Für die Zuger Kinos geht es aufwärts – doch wie lange?

«Die BesucherInnen sind einfach froh, wieder ins Kino gehen zu können.»

Trotz Maskenpflicht und halbvollen Sälen herrscht in den Zuger Kinos mittlerweile wieder so etwas wie Normalität, selbst Snacks und Getränke sind wieder erlaubt. Auch die Filmknappheit ist kein Thema mehr. Thomas Ulrich, Geschäftsführer der Zuger Kinos, bleibt jedoch verhalten optimistisch.

Es schüttet wie aus Eimern, Seen und Flüsse treten über die Ufer und die Hochwasserwarnungen reissen nicht ab. Eine Besserung der Wetterlage ist ausserdem nicht in Sicht. Diese Schlagzeilen dominierten den Juli. Während dieser verregnete Sommer den allermeisten Menschen grosse Sorgen bereitet und viele wenn möglich das Weite suchen, sollte Thomas Ulrich darob eigentlich in Jubelstürme ausbrechen. Denn Ulrich ist Geschäftsführer der Zuger Kinos (Seehof und Gotthard in Zug sowie Lux in Baar). Und jedes Kind weiss, je schlechter das Wetter, desto mehr KinobesucherInnen. Oder?

Ulrich relativiert: «Das Wetter hat natürlich einen Effekt auf unsere Besucherzahlen. Es ist jedoch längst nicht das einzige Kriterium und es ist eher so, dass gutes Wetter für die Kinos als Ausrede dient», erklärt Ulrich mit einem Schmunzeln. Der Sommer bedeute auch bei strahlendem Sonnenschein keineswegs Flaute. Dass der Kinobesuch saisonabhängig ist, sei schon seit vielen Jahren nur noch ein Mythos. «In den vergangenen Jahren liefen die erfolgreichsten Filme immer wieder auch im Sommer. Das spricht für sich», führt er aus.

Ein trauriges Kinojahr 2020

Trotzdem: Schädlich ist das miese Wetter für das Geschäft der Kino Hürlimann AG, der Betreiberin der genannten Kinos, natürlich nicht. Es ist ein mehr als willkommener Boost, mussten die Kinos in den vergangenen Monaten doch zahlreiche Rückschläge verkraften, die direkt oder indirekt in Zusammenhang mit der Coronapandemie stehen. Insgesamt 180 Millionen Franken Umsatz büssten die Schweizer Kinos 2020 ein. Mitte Dezember mussten sie erneut schliessen. Nachdem die Filmprojektoren über vier Monate lang kalt blieben, folgte im April der Entscheid des Bundesrats, dass die Lichtspielhäuser ihre Türen wieder öffnen dürfen.

Viele Kinobetreiber wurden vom Entscheid überrumpelt, so auch die Kino Hürlimann AG. Trotzdem war für Ulrich und Co. klar: Wenn wir öffnen können, öffnen wir. «Wir wollten unseren loyalen BesucherInnen endlich wieder einen Kinobesuch ermöglichen», erklärt Ulrich. Ausserdem weist er darauf hin, dass der Mensch ein Gewohnheitstier sei. «Wir fürchteten, dass die Leute den Kinobesuch irgendwann aus ihrer Liste von Gewohnheiten streichen würden, wenn wir zu lange geschlossen bleiben.»

Kino Seehof

Das Kino Seehof wurde als erstes in Zug wieder eröffnet. Bild: Instagram Zuger Kinos

Die Wiedereröffnung als Kraftakt

Am 22. April startete der Filmbetrieb im Kino Seehof wieder. Gleich aus mehreren Gründen war die rasche Wiedereröffnung ein Kraftakt, wie Ulrich betont. So musste nicht nur kurzfristig Personal aufgeboten werden, sondern auch Plakate gedruckt, die Webseite aktualisiert und die Kinosäle einsatzbereit gemacht werden. «Wir hatten deswegen gleich zwei 100-Stunden-Wochen am Stück», erinnert er sich zurück.

Das grösste Problem war jedoch ein anderes: Die Verfügbarkeit der Filme. Die grossen und für die Zuger Kinos wichtigsten Filmländer wie Deutschland, die USA und Frankreich waren «zu», «und nur mit Schweizer Filmen funktioniert unser Betrieb nicht», fügt Ulrich hinzu. Der Filmengpass war auch der Grund, weshalb die anderen Zuger Kinos ihren Betrieb erst später wieder aufnahmen: das Gotthard am 13. Mai, das Lux gar erst am 9. Juni.

Endlich wieder Popcorn und Glacé

Aus finanzieller Sicht war die verspätete Wiedereröffnung verkraftbar. Denn bis das Konsumationsverbot in den Kinos im Juni aufgehoben wurde, rechnete sich der Betrieb nicht wirklich, wie Ulrich verrät. «Vereinfacht ausgedrückt sichern uns die verkauften Tickets den Betrieb und die Einnahmen aus dem Snack- und Getränkeverkauf sorgen für den Gewinn», rechnet er vor. Nun habe sich die Lage entspannt, die BesucherInnen seien glücklich, zum Film wieder Popcorn und Glacé geniessen zu können. «Für viele gehört die Konsumation zum Kinobesuch einfach dazu», zeigt Ulrich Verständnis.

Auch sonst hält die Normalität Schritt für Schritt wieder Einzug in die Kinosäle. Seit Anfang Juli sind wieder mehr neue Filme aus den grossen Nachbarländern und den USA verfügbar und die Anzahl der Vorstellungen pro Woche konnte entsprechend nach oben geschraubt werden. Ulrich freut sich, dass sich die Lage entspannt hat und hofft, dass die epidemiologische Lage sich nicht wieder soweit verschlechtert, dass es für die Kinos zu neuen Einschränkungen kommen wird.

Von einem Zustand, wie er vor der Pandemie geherrscht hat, sind die Kinos jedoch freilich noch weit entfern. So herrscht weiterhin eine Maskenpflicht, nur zum Essen und Trinken (sitzend) darf sie kurz runtergezogen werden. Doch Ulrich relativiert: «Die BesucherInnen haben damit überhaupt kein Problem und sind einfach froh, wieder ins Kino gehen zu können.» Schliesslich hatten sie in den letzten Monaten genug Zeit dafür, sich zuhause auf dem Sofa oder im Bett in der Decke eingekuschelt Serie um Serie, Film um Film anzuschauen.

Der volle Kinosaal ist noch weit weg

Homeoffice, schlechtes Wetter, fehlende Veranstaltungen und teilweise soziale Isolation – für viele Menschen waren die letzten Monate keine einfache Zeit. Sehnen sich die KinobesucherInnen deswegen nach leichter Unterhaltung und entsprechend nach Komödien? Ulrich dazu: «Zwischen den Lockdowns hatten wir tatsächlich diese Karte gespielt und eher leichtere Filme gezeigt. Tatsache ist jedoch, dass die Leute ins Kino gehen, um einen guten Film zu schauen. Ob dieser heiter oder eher düster ist, ist dabei nicht das entscheidende Kriterium.»

Aktuell kann der Film noch so überzeugen – die Kinosäle sind trotzdem nicht voll. Grund dafür ist, dass sie nur zu zwei Dritteln ausgelastet werden dürfen. Für Ulrich teilweise eine schmerzhafte Einschränkung: «Bei einigen Vorstellungen könnten wir deutlich mehr Tickets verkaufen. An einem Samstag waren beispielsweise sechs von acht Vorstellungen ausverkauft.»

Trotzdem blickt Ulrich optimistisch nach vorne, freut sich darüber, dass in den vergangenen Wochen mehrere grosse Filmproduktionen in den Zuger Kinos gestartet sind. Auch stimmt es ihn positiv, dass bald wieder Events anstehen, die direkt oder indirekt mit den Zuger Kinos zu tun haben. So beispielsweise der Tag des Kinos am 5. September, das Genuss Film Festival (16. bis 23. September) und die Zuger Filmtage (2. bis 6. November). Diese Veranstaltungen seien immer auch eine Möglichkeit, ein anderes Publikum anzulocken.

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