Dem Saisonunterbruch zum Trotz: Der SC Cham spielt in der noch jungen Saison in der Promotion League ganz oben mit. Und doch ist die Challenge League für den Traditionsverein momentan kein Thema. Sportchef und SCC-Urgestein Marcel Werder erklärt im Gespräch weshalb. Und er verrät die Gründe für das momentane Hoch.
Am 17. Oktober riss die Serie: Der SC Cham ging im zehnten Saisonspiel zum ersten Mal als Verlierer vom Platz. Vor 375 Zuschauern unterlag der SCC im heimischen Eizmoos Etoile Carouge 0:1. Trotz dieses kleinen Dämpfers ist der Saisonstart mehr als geglückt: 21 Punkte aus elf Spielen, Platz zwei mit fünf Zählern Rückstand auf Leader Yverdon. Aktuell ist die Saison coronabedingt bekanntlich unterbrochen.
Trotz dieses famosen Aufgalopps in die neue Spielzeit ist für die Chamer ein Aufstieg von der Promotion League in die Challenge League kein Thema. Warum dies so ist und wie das aktuelle Hoch nach der durchzogenen Vorsaison zu erklären ist, erzählt SCC-Sportchef Marcel Werder (43) im Interview mit FonTimes.
Herr Werder, der SC Cham hat einen Traumstart hingelegt, das Abstiegsgespenst ist im Gegensatz zur vergangenen Spielzeit in weiter Ferne. Hätten Sie dies vor Saisonbeginn erwartet?
Es ist auf jeden Fall überraschend, dass wir bereits so viele Punkte auf dem Konto haben. Allerdings hat sich in den Testspielen angedeutet, dass wir eine gute Rolle spielen können. In einer solch ausgeglichenen Liga wie der Promotion League ist ein guter Saisonstart enorm wichtig. Dies macht alles leichter.
Worauf führen Sie das aktuelle Hoch zurück?
Einerseits haben wir es geschafft, einen guten Teamspirit zu entwickeln. Die arrivierten Kräfte und die Neuzugänge harmonieren miteinander. Auf der anderen Seite konnten wir uns mit überdurchschnittlichen Spielern wie Nico Siegrist und Mario Bühler verstärken. Aber auch die anderen Neuzugänge wussten von Beginn an zu überzeugen. Die knappen Siege zu Beginn der Saison verliehen uns zusätzlich Selbstvertrauen. Bereits in der Vorbereitung konnten wir einen exzellenten Drive entwickeln. Dies fehlte uns im Vorjahr.
Trainer Roland Schwegler ist nun in seiner zweiten Saison beim SC Cham. Kommt nun seine Handschrift zum Tragen?
Absolut. Als er letzte Saison zu uns gekommen ist, hatten wir auch innerhalb der Mannschaft viele Wechsel. Entsprechend brauchte es Zeit, bis sich die Automatismen entwickelten und sich eine neue Hierarchie unter den Spielern etablierte.
Obwohl es sportlich läuft, ist es für den Verein coronabedingt keine einfache Zeit. Wie es mit sportlichen Veranstaltungen in nächster Zeit weitergeht, ist ungewiss. Könnte der SC Cham den Spielbetrieb über längere Zeit mit coronabedingten Einschränkungen aufrechterhalten? Sprich, einem begrenzten Zuschauerkontingent oder gar komplett ohne Fans.
Aktuell haben wir aufgrund unserer guten Leistungen gar steigende Zuschauerzahlen. Davon sind viele Vereinsmitglieder. Entsprechend leben wir nicht primär von den Zuschauereinnahmen. Ein halbes Jahr oder so könnten wir tatsächlich auch so überbrücken. Aber wir hoffen natürlich, dass es nicht so weit kommt und wir weiterhin auf unsere treuen Fans zählen können.
Im August musste die Mannschaft aufgrund eines positiv getesteten Spielers in Quarantäne. Wie haben Sie diesen Schockmoment erlebt, als die Nachricht kam?
Es kam natürlich aus dem Nichts. Plötzlich kam ein SMS eines Spielers, er sei positiv getestet worden. Wir waren darauf nicht vorbereitet und waren unsicher, wie vorzugehen. Die ganzen Abklärungen kosteten mich Energie – aber natürlich auch die Mannschaft, die zehn Tage lang in Quarantäne musste. Für manchen Spieler rückte der Fussball in diesem Moment in den Hintergrund, machte sich vielmehr Gedanken, was mit dem Arbeitgeber passieren würde, sollte sich dies wiederholen.
Zurück zum Sportlichen. Für den SC Cham ist die Challenge League bekanntlich keine Option, zu hoch sind die Anforderungen, unter anderem an die Infrastruktur. Sind Ihrer Meinung nach die Anforderungen von Seiten der Swiss Football League zu hoch?
Definitiv, die Auflagen sind fraglos zu hoch. So, wie wir aktuell dastehen, könnten wir diese gar nicht erfüllen – budgettechnisch und infrastrukturell. Dabei spricht es Bände, wenn man die Zuschauerzahlen in der Challenge League sieht. Unser Stadion würde den Ansprüchen absolut genügen. Das Problem ist jeweils der Aspekt der Sicherheit aufgrund der Gästefans. Für uns ist die Promotion League allerdings aktuell sicherlich die richtige Liga. Diese ist herausfordernd genug und wir bleiben trotz des guten Starts demütig.
Kann es für die Motivation der Spieler ein Problem sein, wenn man weiss, der Aufstieg ist gar nicht möglich?
Sportlich motiviert ist man immer, will das Bestmögliche erreichen. Die Challenge League ist kein Ziel für uns. Zumal wir in einer 10er Liga kaum Platz finden würden. Wenn, dann müsste die Challenge League wieder auf 16 Mannschaften aufgestockt werden. Mit anderen Worten: Die Challenge League würde erst wieder zum Thema für uns, wenn die Anforderungen gesenkt und die Strukturen angepasst würden. Wie gesagt, ist der SCC gut aufgehoben, wo er aktuell spielt und es fordert uns jedes Jahr genügend stark aufs Neue.
Ist die Promotion League aus Ihrer Sicht eine funktionierende Liga?
Eine Frage, die man sich immer wieder stellen kann. Wir spielen mittlerweile seit sechs Jahren in dieser Liga, was nicht selbstverständlich ist. Das Niveau steigt von Jahr zu Jahr. Dies, weil der Trichter oberhalb mit 20 Mannschaften zu klein ist. Dadurch fallen viele gute Spieler durch den Rost und landen in der Promotion League. Für uns ist es jedenfalls sehr wertvoll, gegen ambitionierte Mannschafen wie Bellinzona, Yverdon oder Rapperswil-Jona zu spielen und sie zu ärgern. Die Promotion League ist sportlich eine enorm attraktive Liga, wobei uns leider die Derbies abgehen.
Die Promotion League ist in erster Linie eine Ausbildungsliga – jedoch nicht nur. Ist es das Ziel des SC Cham, Spielern sowohl ein Sprungbrett in die Challenge League zu bieten als auch eine Option für Akteure darzustellen, die sich im Profifussball nicht durchsetzen konnten?
Wir möchten auf jeden Fall eine Plattform für Spieler bieten, die beispielsweise den Sprung von der U21 in die erste Mannschaft nicht schaffen. Bei uns können sie noch einmal Anlauf nehmen. In der Zentralschweiz haben wir mit Luzern, Kriens und uns aktuell eine gute Abstufung. Dadurch können wir gegenseitig voneinander profitieren. Dass ehemalige Profis zu uns kommen, kann man nicht planen. Umso schöner ist es, wenn es funktioniert. Mario Bühler beispielsweise versuchte ich vier Jahre lang nach Cham zu locken. Nun hat es gepasst.
Für einen Verein wie den SC Cham ist die Juniorenförderung sehr wichtig. Wie anspruchsvoll ist es, die Talente der Region anzuziehen? Denn diesbezüglich ist ja auch Zug 94 mit dem Team Zugerland sehr ambitioniert. Und ab einem gewissen Level ruft der FC Luzern.
Der Fussball boomt konstant bei den Jungen. Entsprechend ist es nur schon eine Herausforderung, genügend Garderoben und Juniorentrainer zu haben. Bei 25 Juniorenteams brauchen wir fast 50 Trainer. Was die Qualität der Junioren anbelangt: Es ist richtig, für die besten D- und E-Junioren der Region gibt es das Team Zugerland. Ab der U15 geht es für die allerbesten zudem nach Luzern zum FCL. Wir sind zwar in den höchsten Junioren-Stärkeklassen vertreten, doch können wir dadurch keine Junioren für die erste Mannschaft generieren, sondern für die zweite in der 2. Liga regional. Unser Ziel ist es, dieses Team mit unseren eigenen Spielern zu bestücken. Gleichzeitig müssen wir die Spieler, welche zum FCL weiterziehen, im Auge behalten. Falls sie den Sprung nicht schaffen, können wir ihnen allenfalls eine Rückkehr anbieten. Dies ist mir in den letzten Jahren doch einige Male gelungen.
Wie viele Vereinsmitglieder zählt der SC Cham?
Zählt man sämtliche Aktivmitglieder, also Spieler und Trainer, sind es rund 520. Dazu kommen noch Funktionäre und viele freiwillige Helfer. Die Zahl ist relativ stabil. Nach einer WM oder EM spürt man jeweils einen gewissen Boom im Juniorenbereich. Langfristig wird es sicherlich einen Zuwachs geben – nur schon dadurch, dass Cham stetig wächst.
Was muss man als Sportchef eines Vereins wie dem SC Cham mitbringen, um erfolgreich zu sein? Das Budget für Spielergehälter, welches Ihnen zur Verfügung steht, ist ja doch recht begrenzt.
Ich bin mittlerweile im zwölften Jahr Sportchef hier. Als ich dieses Amt mit 31 Jahren übernommen hatte, war es zu Beginn nicht leicht, beispielsweise was das Verhandeln mit Spielern oder das Fällen von unpopulären Entscheidungen anbelangt. Man muss auf jeden Fall die Fussballwelt der Region kennen und sich dafür interessieren, was ausserhalb des Platzes läuft. Zudem braucht es ein gutes Auge für geeignete Spieler, eine Leidenschaft für diesen Job und den Fussball sowie gewisse Menschenkenntnisse, um ein Team mit stimmiger Chemie zusammenstellen zu können.
Sie sind schon sehr lange mit dem SC Cham verbunden. Was sind die ersten Erinnerungen, die Sie mit dem Verein verbinden?
Als ich hier mit sieben Jahren bei den E-Junioren meine Fussballkarriere startete. Ich verbinde mit meiner ganzen Zeit hier schöne Erinnerungen: Ich durchlief sämtliche Juniorenstufen, spielte zehn Jahre lang in der ersten Mannschaft, fünf Jahre in der zweiten und zum Abschluss bei den Senioren.
Das Amt des Präsidenten war nach dem Rücktritt von Adrian Krahn ein Jahr lang verwaist. Im September konnte mit Rolf Tresch ein Nachfolger präsentiert werden. Wie wichtig war es für den Verein, mit Rolf Tresch einen Präsidenten zu gewinnen, der einen grossen Erfahrungsschatz in dieser Branche aufweisen kann?
Er ist ein absoluter Glücksfall für den SC Cham. Tresch weiss, wie man einen Verein führt, war zehn Jahre lang Präsident des FC Ägeri, dazu bis Ende 2019 Verwaltungsratspräsident des EHC Kloten. Daneben ist er ein erfahrener Geschäftsmann mit vielen Kontakten, führt ein Unternehmen mit 180 Angestellten. Für den Verein ist es wichtig, einen Repräsentanten an der Spitze zu haben.
Der SC Cham besitzt seit letztem Jahr auch einen Beirat. Unter anderem auch mit Vertretern aus der Politik mit dem Chamer Gemeindepräsidenten Rolf Ineichen und Kantonsrat Jean Luc Mösch. Ist dies ein Zeichen dafür, was der SC Cham für die Gemeinde und den Kanton für eine Bedeutung hat?
Absolut. Wir haben dank unserem Ex-Präsidenten, der nun im Beirat sitzt, eine gute Basis geschaffen. Das Zusammenspiel mit der Gemeinde ist sehr wichtig, wir spüren den Rückhalt. Der Austausch zwischen Verein und Gemeinde wird von beiden Seiten geschätzt.