Hundstage in der Mühle Tiefenbrunnen

Lesungen und Musik unter freiem Himmel

An den wohl heissesten Tagen dieses Sommers lädt die Mühle Tiefenbrunnen zu einem gratis Open-Air-Festival in Zürich ein. Die Hundstage präsentieren vom 12. Juli bis 17. August wöchentlich Lesungen und Künstlergespräche am Freitag sowie Konzerte von lokalen Kleinkünstlern am Samstag.

Im gedeckten Hof der Mühle Tiefenbrunnen startet am 12. Juli ein inspirierendes Programm. Im Hochsommer vom 12. Juli bis 17. August lädt die Mühle jeden Freitag um 20 Uhr zu Gesprächen mit Künstlern und Schriftstellerinnen ein. Samstags wird in der Mühle während der Hundstage pünktlich ab 20:30 Uhr musiziert und da keine Tickets verkauft werden, können auch interessierte Passanten die Atmosphäre und Klänge des Events geniessen. Fürs leibliche Wohl soll ebenfalls gesorgt sein, denn an der Aussenbar und Streetfoodständen von Maison du Mezze wird jeweils ab 18 Uhr leckeres Essen angeboten.

Poster der Hundstage

Leider haben die Hundstage kaum etwas mit den flauschigen Vierbeinern zu tun. Bild: Facebook Mühle Tiefenbrunnen

Der Name des Festivals mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen, lässt sich jedoch leicht erklären. Die Hundstage werden die heissesten Sommertage zwischen Juli und August genannt, da der Stern Sirius aus der Konstellation des Grossen Hundes während dieser Zeitspanne einst als erstes am Morgenhimmel zu erkennen war. Dies trifft astronomisch zwar nicht mehr zu, doch der Name der Hochsommertage hat sich längst etabliert.

Van Gogh neu entdeckt

Ein etwas längeres Programm steht am Eröffnungswochenende vom 12. bis 13. Juli an. Am Freitag werden Michael Bucher und Léa Hadorn bereits um 18 Uhr das Festival mit frischem Jazz starten. Anschliessend wird die Autorin Simone Meier um 20 Uhr aus ihrem neuen Buch «Die Entflammten» vorlesen. Dieses erzählt zwei Familiengeschichten aus der Perspektive von zwei Frauen. Eine von ihnen lebt im zwanzigsten Jahrhundert und versucht, ihren Verwandten Vincent van Gogh berühmt zu machen. Die andere Protagonistin lebt einhundert Jahre später, ist Kunsthistorikerin und begeistert sich zusammen mit ihrem Vater für die Geschichte eben jener Unterstützerin von Van Gogh. So malt Simone Meier in ihrer Erzählung Porträts von zwei Familien im Zeichen der Kunst. Nach der Lesung vertieft sich die mehrfach ausgezeichnete Journalistin in ein Gespräch mit Andrea Fischer vom Verlag Schulthess.

Nach dem Gespräch wird Glauco Cataldo unter seinem Künstlernamen Blind Boy De Vita am folgenden Tag um 20:30 Uhr seine experimentellen Klänge vorstellen. Seine Bassbariton-Stimme mischt sich auf eine einzigartige Weise mit seiner folkigen und psychedelischen Musik. So entsteht ein buntes Klangerlebnis aus Texten von Cataldos italienischer Familie und Lebensweisheiten.

Eine etwas andere Stimmung verbreitet das ungarische Duo Lev Tigrovich ab 21:15 Uhr. Die Musiker wollten eine Oper über Ungarn in den Achtzigern schreiben, doch aufgrund der Pandemie wurde diese nie aufgeführt. Nun spielt das Duo ihre Musik auf Konzerten statt im Theater und begeistert mit magischen Stücken, die zugleich zeitlos und modern wirken. Lev Tigrovich verfügt über ein breites Repertoire an Liedern: von Songs zum Abtanzen über gefühlvolle Balladen bis hin zu echten Ohrwürmern.

Berührend, witzig, melancholisch

Auf dem Programm der Hundstage stehen zahlreiche weitere Autoren und Musikerinnen. Darunter ist die politische Aktivistin und Theatermacherin Mirrianne Mahn, die am 19. Juli aus ihrem neuen Buch über fünf Frauen zwischen Deutschland und Kamerun vorlesen wird. Einen etwas anderen Auftritt wird Kilian Ziegler haben, wenn der Slam-Poet und Kabarettist am 26. Juli aus seinem zweiten Buch vorlesen wird. Das Publikum kann sich auf eine humorvolle Sammlung an Bühnentexten, Aphorismen, Geschichten und Kolumnen aus Zieglers Buch «Dass es überraschend kommt, habe ich erwartet» freuen. In der Folgewoche liest Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen aus ihrem neuen Roman «Händler der Geheimnisse». Dieser verbindet Familiendrama mit Spionagegeschichte und thematisiert dabei die Nachwirkungen einer Geheimhaltungskultur, die die Nachkriegszeit prägte.

Musikalisch ist ebenfalls ein abwechslungsreiches Programm zu erwarten. Der schweizerisch-norwegische Künstler Sento wird am 20. Juli eine interessante Mischung von Funk und Hip-Hop bis hin zu Neo-Soul vorstellen. Mit etwas wärmeren Klängen und Texten von Liebe, Familie und Schicksal wird die Musikerin Malummí am 27. Juli ihr Debütalbum «Blood» vorstellen. Und eine lockerere Stimmung wird die Band Qeller am 3. August verbreiten. Mit ihren berührenden Texten und freudigen Melodien soll das Publikum zum Tanzen und Nachdenken angeregt werden.

Die Sitzplätze lassen sich bei den Veranstaltungen der Hundestage nicht reservieren. Es lohnt sich also, früh genug im Hof der Mühle zu erscheinen. Es gibt keine festen Preise für die Zuschauerschaft, doch durch Kollekte kann sie die Musikschaffenden mit Bargeld oder einer Zahlung per Twint unterstützen. Übrigens lohnt es sich bei jeder Witterung im Hof vorbeizuschauen, denn schlechtes Wetter wird die Künstlerinnen nicht von einer Lesung, einem Gespräch oder einem Konzert abhalten.

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