Keine Lust auf herkömmlichen Sport? Zahlreiche ausgefallene Sportarten sorgen für witzige Abwechslung, wobei die Akteure umdenken müssen. Ob plötzlich unter Wasser, mit einem Besen oder ungewöhnlichem Wurfobjekt ausgerüstet – es findet sich für jeden Geschmack eine willkommene sportliche Abwechslung.
Die Schweiz gehört gemäss Statistik zu den sportlichsten Ländern Europas, denn rund drei Viertel ihrer Bevölkerung treibt mindestens einmal wöchentlich Sport. Zu den beliebtesten Sportarten, die Herr und Frau Schweizer ausüben, zählen Joggen, Wandern, Velofahren und Schwimmen. Während Sportarten wie Fussball, Eishockey und Skisport so populär sind, dass sie regelmässig ein grosses Publikum vor den Fernseher locken, erhalten einige interessante Sportdisziplinen kaum Beachtung. Dabei klingen viele ungewöhnliche Sportarten nicht nur in der Theorie witzig, sondern machen auch tatsächlich Spass – ob beim Mitmachen oder Zusehen.
In diese Kategorie fällt zweifelsohne das Hobby Horsing, welches sich insbesondere in den nordeuropäischen Ländern grosser Beliebtheit erfreut. Dabei geht es ums Reiten auf einem Steckenpferd. Mit dem simplen Holzgadget werden Elemente aus dem klassischen Pferdesport wie Dressur- und Springreiten imitiert. Kurze Strecken mit dem Streckenpferd zu laufen und über Hindernisse zu springen, ist tatsächlich viel schwieriger als es aussieht. Der Sport kommt ursprünglich aus Finnland, wo er vor allem Mädchen und junge Frauen für sich begeistert.
Beim Hobby Horsing sind Hindernisse von bis zu 1.4 Metern Höhe die Regel, die Reiter springen auch über Wassergräben und messen sich im Dressurreiten. Der Stock zwischen den Beinen macht die Sprünge deutlich anspruchsvoller – die meisten schaffen es bei den ersten Versuchen nicht mal über eine Hürde von 40 Zentimetern. Tatsächlich kommt Hobby Horsing auch mit einem kreativen Aspekt daher, denn besonders die jüngsten Sportlerinnen basteln sich ihre eigenen Steckenpferde, färben sie in den Farben ihrer Lieblingspferderassen, verleihen ihnen Namen und schmücken sie mit Startnummern.
Aus Hogwarts in die Schweiz
Eine andere Sportart, bei der ein Stecken zwischen die Beine geklemmt wird, ist Quadball, welches vom fiktiven Spiel Quidditch inspiriert wurde. Die Namensänderung rührt daher, dass viele Spielende die Verbindung des Sports zur kontroversen transphoben Autorin der Kult-Fantasyreihe J. K. Rowling schwächen möchten. Bei diesem Spiel aus der Harry-Potter-Welt werden alle Regeln, wie sie Rowling erfunden hat, beibehalten, mit der Ausnahme, dass die Spieler nicht durch die Luft fliegen. Obwohl die Akteure auf dem Boden bleiben, haben sie stets ein PVC-Rohr mit sich, das einen Besen imitiert. Dieses müssen sie beim Rennen mit mindestens einer Hand festhalten, wobei alle Bälle mit beiden Händen gefangen werden sollen. Wie in der literarischen Vorlage treten jeweils zwei Quadballmannschaften à sieben Spielern gegeneinander an.
Jedes Quadballteam braucht drei Chaser (Jäger), zwei Beater (Schläger), einen Seeker (Sucher) und einen Keeper (Hüter). Das Ziel der Chaser ist, den Quaffel, einen mit wenig Luft gefüllten Volleyball, durch einen der drei gegnerischen Ringe zu werfen, um so ein Tor im Wert von 10 Punkten zu erzielen. Die Keeper versuchen, die eigenen Torringe zu verteidigen und müssen dabei Dodgebällen ausweichen. Diese sind drei Völkerball-ähnliche Bälle, die von den Beatern der gegnerischen Mannschaft geschossen werden. Wer von einem Beater erwischt wird, muss das Spiel für eine kurze Zeit aussetzen. Die Seeker versuchen währenddessen, die Flagge, die an der Hose eines unparteiischen Flagrunners befestigt ist, zu greifen. Wer die Flagge, also den goldenen Schnatz, erobert, gewinnt 30 Punkte für sein Team und beendet das Spiel.
Quadball zeichnet sich durch Action und seine Ausgewogenheit bezüglich des Geschlechts seiner Spielenden aus, denn in einer Mannschaft dürfen maximal vier Akteure desselben Geschlechts vertreten sein. Auch ist dieses Spiel sehr verbreitet – seine internationale Gemeinschaft besteht aus 40 Landesverbänden und jedes Jahr findet abwechselnd eine Europa- und Weltmeisterschaft statt. Auch die Schweiz zählt einen nationalen Quadballverband, der regelmässig eine Schweizer Meisterschaft durchführt.
Gefallener Springer und linker Haken
Solche Verbindungen von Elementen aus verschiedenen Sportarten haben oft interessante Disziplinen zum Resultat, so wie das 2003 entstandene Schachboxen. Erfinder dieses Sports ist der französische Comicbuchautor Enki Bilal, doch erst der 2020 verstorbene niederländische Künstler Iepe Rubingh hat das Schachboxen im Rahmen einer Kunstperformance zum Leben erweckt. Rasch entwickelte sich daraus ein fesselnder Wettkampfsport, der elf Runden vorsieht. Abwechselnd werden sechs Schach- und fünf Boxrunden gespielt. Entsprechend beginnt und endet ein Kampf am Schachbrett.
Die Spielrunden dauern jeweils drei Minuten, was bedeutet, dass die zwei Spielenden total 18 Minuten Schach spielen und insgesamt neun Minuten Bedenkzeit haben, was einer Blitzschachpartie entspricht. Zwischen den Runden erhalten die Spielenden eine Minute Zeit, um ihre Boxhandschuhe an- und auszuziehen. Es verliert diejenige die Partie, die im Boxkampf einen Knockout erleidet, die Schachpartie verliert oder deren Schachzeit zu Ende geht. Die Herausforderung liegt bei diesem Sport primär darin, sich schnell von einem Vollkontaktsport zum Denksport und umgekehrt umzustellen – und das zehn Mal pro Spiel. Dies macht das Zusehen ebenfalls zu einer grösseren Herausforderung als bei üblichen Sportarten. Das Publikum muss also mitdenken, um das Spiel nicht aus den Augen zu verlieren.
Gänzlich unter Wasser
Ein ungewöhnlicher Mannschaftsport, bei dem das Zusehen aber mit gewissen Tücken kommt, ist Unterwasserhockey. Dieses spielt sich tatsächlich gänzlich unter Wasser ab, weswegen von den Zuschauerplätzen aus nur Silhouetten im Wasser zu erkennen sind. Gespielt wird zwei Runden lang à 15 Minuten. Das Spielfeld befindet sich jeweils auf dem Grund eines Schwimmbeckens, wo ein Bleipuck mit Schlägern ins gegnerische Tor befördert werden soll. Die Spielenden tragen Schnorchel, Maske und Flossen, um sich unter der Wasseroberfläche zurechtzufinden.
Eine zusätzliche Hürde hierbei ist, dass sich die Spielerinnen untereinander nicht verbal verständigen können und deswegen auf Körpersprache und Handzeichen vertrauen müssen. Das Tor bildet eine schlichte Torrinne, einen Torwart gibt es nicht. Unterwasserhockey ist ein Nichtkontaktsport, weswegen der Puck nur mit dem Schläger bewegt werden und kein Spieler durch Festhalten, Ziehen oder auf ähnliche Weise behindert werden darf.
Alles Gummi
Anderswo setzt man lieber auf Gummistiefelweitwurf. Dieser findet seinen Ursprung in Finnland, wo seine Wurzeln bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreichen, als in der Stadt Nokia die Produktion von Gummistiefeln begonnen wurde. Passenderweise fand dort 1992 auch die erste Weltmeisterschaft im Gummistiefelweitwurf statt. Die Stiefel werden speziell für den Wettbewerb angefertigt, für Frauen in der Grösse 38 und für Männer in Grösse 43. Besonders aerodynamisch sind die Stiefel nicht, doch sollen sie schon mehr als 50 Meter weit geschleudert werden.
Ihrer Zuschauerschaft bietet diese Sportart eine schöne Show, denn nicht nur der Flug der Stiefel selbst, sondern auch die schönsten Anläufe und Dehnungen lassen sich hier bewundern. Für den Überraschungseffekt sorgen aus der Hand gerutschte Stiefel, die hin und wieder eine ganz eigene Flugbahn wählen und weit vom Ziel entfernt landen.