Wenn es um die Umweltverträglichkeit geht, geniessen Veranstaltungen oftmals keinen besonders guten Ruf. Die Plattform Saubere Veranstaltung versucht dem entgegenzuwirken, indem sie Event-Organisatoren dabei unterstützt, ihren Anlass möglichst nachhaltig zu gestalten. Basis dafür liefert eine ehrliche Selbsteinschätzung.
Können auch Rollstuhlfahrende unser Konzert geniessen? Ist unser Turnfest auf Extremwettereignisse vorbereitet? Wie fördern wir die Anreise per Bus oder Bahn? Mit welchen Vegi-Menüs können wir punkten? Viele Organisatoren möchten ihren kulturellen oder sportlichen Event nachhaltig und umweltschonend gestalten. Auch die Ansprüche der Sponsoren an Events sind in dieser Hinsicht gestiegen. Ohne zusätzliche Unterstützung kann es eine gewaltige Herausforderung darstellen, den eigenen wie externen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.
Die Verpflichtung einer externen Nachhaltigkeitsmanagerin kann mit grossem finanziellem Aufwand verbunden sein, was insbesondere das Budget von kleineren Veranstaltungen übermässig beanspruchen würde. Als kostenlose Alternative bietet sich die Plattform Saubere Veranstaltung an. Diese bietet auf ihrer Webseite Unterstützung für Event-Organisatoren, Sponsoren sowie Bewilligungsbehörden und wird von einer Trägerschaft aus Städten, Kantonen und Bund getragen.
Entstanden ist die Plattform 2017 durch die Fusion der IG Saubere Veranstaltung sowie ecosport.ch. Letztere entstand 2001 mit einer Trägerschaft aus Swiss Olympic und Bundesämtern, während die IG Saubere Veranstaltung 2006 von Kantonen und Städten gegründet wurde und den Fokus auf Littering und Abfall legte. Seit Januar dieses Jahres ist die Nachfolgeplattform Saubere Veranstaltung keine IG mehr, sondern als Verein organisiert: Schweizer Verband für nachhaltige Events, kurz SVNE, mit Sitz in Basel. «Durch die Umwandlung findet eine Institutionalisierung statt und wir geniessen durch die gesteigerte Unabhängigkeit eine grössere Sicherheit, was die Zukunftsplanung anbelangt», erklärt Marianne Gehring, Präsidentin des Vereins SVNE. Daneben ist sie Projektleiterin Umwelt im Generalsekretariat der Baudirektion des Kantons Zürich.
Tue Gutes und sprich darüber
Saubere Veranstaltung hat neun Handlungsfelder definiert, zu denen sich Interessierte informieren können. Dazu gehören Natur und Landschaft, Lebensmittel, Energie und Infrastruktur sowie Verkehr und Transport. Dem voraus geht das Handlungsfeld Management und Kommunikation, das unter anderem die Bestimmung einer Person aus dem OK, die sich um den Bereich Nachhaltigkeit kümmert, beinhaltet. Gehring betont, wie für die Stärkung der Nachhaltigkeit eines Events die interne wie die externe Kommunikation einen entscheidenden Pfeiler bildet. «Die Nachhaltigkeitsmassnahmen haben am meisten Erfolg, wenn sie mit allen Beteiligten abgesprochen sind. So können die Verantwortlichen die Gründe für die Massnahmen nachvollziehen und sind motiviert für die Umsetzung.»
Auch gegen aussen soll keineswegs ein Versteckspiel betrieben, sondern die Massnahmen kommuniziert und präsentiert werden. «Auf diese Weise kann man die Leute inspirieren, beispielsweise indem man konsequent auf eine Anreise via ÖV setzt und dies dann von anderen Event-Organisatorinnen oder Privatpersonen übernommen wird», veranschaulicht Gehring. Im Bereich Verkehr und Transport ortet sie generell den grössten Hebel, da zum Beispiel eine Anreise der Künstler oder Sportlerinnen via Flugzeug die Umwelt um ein Vielfaches belastet im Vergleich zur Verwendung von Dieselgeneratoren – doch auch die grössten Hürden bei der Umsetzung. Bei Festivals könne man zumindest darauf achten, Acts zu buchen, die sich bereits im nahen Ausland auf Tournee befinden, doch im Sportbereich liessen sich eingeflogene Akteure teilweise nicht verhindern, fügt sie hinzu.
Dass eine umfangreiche Kommunikation der grünen Handlungen Fälle von Greenwashing fördern könnte, glaubt Marianne Gehring nicht. Im Eventbereich sei dies viel schwieriger als anderswo, da für Aussenstehende ja sichtbar sei, welche Massnahmen tatsächlich wie umgesetzt werden. Anders sehe es aus, wenn ein Veranstalter erklärt, er kompensiere den gesamten CO2-Ausstoss, da hierbei eine Kontrolle ungleich schwieriger ist und eine Kompensation eine Vermeidung der Umweltbelastung nicht vollumfänglich ersetzen kann. Gehring betont in diesem Zusammenhang, dass sie bei vielen Organisatorinnen mittlerweile eine ehrliche Motivation wahrnehme, den eigenen Event möglichst umweltschonend durchzuführen.
Nicht nur für Musterschüler
Wie weit sie auf dem Weg dorthin bereits sind, können sie unter anderem mithilfe des Tools Eventprofil auf der Webseite von Saubere Veranstaltung herausfinden. Zu den erwähnten Handlungsfeldern können verschiedene Fragen ausgefüllt werden und am Ende zeigt ein Netzdiagramm auf, in welchen Bereichen man bereits wie vorbildlich unterwegs ist. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass Veranstalterinnen aus sämtlichen Regionen der Schweiz ihren Event bereits erfasst haben, darunter die Para- und Rad-WM diesen Herbst in Zürich, das Filme für die Erde Festival sowie der Swiss City Marathon in Luzern.
Dabei fällt auf, dass die allermeisten Veranstaltungen sehr positiv abschneiden, was zur Frage führt, ob Saubere Veranstaltung überhaupt jene Events erreicht, die noch grösseren Aufholbedarf in Umweltfragen haben. «Dies ist unser Ziel. Wir versuchen, den Einstieg so einfach wie möglich zu machen», sagt Gehring. Dies geschieht unter anderem über die Zusammenarbeit mit Swiss Olympic, denn sämtliche Events, die unter dem Schirm des Dachverbands stattfinden, müssen gewisse Nachhaltigkeitsstandards erfüllen. Auch über visuelle Präsenz arbeite man, beispielsweise indem das Angebot von Saubere Veranstaltung online bei Bewilligungs- respektive Gesuchsformularen sichtbar ist.
Welcher Ersatz für Giveaways?
Marianne Gehring gibt zu, dass bei manchen Massnahmen, um die Klimabilanz seines Anlasses zu verbessern, innovative Ideen und Kreativität gefragt sind. So setzen Eventsponsoren statt auf gedruckte Flyer und das Verteilen von Gratismustern eher auf Mobile Apps und QR-Codes, zum Beispiel für Ranglisten. Optische Präsenz gelingt auch über Stände vor Ort. Auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Event sei es nicht nötig, das gesamte Konzept von einer Austragung zur nächsten komplett umzukrempeln, da man dadurch riskiere, treue Besucherinnen vor den Kopf zu stossen.
Stattdessen gilt es, Anpassungen Schritt für Schritt einzuführen, zu beobachten und analysieren, wie diese beim Publikum ankommen. Gerade bei langjährigen Veranstaltungen brauche es dafür etwas Mut, doch könne sich dieser umso mehr lohnen, wenn sich eine klimaschonende Änderung durchsetzt. Dabei hilft, dass auch die Besucherschaft in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit immer stärker sensibilisiert ist. «Natürlich hängt dies von der Art des Events und entsprechend des Klientels ab, doch nehmen wir auf jeden Fall ein zunehmendes Bewusstsein bei den Besuchern wahr», sagt Gehring. So gebe es durchaus Veranstaltungen, an denen Einweggeschirr auf grossmehrheitliche Ablehnung stiesse.
Nachhaltigkeit betrifft nicht nur die Umwelt
Saubere Veranstaltung unterstützt also Event-Organisatoren und Behörden mit seiner Plattform inklusive zahlreicher Verlinkungen zu ausführlichen Leitfäden auf dem Weg zu einem grüneren und sozial nachhaltigen Anlass. Dabei geht es auch um Eigenverantwortung, denn Verbindlichkeiten sind mit dem Ausfüllen des Eventprofils keine verbunden. Der Verein unterstützt auch Gemeinden und Städte, die bei Anlässen, die sie fördern oder bewilligen, die Nachhaltigkeit stärken möchten. Eine persönliche Beratung für Events bietet Saubere Veranstaltung nicht an. Dafür gebe es bereits spezialisierte Unternehmen. Behörden können jedoch von Beratungen durch Saubere Veranstaltung profitieren und beim Verein Mitglied werden.
In diesem Jahr lag der Fokus des Vereins auf der Überarbeitung der Massnahmenliste des Eventprofils. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern und dem Beratungsunternehmen EBP wurden die Massnahmen aktualisiert und neue Handlungsfelder aus den Bereichen Barrierefreiheit und sozialer Zusammenhalt definiert, denn auch Inklusion und das Verhindern von Diskriminierung sind Teil eines nachhaltigen Events. Als nächster Schritt folgt nun die Weiterentwicklung des Online-Angebotes. Für die Zukunft strebt der Verein an, Netzwerkanlässe, an denen sich Veranstalter oder Behörden austauschen können, sowie Workshops anbieten zu können.