Saisonal, regional und gesund sollten wir uns ernähren. Dies weiss auch der Kanton Zug, der deswegen eine Kampagne für nachhaltige Ernährung lanciert hat. Die Bemühungen, die Bevölkerung zu informieren und sensibilisieren, Akteure zu vernetzen sowie passende Ideen zu unterstützen, tragen bereits erste Früchte.
Das Forschungsinstitut Sotomo wollte 2022 im Auftrag der Migros herausfinden, wie es um das Essverhalten der Schweizerinnen und Schweizer steht. Fazit der Studie: Es ist noch Luft nach oben. Gerade was den Konsum von Gemüse und Früchten anbelangt, harzt es. Nur rund 48 Prozent der Befragten haben beim Gemüse die von Experten vorgegebenen drei Portionen täglich zu sich genommen. Bei den Früchten hat sogar nur ein Drittel der Befragten die empfohlenen zwei Portionen erreicht. Wenig prominent auf dem Schweizer Speiseplan vertreten sind ungesalzene Nüsse und Samen: Weniger als ein Drittel ass welche, nur rund ein Fünftel hält sich an die empfohlene Handvoll pro Tag. Süsses hingegen möchte Herr und Frau Schweizer nicht missen: Rund 40 Prozent der Befragten gaben an, am Vortag Süsses gegessen zu haben, bei zwei Dritteln davon war es gar eine grosse Menge – also mehr als nur ein kleines Stückchen Schokolade.
Dabei ist es nicht so, dass es uns an Angeboten mangeln würde, um uns gesund zu ernähren. Seien dies Hofläden in der Region, Apps, die einen auf dem Weg zu einer gesunden Ernährung unterstützen oder Projekte gegen Food Waste. Doch führt diese breite Angebotspalette nicht automatisch zu einer Ernährungsweise aus dem Lehrbuch. So muss man sich dieser Initiativen, Anbieter und technischen Hilfsmittel bewusst sein, um auf sie zurückzugreifen. Und selbst mit dem Wissen um deren Existenz im Hinterkopf gilt es immer noch, die Hürde der Umsetzung zu überwinden. Zu bequem ist der Besuch beim Schnellimbiss. Zu lecker die neuen Cornflakes-Guetzli aus der Plastikverpackung. Zu zeitintensiv die Gemüsezubereitung.
Die Gesichter hinter dem Hof
Der Kanton Zug bildet hierbei keine Ausnahme. Und so ergriff im vergangenen Jahr das kantonale Landwirtschaftsamt die Initiative, denn eines der Legislaturziele lautet, die Zuger Bevölkerung für eine nachhaltige, saisonale und regionale Ernährung zu sensibilisieren. Mit Smart Food Zug wurde eine vierjährige Kampagne ins Leben gerufen, die im Dezember 2023 mit einer eigenen Webseite so richtig lanciert wurde. Konkrete Ziele der Kampagne sind unter anderem, den Konsum lokaler Produkte zu fördern, Kinder für regionale Lebensmittel zu begeistern, Wissen über nachhaltige Ernährung zu verbreiten sowie Konsumentinnen und Produzenten näher zusammenzubringen.
Um die Bevölkerung bezüglich der bestehenden Angebote zu informieren, präsentiert Smart Food Zug auf seiner Webseite Akteure und Projekte, die im Kanton Zug zu einer regionalen, gesunden Ernährung beitragen. Unter anderem werden die Gesichter hinter den Produkten, sprich beispielsweise hinter den Biohöfen, vorgestellt. Hinzu kommen ein Hofladenführer, regionale Rezepte oder der Link zur App SaisonBox, mit der Gemüse und Früchte direkt vom Bauern geordert werden können. Auch eine Übersicht zu den verschiedenen Märkten im Kanton Zug findet sich auf der Seite.
Köche ohne Stallgeruch
Das Kernteam von Smart Food Zug umfasst vier Personen: Thomas Wiederkehr, Amtsleiter des Landwirtschaftsamts, Regula Iten-Knüsel, Präsidentin der Zuger Bäuerinnen, Martin Pfister als Rektor des LBBZ Schluechthof sowie Projektleiterin Beatrice Gut von der Gut Mandate GmbH. Sie betont, dass es nicht um persönliche Ernährungsphilosophien gehe oder gar darum, den Leuten vorzuschreiben, was sie essen dürfen und was nicht.
«Was unsere Plattform bewirken kann, zeigt sich zum Beispiel anhand eines neuen Projekts rund um das Gewerblich-industrielle Bildungszentrum Zug.» So wandte sich der Berufsschullehrer Christoph Wildhaber an Smart Food Zug. Er unterrichtet angehende Köche und wies darauf hin, dass diese teilweise noch nie auf einem Feld oder in einem Stall waren. In Zusammenarbeit mit Smart Food Zug ist im Juni nun ein Pilotprojekt gestartet, im Rahmen dessen die Kochlehrlinge an einem Halbtag den Buuregarte Boog in Hünenberg besuchen, dort unter anderem selber Gemüse und Beeren ernten und Kontakte in die Landwirtschaft knüpfen können. Im Herbst ist ein Halbtag auf verschiedenen Betrieben geplant, auf welchen unterschiedliche Tierhaltungssysteme kennengelernt werden. Smart Food Zug hat dabei das Konzept für die Zusammenarbeit geschrieben und die verschiedenen Akteure miteinander vernetzt.
Kita mit Acker
Sollte sich das Projekt während der Pilotphase bewähren, gilt es, dieses in ein Gefäss zu überführen, wo genügend finanzielle Mittel für eine unbefristete Fortführung gewährleistet sind. Denn Smart Food Zug wird zwar vom Kanton finanziell gefördert, hat aber nicht die Möglichkeiten, grossangelegte Projekte selbst zu finanzieren. «Dies ist auch gar nicht unser Ziel», erklärt Gut. «Vielmehr wollen wir die Projekte in gute Hände übergeben können, um Kapazitäten für Neues zu schaffen.»
Dazu soll auch eine Zusammenarbeit mit Acker Schweiz zählen. Die Organisation unterstützt Schulen, Kindergärten und Kitas dabei, einen eigenen Acker zu realisieren. Im Kanton Zug ist erst eine Schule Mitglied, dazu einige Kitas. Gemeinsam mit dem Amt für Sport und Gesundheitsförderung möchte Smart Food Zug diese Zahl erhöhen, um möglichst vielen Kindern ein Verständnis dafür zu ermöglichen, woher unsere Lebensmittel stammen und wie diese auf dem Feld wachsen.
«Hierbei ist es wichtig, dass die Zusammenarbeit nicht von oben diktiert wird, sondern das Interesse von den Schulen aus kommt», erklärt Beatrice Gut. Sie ist selbst bei Acker Schweiz beteiligt, was in diesem Fall nicht etwa Interessenkonflikte mit sich bringt, sondern gar Vorteile, denn so können Synergien und vorhandenes Know-how direkt genutzt werden.
Ideen sind willkommen
Smart Food Zug hat sich mittlerweile mit zahlreichen Akteuren rund um die Lebensmittelbranche ausgetauscht, darunter mit der IG Bio Zugerland und Vertretern aus der Gastronomie. Ein Tenor, den Gut und ihr Team dabei heraushören konnte, war, dass es vielerorts schlicht an Zeit mangle, um ein neues Projekt auf die Beine zu stellen. Ein Feld, für das Smart Food Zug mit seinem Engagement Hand bieten möchte.
Beatrice Gut ist überzeugt, dass Zug ideale Voraussetzungen für die Kampagne Smart Food Zug bietet. «Die Kleinräumigkeit des Kantons sorgt dafür, dass praktisch alle Zugerinnen in Geh- oder Velodistanz zu entsprechenden Angeboten wie einem Hofladen wohnen.» Ausserdem sei die Zuger Landwirtschaft bereits sehr kunden- und konsumorientiert. So bieten 190 der rund 500 Zuger Landwirtschaftsbetriebe ihre Produkte mit Direktvermarktungs-Angeboten feil. Gut führt diese hohe Zahl unter anderem auf die geringen Distanzen zurück.
Was es nun brauche, sei ein Schub in Bezug auf die Bekanntheit – sowohl was die Angebote anbelangt als auch für Smart Food Zug selbst. Deswegen setzt die Kampagne neu auch auf Social Media, um möglichst viele Zuger erreichen zu können. Die Projektleiterin hofft, dass dadurch auch Ideen aus der Bevölkerung an sie herangetragen werden, damit Smart Food Zug bei der Lancierung eines Projekts unterstützend zur Seite stehen kann. Alles, damit sich die Zugerinnen so saisonal und regional und damit so nachhaltig wie möglich ernähren.