  

Sie sind mittlerweile sehr transparent, was die Hintergründe Ihrer Lieder anbelangt, erklären oftmals in einigen Sätzen, was hinter den Songs steckt. Hätten Sie dies früher auch getan?

Man muss ehrlicherweise sagen, dass es nicht immer gleich viele Leute interessiert hat. Ich bin grundsätzlich schon immer recht offen gewesen, was ich in den Songs möchte. Die Sehnsucht ist wohl meine grösste Muse gewesen, insbesondere in den ersten zehn bis 15 Jahren meiner Karriere. Ich bin auch ein grosser Träumer und verliebt ins Verliebtsein, dies trieb mich zu sehr vielen Songs. Die Sehnsucht fiel irgendwann ein Stück und ich begann, über das Leben hinter der Sehnsucht zu schreiben. Ich zog noch mehr blank, was wirklich ist anstatt was ich mir erträume. Dies entstand in diesem Ausmass erst in den vergangenen drei bis vier Jahren. Die Tatsache, dass ich mittlerweile auch auf Deutsch singe, liess zusätzlich eine Maske fallen, weil es so noch direkter und nackter ist. So klar und deutlich habe ich mich noch nie beschrieben.  

Jan Seven Dettwyler steht in Berlin an einen Türrahmen respektive Hauseingang angelehnt

Mittlerweile befindet sich sein Lebensmittelpunkt in Berlin. Bild: Instagram jan.seven.dettwyler

Damit verbunden ist auch die Erweiterung Ihres Künstlernamens. War es ein langer Prozess, bis Sie zum Entschluss kamen, dass aus Seven Jan Seven Dettwyler werden soll?

Es war ein ewiger Prozess und drängte sich so lange auf, dass als ich es geschrieben vor mir sah, mich fragte, weshalb ich dies nicht schon früher realisierte. Als ich mit 21 Jahren ganz am Anfang meiner Karriere stand, wollte ein Rapper einen Refrain von mir und fragte, was für einen Namen er als Feature nennen soll. Seven war mein erster Gedanke, denn es ist meine Lieblingszahl und mein Lieblingsstück von Prince. Unterbewusst gibt man sich Anfang 20 vielleicht einen Namen, der etwas entpersonalisiert, gar verunmenschlicht. Es soll etwas Cooles, eine Kunstfigur sein. Etwas, hinter dem man sich verstecken kann. Ich wuchs mit Musikern wie David Bowie, Prince und Michael Jackson auf – alles Kunstfiguren, bei denen man nie dahinter sah. Dies reizte mich und gab mir die Möglichkeit, hinter der Figur Seven zu schreiben. Dies heisst nicht, dass ich mittlerweile nicht mehr Seven bin, aber früher war ich gegen aussen eben nur Seven. 

Wie äusserte sich dies?

Ich sprach in der Öffentlichkeit nur über Musik, gab nichts anderes preis, zeigte mich nicht im Fernsehen und sagte zu fast allem Nein. 2016 sass ich auf dem Sofa von «Sing meinen Song – Das Tauschkonzert» und wurde zu meinem Leben gefragt. Ich realisierte, dass nun Jan Dettwyler da sitzt und gefragt wird, wie er aufgewachsen ist. Dies war komplett neu für mich, denn meine Vergangenheit und mein Privatleben standen zuvor nie im Fokus. Von da an gesellte sich Jan immer mehr zu Seven hinzu, trat aus dem Hintergrund hervor. Ich dachte mir erst, dass ich den Namen nicht ändern könne. Sonst müsste ich mich ja Jan Seven Dettwyler nennen. Ich schaute es an und merkte: Ja, genau das ist die Antwort. Die Umsetzung nahm ziemlich viel Arbeit in Anspruch, denn der technische Aufwand dahinter war gross. 

Fühlen Sie sich durch die neu gewonnene Intimität während der Konzerte dem Publikum näher?

Es ist erstaunlich: Ich als egoistischer Tagebuchschreiber antizipiere während des Schreibens nicht, was mit den HörerInnen passiert. Vielmehr steht der therapeutische Aspekt im Vordergrund. Wenn die Leute dann meine Musik hören, ist dies zu Beginn immer etwas befremdlich, weil sie quasi mein Tagebuch kennen. Die Konzerte sind die letzten drei bis vier Jahre extrem viel emotionaler geworden – sowohl für mich als auch für das Publikum. So gibt es immer wieder ergreifende Momente, wie zum Beispiel beim Konzert im Volkshaus, als ich auf der Bühne genauso weinen musste wie auch das Publikum. So etwas wäre vor zehn Jahren unmöglich gewesen, weil ich mich dafür geschämt hätte und darum auf dieser Ebene nichts gesendet habe. Entsprechend kommt auch nichts zurück. Hierbei haben sich beide Seiten entwickelt. Ich lasse es grundsätzlich in meinem Leben zu und das Publikum an meinen Konzerten. 

Jan Seven Dettwyler bei seinem Überraschungsauftritt im Zürcher Hauptbahnhof. Er singt mit seiner Band auf der Bühne

Jan Seven Dettwyler bei seinem Überraschungsauftritt im Zürcher Hauptbahnhof. Bild: Peter Rauch

Erhalten Sie dadurch vom Publikum mehr von der vielzitierten Energie zurück?

Es ist immer sehr emotional und obwohl meine Konzerte heute länger und komplexer sind, bin ich anschliessend viel weniger ausgelaugt als früher. Denn ich muss nichts zurückhalten, es gibt keine Schutzmauer mehr. Es ist nicht so, dass ich mich früher verstellt hätte, sondern hielt ich die Emotionen einfach zurück. Heutzutage ist es viel entspannter; zwar strenger, dafür weniger anstrengend. 

Sie haben noch ein anderes aufregendes Projekt: Wir dürfen uns auf «Asterix der Aargallier» freuen, das am 8. Oktober erscheint. Bei diesem Projekt haben Sie den ersten Band «Asterix der Gallier» ins Schweizerdeutsche übersetzt. Wie kam die Zusammenarbeit zustande?

Ich wurde vom Verlag angefragt und war erst skeptisch, dachte, warum sie nicht einfach einen Mundart-Übersetzer nehmen möchten. Sie erklärten mir dann, dass es nicht bloss um eine Übersetzung gehe, sondern dass ich eine Carte blanche genösse. Bloss die Namen der Hauptprotagonisten seien unveränderlich. So sagte ich sehr gerne zu und brachte eine eigene Note ein. So wurde aus den Galliern die Aargallier, die nicht von den bösen Römern bedroht werden, sondern von den Zürchern. Ich habe mit Klischees gespielt, unter anderem kommt auch ein Bündner Spion vor.  

Dies klingt nach einem ziemlich grossen Projekt.

Das war es tatsächlich, denn ich wollte es gut machen und die verschiedenen Dialekte authentisch erfassen. Dafür ging ich in verschiedene Dörfer, hörte mich zum Beispiel in den Beizen um, welche Begriffe typisch sind und baute diese dann ein. Als Lektorin beauftragte ich eine Mundart-Spezialistin, um die Authentizität zu gewähren und ich arbeitete mit Frank Baumann zusammen. Ich bin grundsätzlich ein grosser Fan von den verschiedenen Schweizerdeutschen Dialekten.  

Cover des Asterix-Bands "Asterix der Aargallier" von Jan Seven Dettwyler

Asterix als Aargauer? Jan Seven Dettwyler macht es möglich. Im deutschsprachigen Raum erscheinen die Abenteuer von Asterix und Obelix in der Egmont Comic Collection. Bild: ASTERIX®- OBELIX®- IDEFIX® / © 2024 LES ÉDITIONS ALBERT RENE / GOSCINNY-UDERZO

Es gibt auch deutsche Mundart-Asterix-Bände, in denen er Fränkisch, Sächsisch oder Hessisch spricht. Haben Sie sich davon inspirieren lassen?

Ich stöberte in diesen Bänden, legte sie jedoch rasch zur Seite. Ich spürte, dass es nicht das Richtige ist, sich daran zu orientieren, denn sie wurden mit wenigen inhaltlichen Änderungen übersetzt. Dies wollte ich jedoch nicht, denn ein Asterix-Band, der bloss ins Schweizerdeutsche oder in den Aargauer Dialekt übersetzt ist, braucht niemand. Es sollte auch inhaltlich ein Schweizer Band sein und so lautet in meiner Version zum Beispiel der Ausruf nicht mehr «Beim Teutates!» sondern «Beim Peach Weberus!». Zum Glück fand auch der Verlag meinen Ansatz klasse. 

Was verbinden Sie für Erinnerungen mit Asterix?

Es ist für mich Kindheitserinnerung pur. Asterix und Lucky Luke waren meine Lieblingscomics. Meine beiden Söhne sind 7- und 14-jährig und lesen nun dieselben Bände, wie ich sie schon in den Händen hielt. Plus auch einige Neue, die in der Zwischenzeit hinzugekommen sind. Asterix ist also ein Teil meiner Kindheit und nun ein Teil der Kindheit meiner Kinder. 

Zur Person 

Jan Seven Dettwyler wuchs im aargauischen Wohlen auf. Er wurde in eine musikalische Familie geboren und war als 15-Jähriger Sänger in der Band Natural Acapella. Sein erstes Album «Dedicated to...» erschien 2002. 2004 folgte sein zweites Album «Sevensoul» und im Jahr darauf «Lovejam», welches es in die Top 10 der Schweizer Charts schaffte. Gar Goldstatus erreichten seine Alben «Home» (2007), «Like a Rocket» (2009), «Unplugged» (2010) sowie «The Art Is King» (2012). Auf Platz 1 respektive 2 in den Schweizer Charts schafften es ausserdem «BackFunkLoveSoul» (2015) sowie zwei Jahre später «4Colors».  

Am 13. September dieses Jahres erschien sein 13. Studioalbum «Schwarz auf Grün». Textlich verarbeitet der 45-Jährige eine grosse Trennung, aber genauso die Momente, die in der dunkelsten Dunkelheit über Nacht alles wieder zum Leuchten bringen. Er selbst spricht von einem «sehr offenen und ehrlichen Album». Mit «Schwarz auf Grün» befindet sich Jan Seven Dettwyler aktuell auf Tour in der Schweiz und Deutschland. 

Daneben hat er zum 65-Jahr-Jubiläum des ersten Asterix-Bands «Asterix der Gallier» eine schweizerdeutsche Version dafür verfasst. Aus «Asterix der Gallier» wurde «Asterix der Aargallier». Der Band erscheint am 8. Oktober. 

2016 war der Wohlener Teil der deutschen Edition von «Sing meinen Song – Das Tauschkonzert». Später war er die ersten vier Staffeln Gastgeber der Schweizer Ausgabe der Sendung, bevor er die Aufgabe an Dodo übergab. Jan Seven Dettwyler gewann 2009 den Prix Walo in der Kategorie «Pop/Rock» und erhielt 2017 an den Swiss Music Awards den «Artist Award». Im vergangenen Jahr trennte er sich von seiner Frau Zahra Abdalla und lebt nun wieder in einer Beziehung. Er ist Vater von zwei Söhnen und wohnt in Berlin.  

Einen Kommentar hinterlassen