Gigantische Leinwände, virtuelle Realitäten und immersive Erfahrungen: Das Digital Art Zurich Festival zeigt digitale Kunst aus der ganzen Welt. Vom 27. bis 31. Oktober findet die zweite Ausgabe des Festivals statt. In diesem Jahr mit mehr KünstlerInnen, mehr Veranstaltungsorten und neuen Trends.
Ende Oktober wird der portugiesische Künstler Filipe Vilas-Boas ein überdimensionales F durch die Strassen von Zürich tragen. Das bekannte blaue Logo des IT-Giganten Facebook fungiert bei der Performance als Kreuzersatz. «Carrying The Cross» heisst das Werk des Künstlers, der sich mit der Utopie einer globalen Vernetzung und der Dystopie von Algorithmen auseinandersetzt.
Die Aktion spielt sich im Rahmen des Digital Art Zurich Festival (DA Z) ab, welches vom 27. bis 31. Oktober in Zürich stattfindet. Das grösste Festival für digitale Kultur in der Schweiz feiert in diesem Jahr erst seine zweite Ausgabe. Im vergangenen Jahr lief das DA Z coronabedingt noch etwas unter dem Radar. Doch gerade davon will man in diesem Jahr profitieren, erklärt Hans Peter Riegel, künstlerischer Leiter und Mitbegründer des Festivals.
An den fünf Festivaltagen warten über 80 KünstlerInnen auf die kunstinteressierten Gäste – eine Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahr. Rund um das Festivalzentrum auf dem Schiffbauplatz verteilen sich zehn weitere Veranstaltungsorte in der Stadt, unter anderem die Wasserkirche, das Labor 5 oder der Kunstraum Walcheturm. Mit nur zwei Tramlinien könne man das Festival einmal umfahren, verspricht Riegel.
Aufbruch in die digitale Zukunft
Aber wie erlebt man eigentlich digitale Kunst? Für Ausstellungen, Installationen und Performances wird Technik als Thema und Medium genutzt. Leinwände, 3-D-Soundsysteme oder VR-Brillen sollen für immersive Erfahrungen sorgen. Hinzu kommen audiovisuelle Kunstwerke, sogenannte Demos, Konzerte von Live-Visual-Artists und interaktive Experimente, die das Publikum miteinbeziehen.
Ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch das Programm zieht, ist der Aufbruch. «Aufbruch nach der Krise, Aufbruch nach Covid, Aufbruch in eine neue Zukunft, aber auch der Aufbruch von Emotionen», erklärt Riegel. Nach diesen Ansätzen haben der künstlerische Leiter und sein Team ein Jahr lang gesucht. Denn für das Digital Art Zurich Festival können sich KünstlerInnnen nicht bewerben. «Dass wir sie auswählen, unterscheidet uns von vielen anderen Festivals», sagt Riegel. Ein weiterer Ansatz sei, dass man bei der Gestaltung des Festivals versucht, den KünstlerInnen die bestmögliche Umgebung und Ausstattung zu bieten.
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Die digitale Kunst richtet sich dabei nicht spezifisch an die Generation Smartphone. «Es geht primär um Inhalte, nicht um das Medium. Die KünstlerInnen zeigen andere Perspektiven auf und was mit den digitalen Medien passiert», erklärt Riegel, der im vergangenen Jahr auch selbst Schulklassen durch das Festival führte. Auch für die SchülerInnen seien dabei viele Dinge neu gewesen. Man möchte Hemmschwellen überwinden, sei es die der digitalen Berührungsangst oder die der zeitgenössischen Kunst.
Digitale Archive und Telekinese
Die IT- und Appgiganten wie Facebook, Google und TikTok finden sich in den Werken am Festival wieder, aber auch hier steht der Inhalt im Vordergrund, wie Riegel versichert. Als Sponsoren treten die Techriesen nicht in Aktion. «Wir wollen von diesen Unternehmen in keiner Weise abhängig sein», erklärt der Mitinitiator des DA Z. Auch bei der Technik gibt man keinerlei Vorgaben. Was man sich von den KünstlerInnen aber wünscht, sind neue Arbeiten. «70 Prozent dessen, was wir am Festival zeigen, sind Weltpremieren. Soweit ich weiss, sind wir damit ziemlich einzigartig», erzählt Riegel.
Ein Trend in diesem Jahr ist das Thema Natur. Der US-Amerikaner Mark Dorf zeigt mit «A New Nature» eine Videoinstallation, die sich mit der Zukunft der Natur beschäftigt. Digitalisierung und unser Verständnis von Natur, vereint auf der elf Meter grossen Leinwand im Museum für Gestaltung. Auf der anderen Seite wartet eine Videoversion von Sabrina Rattés Werk «Floralia» auf die BesucherInnen. Darin zeigt sie eine Zukunft, in der Pflanzen digital aufbewahrt und virtuell ausgestellt werden. «Das ist eine sehr schöne und poetische Arbeit», äussert sich Riegel über das Werk der Kanadierin. Und sogar ein virtueller Wald findet sich im Programm des Festivals.
Der zweite Trend in diesem Jahr ist für Riegel neurale Intelligenz. Hier zeigt unter anderem das Massachusetts Institute of Technology, was man mit einer Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine erreichen kann. Einen Rollstuhl mit den eigenen Gedanken steuern, ist hier kein Science-Fiction-Thema mehr.
Begegnung statt Streaming
Besonders bei einem Festival, das sich um digitale Themen dreht und zudem während der Coronapandemie gestartet ist, stellt sich die Frage nach dem Streaming. Nach langem Überlegen habe man sich letztendlich dagegen entschieden, wie Riegel erzählt. Auf der einen Seite stand der wirtschaftliche Aspekt der Ticketverkäufe und auf der anderen der inhaltliche Aspekt. «Wir wollen eine Plattform schaffen, wo sich Menschen begegnen und im Austausch miteinander stehen», sagt er. Dieser Dialog sei in den letzten beiden Jahren bei vielen Festivals verloren gegangen. Man möchte wieder eine positive Stimmung erzeugen und Situationen schaffen, bei denen man die KünstlerInnen direkt auf ihr Werk ansprechen kann.
Ein Diskussionsthema im Rahmen der Talks sind die Non-Fungible Token (NFT). Dabei werden digitale Werke so verschlüsselt, dass sie einzigartig werden. Dadurch kann auch digitale Kunst auf dem Kunstmarkt gehandelt werden. «Wir werden den Menschen erklären, worum es bei dem NFT-Hype eigentlich geht und welche Chancen und Risiken damit verbunden sind», kündigt der künstlerische Leiter an, der sich auch an den Gesprächsrunden beteiligen wird. Passend dazu wird auch jemand vom berühmten Auktionshaus Christie’s vor Ort sein. Erst im März 2021 wurde dort das digitale Kunstwerk «Everydays: the First 5000 Days» für 69 Millionen US-Dollar verkauft.
Trotz der coronabedingten Auflagen war Hans Peter Riegel mit der Erstausgabe des DA Z hochzufrieden. Ausverkaufte Veranstaltungen, überbuchte Termine für die Schulklassen und eine gute vierstellige Besucherzahl prägten das Fazit. Auch für dieses Jahr rechnet Riegel damit, dass die Konzerte und die kleineren Veranstaltungsorte schnell ausverkauft sein werden. Und man plant bereits für 2022. Dann soll das Festival über zehn Tage die Menschen mit immersiven Erlebnissen und einzigartigen Darbietungen nach Zürich locken.
Alle Informationen zu Programm und Tickets findest du unter www.da-z.net.
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