Himmel und Erde durch Improvisation verbunden

IMPROS-Festival in Zürichs Kirchen

Das IMPROS-Festival belebt sechs Zürcher Kirchen mit einer bunten Variation an Kunst. Die zweite Ausgabe der Veranstaltungsreihe beginnt am 27. Januar und umfasst nicht nur ein musikalisches Repertoire, sondern auch Ausstellungen mit Gemälden, Skulpturen und ausgefallenen Installationen.

Die Konzerte am IMPROS-Festival laden zum Staunen ein und bieten verschiedenste Wege ins Jetzt. Ab Montag, 27. Januar, füllen sich zu diesem Anlass sechs Kirchen in Zürich mit Musikern und Lauschenden. Das Herzstück des Festivals bleibt dabei die Auseinandersetzung mit Improvisation. Durch spontane Musik setzen sich die Künstlerinnen und das Publikum gemeinsam mit der Zeit auseinander – mit der Vergangenheit, der antizipierten Zukunft und dem aktuellen Moment. Es präsentiert sich ein vielseitiges Programm, das Musikarten von elektronischer Nachtmusik über klassischen Jazz, Indie-Liedern und Hip-Hop bis zu reiner Improvisation umfasst.

Die zweite Ausgabe des IMPROS-Festivals nach seiner Prämiere 2023 erweitert ihr musikalisches Programm mit sechs Ausstellungen von Kunstschaffenden, die sich mittels Farben und Formen ausdrücken. Auch die Bilder und Skulpturen laden die Besucherinnen ein, nach dem Göttlichen in der Kunst, der Improvisation, der Kreativität und schlussendlich im aktuellen Moment zu suchen. Durch den menschlichen Ausdruck soll die Unmittelbarkeit zur Transzendenz, zur Gemeinschaft sowie zur eigenen Endlichkeit oder eben Unendlichkeit kreiert werden.

Das Organisationsteam von IMPROS.

Das Organisationsteam von IMPROS. Bild: zVg

Das Festival stellt wichtige Fragen, darunter, ob die Kunstpraxis heute als Religionsersatz dient, auf welche Art leerstehende Kirchen umgenutzt werden können, was moderne Spiritualität bedeutet und wie verschiedene Religionen und spirituelle Konzepte miteinander verbunden werden können. «Es ist uns ein Ziel, Veranstaltungen von IMPROS zukünftig auf weitere Standorte zu verteilen», sagt Musiker Kaan Peeters, Gründer des Vereins IMPROS Zürich. Gemeinsam mit Ida Baier, die für die Kuration zuständig ist, hat Peeters nun die zweite Ausgabe des gemeinnützig orientieren Anlasses organisiert. «Vielleicht könnten in der nächsten Edition auch katholische Kirchen, Synagogen, Moscheen, aber auch ‹religionsneutrale› Orte dabei sein.»

Lokale und internationale Musikgäste

In der Kirche Oberstrass beginnt das Festival mit einem Konzert des Schweizer Duos Playcrow, bestehend aus Matthias Weidmann und Manuel Studer, um 19 Uhr. Ohne digitale Elemente und von der Nacht inspiriert, kreiert das Duo spontane, minimalistische Soundreisen. Die Klangkünstler treten mit der Schwyzer Violinistin und Konzertmeisterin im Zürcher Filmorchester Alicia Giezendanner auf, die dem Konzert eine filmreife Note verleiht. Ab 20 Uhr wird Marc Méan die Orgel der Kirche Oberstrass mit analogen Synthesizern und Effektgeräten verbinden, wodurch immersive akustische und elektronische Musik zugleich entsteht. So eröffnen sich neue dynamische Dimensionen des Klangs.

Auch sind einige Acts aus dem Ausland Teil des Festivals, so wie der kubanische Pianist David Virelles in der Kreuzkirche am Dienstag, 28. Januar. Um 20 Uhr beginnt sein Konzert, in dem er afro-karibische Musik mit seinem persönlichen Touch klassischer Tradition verbindet. Klänge aus London werden am Freitag, 31. Januar, die Citykirche Offener St. Jakob füllen, wenn das Akkordeonphänomen Anatole Muster mit dem Pianisten Jay Verma auftreten wird. Gemeinsam präsentieren sie ab 20 Uhr einen ungewöhnlichen Ansatz zu modernem Jazz.

Zum Grande Finale des musikalischen Teils des Festivals laden die Musiker am Samstag, 1. Februar, wenn der IMPROS Chor in der Kirche Enge um 19 Uhr das erste Lied anstimmen wird. Vom Dirigenten Grégoire May koordiniert, trifft der IMPROS Chor auf Mariam Chankvetadze, eine junge Pianistin von der Zürcher Hochschule der Künste. Gemeinsam mit seiner Begleitung stellt der IMPROS Chor berührende Werke der Romantik vor. Anschliessend kommt das IMPROS Kollektiv um 20 Uhr zum letzten Konzert auf die Bühne und richtet den Blick in die Zukunft.

Tradition neu erfunden

Visuell, in Form und Farbe, Figur und Textur wird das Spontane, Transzendente in den sechs Ausstellungen des IMPROS-Festivals ausgedrückt. Die junge Malerin Tilly Joos zum Beispiel präsentiert ihre bunten Arbeiten mit natürlichen und universellen Motiven in der Kirche Oberstrass. Unter den ausgestellten Stücken ist auch ein zentrales Werk, das die Zürcherin speziell für die Kirche Oberstrass geschaffen hat. Das Bildnis ist eine moderne Interpretation des Altarbilds, das traditionell aus drei Teilen besteht. Joos stellt jedoch die Regeln der traditionellen christlichen Ikonografie auf den Kopf oder bedient sich deren Symbolik nach Belieben. So kreiert sie farbenfrohe Kunstwerke, welche die Betrachter einladen, ihre eigene Verbindung zum Spirituellen zu erforschen.

Tilly Joos sitzt vor ihrem Schlangengemälde.

Tilly Joos gestaltet Bilder mit spirituellen Motiven und grellen Farben, welche die Kirche als Ort der Reflexion losgelöst von religiöser Bindung betonen. Bild: Instagram TILLY JOOS

Eine künstlerische Verbindung zwischen tatsächlichem Raum und bildlicher Fantasie versucht Florian Graf in seiner Kunst darzustellen, der seine Werke in der Kreuzkirche präsentiert. Seine Skulpturen beschäftigen sich mit aktuellen Themen wie Natur, Nachhaltigkeit und Globalisierung, während sie eine Verbindung mit Spiritualität, dem Leben und dem Tod schaffen.

Mit ähnlichen Themen beschäftigt sich Sylvie Fleury in ihrer Kunst und setzt sich in der Predigerkirche unter anderem mit dem Thema Verlangen auseinander. Ihre in Plexiglas-Skulpturen nachgebildeten Heilsteine stellen die Verbindung von spiritueller Sehnsucht und Kommerzialisierung infrage, während sie von Neonlicht erhellt werden.

Die Tickets zu den Veranstaltungen sind pro Abend einzeln für einen Preis von 30 Franken (17 Franken mit Legi) auf Eventfrog verfügbar. Der Festivalpass für alle Konzerte kostet 120 Franken (90 Franken mit Legi). Alle Ausstellungen sind von Montag, 27. Januar, bis Sonntag, 9. Februar, jeweils während den jeweiligen Öffnungszeiten der Kirchen frei begehbar.

Einen Kommentar hinterlassen