Einblicke in Kanadas Umerziehungsschulen

Nordamerika Native Museum Zürich deckt auf

Das Nordamerika Native Museum in Zürich widmet sich kommenden Samstag einem schwierigen Thema – den Umerziehungsschulen für indigene Kinder in Kanada. Mit Führung, Film und einem Interview mit einer ehemaligen Schülerin einer solchen Institution bringt das Museum seiner Besucherschaft die kanadische Kolonialpolitik näher.

Am 30. September ist der sogenannte Orange Shirt Day, der kanadische Nationalfeiertag für Wahrheit und Wiedergutmachung. Aus diesem Grund widmet sich das Nordamerika Native Museum (NONAM) in Zürich am Samstagnachmittag den Umerziehungsschulen für indigene Kinder in Kanada. Diese Residential Schools stellen eins der dunkelsten Kapitel der US-amerikanischen und kanadischen Kolonialpolitik dar.

Die Geschichte der Schulen zur Umerziehung indigener Kinder in Kanada wird in der Schweiz nur selten beleuchtet. Um zur Aufklärung beizutragen, wird Kulturvermittlerin Nina Reuther diesen Samstag Interessierte durch die aktuelle Ausstellung des NONAM führen und dabei über Kanadas Kolonialpolitik, mit dem Fokus auf die Residential Schools, berichten. Diese Führung geht von 14 bis 15 Uhr und behandelt die Historie der Schulen, welche bis in die Gegenwart reicht.

Rückkehr ins Internat

Der Führung folgt eine Filmvorführung von 15 bis 15:30 Uhr. Der Dokumentarfilm «Holy Angels» (2017) von Jay Cardinal Villeneuve, der selbst eine solche Residential School überlebt hat, nähert sich diesem düsteren Thema auf eine einfühlsame, künstlerische Weise. Der Kurzfilm handelt von Lena Wandering Spirit, die 1963 genau wie über 150’000 andere indigene Kinder in eins der Internate deportiert wurde. Jahrzehnte später dokumentiert der Film die Rückkehr der Überlebenden ins Internat Holy Angels mit aufwühlenden Bildern und in der fragmentarischen Sprache eines Kindes.

Gruppenfoto indigene Menschen aus Kanada

Heute kann die indigene Bevölkerung ihre Kultur frei zelebrieren. Bild: Facebook NONAM, North American Native Museum

Der Regisseur hat Lena kennengelernt, als er Videoaufnahmen für die Wahrheits- und Versöhnungskommission gemacht hat, welche für die Aufarbeitung dieses Teils der kanadischen Geschichte verantwortlich ist. Mit dem Kurzfilm «Holy Angels» versucht der indigene Künstler, die Vergangenheit aufzudecken, gleichzeitig aber auch den Anfang eines neuen Kapitels aufzuzeigen. So symbolisiert Lenas Rückkehr ins Internat Holy Angels in Alberta die Widerstandsfähigkeit ihres Volks, das Wege gefunden hat, seine traumatische Vergangenheit zu verarbeiten und zu seinen Wurzeln zurückzukehren.

Erfahrungen aus erster Hand

Nach dem Film können Interessierte das Gespräch von Kulturvermittlerin Nina Reuther und Jennifer Camille von 15:30 bis 16:30 Uhr mitverfolgen. Die indigene Kanadierin engagiert sich für die Förderung der indigenen Kultur und deren Traditionen. Sie selbst hat die Kamploops Residential School überlebt. Das Internat sorgte 2021 auch in der Schweiz für Schlagzeilen, als dort Massengräber entdeckt wurden. In dem Gespräch mit Camille geht es jedoch um die Gegenwart und die Herausforderungen, die den indigenen Völkern im Alltag gegenüberstehen.

Kind mit Winterkleidung und Sonnenbrille

Einst wurden indigene Kinder Kanadas aus ihrem familiären Umfeld gerissen und ihrer Kultur beraubt. Bild: Facebook NONAM, North American Native Museum

Die Veranstaltungen sind im Museumseintritt mit inbegriffen und erfordern keiner Anmeldung. Das NONAM befindet sich an der Seefeldstrasse und hat am Samstag von 13 bis 17 Uhr geöffnet.

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