Interview mit Dabu Bucher

«Bern passt als Stadt zu mir, ich bin nicht der Schnellste»

Dabu Fantastic präsentieren ihr neues Album «Ciao Baby, Ciao». Der Titel deutet bereits darauf hin, dass es um Verabschiedung geht. Aber auch um das Willkommenheissen von Neuem. Denn auch Bandleader Dabu Bucher blickt auf eine Zeit voller Veränderungen zurück.

Dabu Bucher, Anfang Mai fand ein besonderes Event statt, bei dem Sie dabei waren: «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» vor Live-Publikum in der Maag Halle in Zürich. Wie sah das Konzept dabei genau aus?

Der Ansatz war sehr konzertant. Das Publikum hat in kurzer Zeit sehr viel geboten bekommen, denn das Reden, das Präsentieren von Szenen aus «Sing meinen Song» und der Tausch von Stücken machte nur einen kleinen Teil aus. Vielmehr war es ein Best-of von Liedern aus der Sendung. Jene MusikerInnen, die in derselben Staffel waren, haben auch zusammen performt.

Wie war es, die Bühne mit MusikerInnen zu teilen, die bei einer anderen Staffel mit dabei waren und die Sie vorher teilweise noch nicht kannten?

Ich freute mich darauf, die TeilnehmerInnen aus meiner Staffel nach langer Zeit wieder zu sehen wie Caroline Chevin und Naomi Lareine. Auch Sänger wie Vincent Gross kennenzulernen, war cool. Im Zweifel bevorzuge ich allerdings immer noch eigene Konzerte, weil man dann einen Spannungsbogen aufbauen kann. Wenn man nur zwei Songs an einem Abend spielt, ist das natürlich nicht möglich. Es ist eher so, dass man auf die Bühne kommt, es gleich von 0 auf 100 geht, wieder zurück auf 0 und das Gleiche nochmals.

Dafür sind Sie es sich gewohnt, mit KünstlerInnen zu arbeiten, die musikalisch relativ weit weg sind. Gerade wenn man an «So Easy Mitenand» denkt, als Sie alle Lieder Ihres Albums «So Easy» mit GastmusikerInnen neu aufnahmen.

Ja, ich mag es, mit einer heterogenen Gruppe ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen, weil man sich so immer gegenseitig befruchtet. Meiner Meinung nach sind auch jene Staffeln von «Sing meinen Song» am gelungensten, in denen die unterschiedlichsten MusikerInnen dabei waren. Ich hatte dabei grosses Glück. So war mit Melanie Oesch unter anderem ein Star der Volksmusik dabei, mit Stress und Naomi Lareine auf der anderen Seite VertreterInnen der Urban Music.

Porträt Dabu Bucher

Dabu Bucher sitzt an der Bushaltestelle. Geht er gerade seine neue Freundin besuchen? Bild: Mina Monsef und Andrin Winteler

Am 24. Mai erschien das neue Dabu-Fantastic-Album «Ciao Baby, Ciao». Als Musiker ist man natürlich immer gespannt, wie das neue Album bei den Leuten ankommt. Ist die Ungewissheit nochmals grösser, wenn es sich um ein so persönliches Album handelt?

Es macht eher mein Umfeld nervös. Bei mir ist es vielmehr der Druck, denn unser letztes Album «So Easy» kam bei Fans wie KritikerInnen sehr gut an. Dass wir den entsprechend hohen Erwartungen nicht gerecht werden könnten, hätte auf die Lockerheit schlagen können. Bei «So Easy» war dies weniger der Fall, da vorher die Pandemie war und man entsprechend eine Art Neustart hinlegen konnte.

Dem neuen Album gingen zahlreiche Veränderungen in Ihrem Leben voraus, unter anderem eine Trennung, eine neue Beziehung sowie ein Umzug. Dazu die Entscheidung, das Album erstmals fremdproduzieren zu lassen. Hat man da Lust, beim neuen Album alles zu verändern – Musik, Songwriting etc.? Oder möchte man einige Parameter lieber konstant lassen, um nicht alles umzukrempeln?

Als DJ Arts und ich 2008 unser erstes gemeinsames Album komplett selbst produzierten, beschlossen wir, dass hinter jeder Platte ein neuer Prozess stecken soll, damit wir uns nicht wiederholen. Ich mag grundsätzlich Veränderungen. Wir haben auf «Ciao Baby, Ciao» nichts bewusst weitergeführt. Wenn, dann hat es sich von selbst ergeben wie beispielsweise die Chorelemente. Weil wir Mundartmusik machen, hören die Leute stark auf die Stimme und Texte. Wir sind überzeugt, dass dies als roter Faden für unsere Karriere reicht. Was sich in der Vergangenheit auch schon bei anderen Bands und MusikerInnen gezeigt hat.

Wer fällt Ihnen da konkret ein?

Das beste Beispiel ist Polo Hofer. Er veränderte seine Musik immer wieder und trotzdem hörte man aufgrund seiner Stimme und der Texte immer umgehend, dass es Polo Hofer ist. Auch uns gibt dieser Umstand grosse Freiheiten, da wir für jedes Album quasi eine Carte blanche haben. Sich während der Albumproduktion an den Fans zu orientieren, wäre falsch, denn es geht dabei um den künstlerischen Ausdruck. Man muss das machen, was aus einem herauskommt und Spass macht. Diesbezüglich waren wir bei «Ciao Baby, Ciao» sehr konsequent: Produzent Thomas Fessler schaute, dass der Spass immer im Vordergrund steht. Wenn wir uns verfahren hatten, wechselten wir den Song oder zogen ein zusätzliches Instrument herbei und probierten einfach mal aus, um den Spieltrieb anzuregen.

Dabu Fantastic am Set

Dabu Fantastic gehören längst zu den bekanntesten Mundart-Bands. Bild: Mina Monsef und Maxx Schmid

Wie habt ihr euch in der Vergangenheit wieder befreit, wenn ihr in einer Sackgasse steckten?

Wir hatten für jedes Album Leute, die uns von externer Seite berieten. Bei «Hallo Hund» und «Drinks» halfen Andi Hug und Disu Gmünder von Patent Ochsner mit; bei «So Easy» coachte uns Nik Hartmann. Neu war, dass die kompletten Files nicht auf unserem Computer gespeichert waren. Das heisst, wenn wir nicht bei Thomas Fessler waren, arbeiteten wir nicht am Album. Dies war sehr befreiend. Es gelang uns in der Vergangenheit auch nicht immer, uns aus Ecken zu manövrieren. Bei «Schlaf us» zum Beispiel passierte dies mehrmals und es machte dann auch keinen Spass mehr. Dies hört man dem Album auch an, dass teilweise die Freude beim Produzieren fehlte. Erst während der Pandemie beschloss ich, zu stoppen, wenn der Spass nicht mehr gegeben ist.

Warum?

Ich musste mich neu definieren, denn ich wusste nicht, ob ich auch in Zukunft von der Musik würde leben können. Ich sagte mir, dass ich dies immer möchte, aber noch radikaler das tun werde, was mir Spass macht. Wenn ich schon nichts dabei verdiene, soll ich zumindest keine Kompromisse eingehen müssen. Nun habe ich sogar den Foifer und das Weggli. Dies ist sehr befreiend und «So Easy» sowie «Ciao Baby, Ciao» waren die ersten Alben ohne Krampf und Kampf während der Produktion.

Sie haben es erwähnt, das Element der Chormusik aus «So Easy» wird auf «Ciao Baby, Ciao» in veränderter Form weitergeführt. Ging es dabei um eine musikalische Evolution?

Bei «So Easy» faszinierte mich dies extrem. Nun war es etwas anderes, weil wir es bereits gemacht haben. Ich bin wie ein kleines Kind im Spielzimmer: Ich muss zwingend jenes Spielzeug ausprobieren, mit dem ich noch nie gespielt habe. Die Chorelemente waren mega und werden immer Teil meines Lebens sein, aber nun interessierte ich mich wieder für anderes. Unter anderem wollte ich mehrere Lieder auf dem Album haben, in denen es um Sex geht. Es gibt viel zu wenige Mundartsongs, in denen explizit dieses Thema behandelt wird. Ich liebe Mundart, aber es ist halt eine einfache Sprache. Das Vokabular ist vergleichsweise begrenzt und man kann Dinge nicht auf viele verschiedene Weisen ausdrücken. Ich wollte nun auf charmante Art und Weise über das Thema Sex singen – es sollte keinesfalls plump sein – und schauen, was hierbei sprachlich möglich ist.

Rina zwischen Dabu Fantastic auf der Couch

Die junge Appenzeller Musikerin Riana wurde soeben an den Swiss Music Awards zum «SRF 3 Best Talent» gekürt und wird auf der kommenden Tour jeweils für Dabu Fantastic den Abend eröffnen. Bild: Facebook Dabu Fantastic

Fällt einem das Songwriting sogar einfacher, wenn man in seinem Leben Veränderungen und Prozesse durchlebt, als wenn Status Quo herrscht?

In meinem Fall stimmt die These nicht, dass es mir schlecht gehen muss, um viel zu schreiben. Ich schreibe eigentlich immer an Liedern. Toll war in diesem Fall, dass ich aus einer Verzweiflung heraus an das Album heranging: «So Easy» war jenes Album, welches ich immer schon machen wollte – was sollte also als Nächstes kommen? Die Veränderungen in meinem Leben mit der Trennung, das Eingehen einer neuen Beziehung, der geplante Umzug nach Brigels kickten mich aus dem (kreativen) Loch. Entsprechend schrieb sich das Album praktisch von selbst. Ein schöneres Gefühl gibt es kaum. Ansonsten hätte es zwar auch Spass gemacht, aber es wäre anstrengend geworden. Ich hätte herausfinden müssen, wo ich hin und was erzählen will. So kamen die Geschichten von selbst. Die Antwort, was nach «So Easy» kommen soll, ergab sich.

Sie schreiben immer an Songs. Müssen Sie sich somit nie zu kreativem Schaffen zwingen?

Ich beginne sehr gerne Dinge. Es mangelt mir auch nie an Ideen. Allerdings muss ich mich teilweise dazu zwingen, die Projekte abzuschliessen. Wenn ich mich für die letzten zehn Prozent mal hinsetze, mache ich es dann doch sehr gerne. Wenn es darum geht, mit Wörtern und Silben rumzuspielen, bis es passt.

Das heisst, Sie haben noch zahlreiche halbfertige Lieder in der Schublade liegen?

Es kommt vor, dass ich einen älteren Song hervorkrame und plötzlich passt er in die Zeit. Mit «Mis Dihei» gibt es auf dem aktuellen Album ein solches Beispiel. Der Song stammt von einem Schreibprozess zum letzten Album. Der ursprüngliche Refrain gefiel jedoch keinem. Als ich dann bei jemandem in Bern übernachten durfte, lag ein Zettel mit «Fühlt euch zuhause» dort. Da realisierte ich, dass ich diesen Satz gebraucht habe: «Chum und fühl di dihei.» So passten die Puzzle-Teile des Lieds ineinander.

Dabu Bucher sitzt neben einer Fussmatte

«Fühl di dihei» liegt als Fussmatte mit passendem Motto nicht nur vor Dabu Buchers Terrassentür. Bild: Facebook Dabu Fantastic

Ist Planung beim Songwriting möglich?

Eine Tour oder ein Albumrelease ist planbar. Songwriting hingegen nicht. Ansonsten machst du dich nur verrückt, wenn es nicht funktioniert. Dann verlierst du jede Lockerheit und zumindest bei mir ist es dann so, dass ich erst recht keine Ideen mehr habe.

Sie brauchen also kein Messer am Hals mit dem Veröffentlichungsdatum vor Augen?

Für Ideen nicht. Fürs Fertigstellen brauche ich schon Druck.

Druck ist ein gutes Stichwort. Mit «Angelina» habt ihr einen Überhit gelandet. Ist dies nur Segen oder auch Fluch, da man sich anschliessend immer daran orientiert, was den kommerziellen Erfolg anbelangt?

«Angelina» habe ich immer als Geschenk und nie als Fluch empfunden. Vielen Bands und MusikerInnen gelingt nie ein Hit, der so durch die Decke geht. Ohne «Angelina» wäre vieles anders in meinem Leben. «Aline» funktioniert nun auch sehr gut. Wieder ein Frauenname, aber die beiden Songs haben eine komplett unterschiedliche Geschichte und nichts miteinander zu tun. Wir haben auch nie versucht, es zu wiederholen, um nochmals einen Hit wie «Angelina» zu produzieren.

Welche Geschichte steckt hinter dem Albumcover von «Ciao Baby, Ciao»?

Der Albumtitel deutet aufs Hallo- und Auf-Wiedersehen-Sagen hin. Es ist die Verabschiedung einer Zeit und das Begrüssen einer neuen Zeit. Zum Bild: Es passte perfekt für mich, denn eine Bushaltestelle im Nirgendwo beschreibt dieses Gefühl, wenn du zum ersten Mal zu deiner neuen Freundin fährst; du musst umsteigen, bist nervös, weisst nicht genau, wo du ist. Darum haben wir auch Bilder dazu gemacht, wie ich mit Blumen in der Hand dort sitze. Oder aber du triffst dich irgendwo zum Schlussmachen, den Bus hast du anschliessend gerade verpasst und du sitzt mindestens eine halbe Stunde lang an der Haltestelle. Zurück zu deiner nun Ex-Freundin kannst du ja nicht. Das Bild trägt ein tragisches Element wie auch eines der Vorfreude mit sich.

Es schaut aber nicht nach einer Schweizer Bushaltestelle aus.

Tatsächlich handelt es sich um ein Stockbild. Grafiker Roger Staub sendete uns verschiedene Ideen und wir waren uns einig: Dieses Bild ist es. Es enthält die Melancholie, die auch im Album mit drin steckt. «Ciao Baby, Ciao» ist zwar ein lebensbejahendes Album, beginnt jedoch mit einem traurigen Stück und schliesst mit einem Verabschiedungslied. Selbst bei einem fröhlichen Album von Dabu Fantastic soll es nicht nur Sonnenschein geben, denn das wäre nicht realistisch. Erst suchten wir nach einer ähnlichen Bushaltestelle in der Schweiz, die sich als Schauplatz eignen würde, wurden jedoch nicht fündig. So entschieden wir uns, dieses Bild zu verwenden; wir passten es nur leicht an. Wir druckten es grossformatig aus und schossen mit dem Bild als Hintergrund die Fotos.

Dabu Fantastic am Set vor Leinwand

Moment mal, das ist ja gar keine echte Bushaltestelle. Bild: Facebook Dabu Fantastic

Auch der Song «Nachem Chrieg» passt in diese Welt, in der es nicht nur schwarz und weiss gibt.

Bei «Nachem Chrieg» ist mir etwas passiert, was mir kaum je widerfährt, anderen KünstlerInnen aber scheinbar regelmässig. Ich bin in der Nacht aufgewacht mit dem Satz im Kopf «Und jetzt stell der vor, ander münd in Chrieg». Normalerweise liegt nie ein Notizbuch auf meinem Nachttisch. Doch genau in dieser Nacht per Zufall schon, um den Satz im Halbschlaf aufzuschreiben. Das Stück erzählt von Leid im Leben. Wie wir extrem traurig und komplett am Ende sein können, weil die Liebste auf den Bus geht und gleichzeitig gelingt es den Menschen auch noch, Krieg zu ertragen, wo der oder die Liebste für immer geht. Beides ist in diesem Moment das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Die Botschaft des Songs ist, dass sehr nah von uns Menschen an der Bushaltestelle stehen, welche die Liebste oder den Liebsten verabschieden und nicht wissen, ob die Person wieder zurückkommt. Diese Tragik mit meinem eigenen Glück zu kombinieren, faszinierte mich. Der Song macht mich auch beim Spielen traurig, bildet auf dem Album aber einen idealen Gegenpol zu Fröhlichkeit und Partys.

Sehr passend ist das Lied «Mis Dihei»: Sie sind vor Kurzem umgezogen. Wie gut haben Sie sich in Bern schon eingelebt?

Sehr gut. Ich wohne in Bümpliz, was für mich als Mundartmusiker natürlich ein magischer Ort ist. Büne Huber wuchs dort auf, Kuno Lauener wohnt in Bümpliz. Dazu natürlich «W. Nuss vo Bümpliz». Ich habe mich sehr darauf gefreut, nach Bümpliz zu ziehen. Ich wohne nun zum ersten Mal in meinem Leben mit einer Frau zusammen. Bis dato war ich als einsamer Cowboy viel unterwegs und bin nun so richtig zuhause angekommen. Ich schätze es auch viel mehr, in meinem eigenen Bett zu schlafen. Es ist alles sehr neu und sehr schön für mich. Ausserdem passt Bern als Stadt zu mir, ich bin nicht der Schnellste und versuche Stress möglichst zu vermeiden. In Bern spürt man an jeder Ecke die Mundarttradition der Stadt. Wir kommen entsprechend auch als Band in Bern sehr gut an, obwohl wir Zürcher sind. Die BernerInnen sind sich extrem gewohnt, Mundartmusik zu hören und feiern.

Das heisst, Sie vermissen Zürich nicht?

Was ich vermisse, ist die Heimfahrt mit dem Bandbus. Dieser fährt von unserem Studio in Zürich zum Ort des Auftritts und anschliessend wieder zurück. Ich liebte die Heimfahrten nach einer guten Show. Es ist immer ein grosses Fest mit Drinks und viel Musik. Dann dürfen wir auch darin rauchen, bei der Hinfahrt nicht, um die Stimme zu schonen. Nun fahre ich mit meinem Schlagzeuger nach Hause, der ebenfalls in Bern wohnt. Abgesehen davon vermisse ich natürlich meine Familie. Ich bin Zürcher Oberländer, fühlte mich in der Stadt Zürich nie komplett zuhause.

Werden sich mit Ihrem Umzug nach Bern auch Ihre Texte verändern? Dass sich ins Züri-Düütsch der ein oder andere berndeutsche Begriff verirrt?

Ich versuche dies zu vermeiden, weil ich mich in der Berner Musikszene nicht anbiedern will. Aber es kann natürlich schon passieren, dass irgendein Wort, das ideal reinpasst, integriert wird. Beim Texten spreche ich die Sätze jeweils laut aus und wenn ich mich mit der Aussprache wohlfühle, passt es. Wenn ich im Alltag zu bernern beginne, ist es wieder etwas anderes.

Mit «Die Fautsche Meitschi» mit Dana gibt es bereits eine kleine «Bernisierung» auf dem neuen Album.

Tatsächlich. «Du hesch die fautsche Meitschi küsst» ist ein Satz, den ein Berner Meitschi zu mir sagte. Dieser musste einfach ein Refrain sein. Dana war so nett, diesen Part zu übernehmen, obwohl sie ansonsten nie in Mundart singt. Ein anderer Dialekt hätte nicht funktioniert. Wenn ich «Die falsche Meitli» sänge, würde dies ganz anders bis «grusig» rüberkommen.

Dabu Bucher vor Publikum

Dabu Fantastic gehören längst zu den bekanntesten Mundart-Bands. Bild: Mina Monsef und Maxx Schmid

Ihr seid als Band sehr transparent. Zum Beispiel führt ihr das Format «Snack by Track», bei dem ihr die Geschichten hinter den Songs erzählt. Setzt ihr bewusst auf Nahbarkeit für eure Fans?

Wir haben beim letzten Album festgestellt, dass es die Fans interessiert, wie die Songs entstanden. Für uns ist der Aufwand gering, wir picknicken bloss auf einer Wiese und reden über Musik. Auf Social Media zeigen wir uns offen und nah bei den Leuten, weil wir dies besser machen können als Weltstars wie Coldplay. Wir werden nie eine solche Show wie sie inszenieren oder mit den weltbesten ProduzentInnen zusammenarbeiten können. Dafür kann ich jede Nachricht, die reinkommt, persönlich beantworten, was auch geschätzt wird. Mein Privatestes gebe ich hingegen nicht preis.

Besteht dadurch auf der anderen Seite die Gefahr, dass man als Band an Reiz verliert, wenn man die Aura des Geheimnisvollen und Unnahbaren aufgibt?

Ich empfinde Nahbarkeit immer als sympathisch, solange eine Abgrenzung möglich ist. Es kommt auch vor, dass mir Menschen von ihrer psychischen Krankheit schreiben. Ich bin natürlich der Falsche, um Auskunft geben zu können und antworte jeweils, dass er oder sie sich an eine professionelle Person wenden soll. Grundsätzlich sind SchweizerInnen im Umgang sehr angenehm, werden kaum übergriffig.

Bald steht ihr wieder auf der Bühne. Ursprünglich habt ihr primär in urbanen Gebieten gespielt, mit «So Easy» dann ländlichere Orte bespielt. Bei der kommenden Tour wird es beides sein. Bildet hier die goldene Mitte die ideale Lösung?

Dies ist für uns tatsächlich der beste Weg. Als ich zu unseren Bookern für den zweiten Teil der «So Easy»-Tour ging und fragte, ob wir ausschliesslich in Locations spielen können, in denen wir noch nie auftraten, wurde dies erst kritisch aufgenommen. Es funktionierte jedoch hervorragend mit ausverkauften Konzerten. Dies lehrte uns, dass wir die Leute ausserhalb der urbanen Zentren nicht vergessen dürfen. Viele Bands schätzen dies falsch ein und fokussieren sich auf die grossen Städte für ihre Konzerte.

Wobei es auch eine finanzielle Frage sein kann, ob sich Auftritte weiter ausserhalb vor einem kleineren Publikum lohnen.

Das ist so. Manche Konzerte finanzieren wir auch quer durch Festivalauftritte, da wir eben auch an kleineren Orten auftreten möchten. Ich mag Geschichten und verschiedene Menschen und dort erlebt man nun mal anderes als in Zürich oder Basel. Und ich möchte auf keines davon verzichten.

Dabu Fantastic auf der Bühne

Bereits 2015 traten Dabu Fantastic im Rössli Stäfa auf. Nun wird ihre Tour dort am 1. November vor ausverkauften Rängen starten. Bild: Facebook Dabu Fantastic

Ihr werdet mit dem neuen Album sowohl im Sommer auf Festivaltour gehen als auch im Herbst auf Clubtour. Was von beidem sagt Ihnen mehr zu?

Ich liebe Festivals, sie sind das Dessert des Musikjahres, wobei wir 2024 ausnahmsweise mit dem Dessert beginnen. Am liebsten mag ich Desserts nach einem währschaften Essen – den Clubkonzerten. Beides macht ohne das andere keinen Sinn. Wenn ich mich jedoch entscheiden müsste, wären es die Clubs für mich. Weil die Auftritte länger sind, man mit dem Publikum anders kommunizieren kann. Ich bin allerdings froh, muss ich mich nicht entscheiden, denn Festivals sind ebenfalls genial.

Der 13. Juni wird ein sehr spezieller Tag für Sie sein, wenn Sie erstmals in Ihrem Heimatort Mönchaltdorf am Regionalturnfest auftreten werden. Werden Sie versuchen, diesen Auftritt möglichst wie jeden anderen anzugehen?

Das ist gar nicht möglich. Es wird sehr besonders und ein Nachhausekommen. Ich werde sogar bei meinen Eltern übernachten. Es gibt sonst kaum eine Möglichkeit, in Mönchaltdorf ein Konzert in dieser Grösse zu spielen. Es werden nur schon hunderte TurnerInnen mit dabei sein, was für einen tollen Rahmen sorgen wird. Wir werden vor dem Konzert auch noch eine Führung durch das Dorf machen. Diesen ganz speziellen Abend gilt es zu geniessen.

 

Zur Person

Dabu Bucher wuchs in Mönchaltdorf im Zürcher Oberland mit drei Schwestern auf. Schon früh war Musiker sein Berufswunsch, vorerst wurde der 43-Jährige jedoch Oberstufenlehrer. Ursprünglich als Musiker solo tätig, gründete Dabu Bucher 2008 mit DJ Arts die Band Dabu Fantastic. Im Jahr darauf erschien das erste Album «Agglo Disco», 2010 folgte «Discochugle» und 2011 «Disco Titanic».

Ein Jahr später gelang der erste grosse Erfolg mit der Auszeichnung als «Best Talent» an den Swiss Music Awards. Seit 2014 stiegen Dabu Fantastic mit ihren Alben «Hallo Hund», «Drinks», «Schlaf us» sowie «So Easy» jeweils in die Top 5 der Schweizer Hitparade ein. Zu letzterem wurde auch eine Dokumentation produziert. Ihre Single «Angelina» erreichte 2016 Platinstatus und gewann den Swiss Music Award als «Best Hit». Hinzu kommen unter anderem das Live-Album «Die fantastischen Wir – Live im Plaza» (2016) sowie «So Easy Mitenand» (2023), für welches sämtliche Songs von «So Easy» mit GastmusikerInnen neu aufgenommen wurden. Am 24. Mai erschien nun das neue Album von Dabu Fantastic «Ciao Baby, Ciao».

Neben Dabu Bucher (Gesang) und DJ Arts besteht die Band aktuell aus Sam Senn (Gitarre), Gianluca Giger (Bass), Fäbu Bürgi (Schlagzeug) sowie Kenny Niggli (Keyboard, Synthesizer, Piano).

Dabu Bucher ist Multiinstrumentalist, spielt unter anderem Schlagzeug, Klavier und Gitarre. Er war Teil der dritten Staffel der Sendung «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert». Ausserdem leitet er das rätoromanische Musikprojekt Mattiu künstlerisch.

Dabu Fantastic werden im Sommer auf verschiedenen Festivals spielen sowie ab 1. November auf Konzerttour sein. Unter anderem stehen Auftritte in der Galvanik Zug (22. November), im Salzhaus Winterthur (6. Dezember) sowie im Kaufleuten Zürich am 6. März 2025 an.

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