Hype um Vitalpilze: Das hat es damit auf sich

Alleskönner der Natur

Wer auf den bekannten Social-Media-Plattformen unterwegs ist, dem sind die aktuellen Trends rund um sogenannte Vitalpilze bestimmt nicht entgangen. Die Namen Reishi, Shiitake, Chaga, Maitake, Löwenmähne und Co. beschreiben dabei die gängigsten Pilzsorten bezüglich der Wundermittel, die in Form von Kapseln, Pulver und Tinkturen als Nahrungsergänzungsmittel ihre vollen Kräfte entfalten sollen.

Wer sich gerne durch die Feeds bekannter Social-Media-Kanäle wie TikTok, Instagram oder Facebook scrollt, der kennt die Werbeanzeigen, die hier regelmässig eingespielt und was für Produkte beispielsweise von Influencerinnen angepriesen werden. Neben Mode, Make-up, Freizeit, Sport und Reisen ist das Thema Gesundheit in Verbindung mit Vitalpilzen hierbei aktueller denn je. Unzählig sind mittlerweile die Angebote, die beispielsweise das Hautbild verbessern, das Immunsystem stärken oder das Wohlbefinden steigern sollen. Verschiedenste Präparate werden dabei angepriesen, oftmals hat man jedoch das Problem, sich bezüglich der Inhaltsstoffe und Wirksamkeit der Pilze zu vergewissern und aktuelle wissenschaftliche Studien zu den nachgesagten positiven Effekten zu finden.

Dabei sind Vitalpilze tatsächlich kein neuer Trend – im Gegenteil, sie finden seit Jahrhunderten Anwendung im medizinischen Bereich, vor allem in der ayurvedischen und in der Traditionellen Chinesischen Medizin. Früher war es erforderlich, diese Pilze aufwendig zu sammeln und meistens wuchsen sie nur in Asien. Heute hingegen können sie massentauglich in Pilzfarmen kultiviert werden. Jene, welche von der Wirkung der Pilze überzeugt sind, erwähnen einen verjüngenden, entzündungshemmenden, immunstärkenden und vitalisierenden Effekt. Darüber hinaus sollen sie gegen eine hohe Anzahl von Erkrankungen vorbeugend wirken, so beispielsweise gegen Asthma, Magengeschwüre, Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruck, HIV bis hin zu Krebserkrankungen.

Der Reishi-Pilz in seiner natürlichen Form und in der Kapsel.

Den Reishi-Pilz gibt es auch in Kapselform. Bild: sweet_tomato / Depositphotos

Aber was genau ist es, das den Pilzen positive Auswirkungen auf die Gesundheit nachsagt? Abgesehen davon, dass sie zumeist kein Geschmackserlebnis sind, stellt sich die Frage, was die Inhalts- und Wirkstoffe sind und was diese letztendlich bewirken. In der Tat lässt sich sagen, dass Vitalpilze sekundäre Inhaltsstoffe wie Proteine, Vitamine, Spurenelemente, Ballaststoffe und Antioxidantien enthalten. Interessant sind jedoch vor allem die sogenannten bioaktiven Bestandteile, welche auf komplexe Kohlenhydrate wie Beta-Glucane, Triterpene und Phenole zurückzuführen sind und welchen letztendlich eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird.

Eine bunte Welt

Die Angebotsvielfalt rund um die Welt der Vitalpilze ist bemerkenswert. Zu den gängigsten Präparaten und ihren Wirkungen gehören:

Shiitake: Dieser Pilz sollte den meisten als wohlschmeckender Speisepilz bekannt sein. Neben seinem Vorkommen in Gerichten ist er für seine angeblich positiven Effekte auf das Herz-Kreislauf-System und das Immunsystem erwähnenswert. Ebenso werden ihm Inhaltsstoffe nachgesagt, die den Cholesterinspiegel regulieren können.

Reishi, auch bekannt als Glänzender Lackporling: Dieser Pilz wird vorzugsweise wegen seiner immunstärkenden Eigenschaften gelobt. Darüber hinaus soll er den Blutdruck senken, den Schlaf fördern und allgemein beruhigend wirken. Ebenfalls bekannt ist er unter der Bezeichnung «Pilz der Unsterblichkeit».

Lion‘s Mane oder Igel-Stachelbart: Bereits existierende Studien sagen diesem Pilz eine Stimulation zum Wachstum der Nervenzellen nach. Gleichzeitig soll er die geistige Leistungsfähigkeit unterstützen und das Gedächtnis fördern.

Nicht Pflanze, nicht Tier
Was sind Pilze und wo lassen sie sich einordnen? Tatsächlich gehören Pilze zu den ältesten Lebensformen der Welt und sind nicht nur in der Erde und der Luft zu finden, sondern auch im menschlichen Körper. Trotz Zuordnung in die Pflanzenwelt erhalten sie ihren Organismus nicht durch die klassische Photosynthese, sondern beziehen die benötigten Nährstoffe aus der organischen Umgebung.

Cordyceps: Diesem  Pilz wird nachgesagt, die Ausdauer und Sauerstoffaufnahme durch eine Verbesserung der Atemwege zu steigern, weshalb er vor allem bei Sportlern beliebt ist. Ebenso soll er das Energielevel erhöhen, während er die Leistungsfähigkeit steigert und gleichzeitig auftretende Müdigkeit reduziert.

Chaga oder Schiefer Schillerporling: Beheimatet in Lappland, Sibirien, dem nordöstlichen China sowie Kanada, gilt dieser Pilz als der bisher heilkräftigste. Angeblich wurde ein ukrainischer Grossfürst im 12. Jahrhundert durch die Konsumation von Chaga-Tee von Lippenkrebs geheilt. Zu seinen Eigenschaften zählt demnach die Aktivität von Abwehrzellen, das Schrumpfen lassen von Krebs, eine Verbesserung des Hautbilds, die Verminderung von Blutzucker bei Diabetes und das Stoppen von Parodontose. Der sehr seltene Baumpilz wächst vor allem an den Stämmen von Birken-, Eschen- und Hornbäumen.

In einer durchsichtigen Tasse ist Chaga in Teeform zu sehen, dahinter liegt der Pilz selbst.

Chaga kann auch in Teeform genossen werden. Bild: AB7272 / Depositphotos

Maitake, zu Deutsch Gemeiner Klapperschwamm: Auch bei diesem Pilz handelt es sich zuerst einmal um einen Speisepilz. Darüber hinaus verfügt er neben Kohlenhydraten und relativ vielen Ballaststoffen über einen hohen Proteingehalt. Interessant ist er zusätzlich vor allem für Vegetarier und Veganerinnen, da er das Vitamin D2 enthält, Pilze sind generell die einzige nicht-tierische Quelle für D-Vitamine. Ihm wird eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt und er soll sich daher auch zur Krebs-Vorsorge und -Therapie eignen.

Schlafbeere oder im Sanskrit Ashwagandha: Hier handelt es sich tatsächlich nicht um einen Pilz, sondern um eine Heilpflanze, die jedoch oft in Kombination mit Heilpilzen zu finden ist. Zu den zugeschriebenen Effekten zählen der Abbau von Stress und die Förderung von Vitalität. Die Wirkung soll anhand der adaptogenen Eigenschaften das Wohlbefinden steigern und den Umgang mit Stress verbessern. Durch die Kombination mit den bereits genannten Pilzen wie Reishi oder Cordyceps kann die entspannende Wirkung verstärkt werden.

Vorsicht bei medizinischem Einsatz

Trotz aller genannten Vorteile ist Vorsicht geboten, wenn es um eine reine Verbindung zwischen Pilzen und Medizin geht. So wird davon abgeraten, Pilze in Eigenregie als Therapiemassnahme zu verwenden. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Da sie neben den toxischen Wirkungen auch nach wie vor zu den Nahrungsergänzungsmitteln zählen, unterliegen sie bei der Herstellung keinen festgelegten Kriterien oder analytischen Prüfungen. Somit ist nicht nachvollziehbar, was sich in den Kapseln oder Pulvern tatsächlich befindet. Gerade die Produkte aus Asien können durch gesundheitsschädliche Stoffe wie Aflatoxinen und andere giftige Pilzsubstanzen verunreinigt sein. Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass jegliche Studien – zumeist aus Asien stammend – bisher an Tieren oder im Labor durchgeführt wurden; daher ist offen, ob beim Menschen dieselben Ergebnisse zustande kämen.

Ashwagadha steht in einem kleinen Topf und liegt getrocknet in einem Haufen nebendran.

Ashwagandha ist auch als Winterkirsche bekannt. Bild: govindjangir / Depositphotos

Auch wenn positive Effekte einiger Pilzarten bereits von Verbraucherinnen nachgesagt worden sind, so fehlen nach wie vor Studien hierzu, um die Wirkungen zu spezifizieren und unerwünschte Nebenwirkungen auszuschliessen. Dazu müssten sämtliche Pilzarten, welche langfristig nicht als Lebens-, sondern als Arzneimittel eingesetzt werden sollen, bezüglich ihrer Wirksamkeiten und Unbedenklichkeit anhand eines speziellen Zulassungsverfahrens und entsprechend den Regelungen des Arzneimittelgesetzes geprüft werden. Generell gilt, dass es in vielen Ländern verboten ist, krankheitsbezogene Werbung für Nahrungsergänzungsmittel zu tätigen, solange die erforderlichen Studien und Zulassungen nicht vorliegen. Somit sind Verbraucher gewarnt, aufgrund der Bewerbung im Internet Vitalpilze unmittelbar mit einer medizinischen Wirkung in Verbindung zu bringen.

Einen Kommentar hinterlassen