Grössere Ernte dank intelligenter Sensoren

Für eine nachhaltigere Landwirtschaft

Durch eine vom menschlichen Gehirn inspirierte neue Technologie könnten in Zukunft landwirtschaftliche Felder besser bewirtschaftet werden. Daraus resultierte nicht nur ein höherer Ertrag inklusive Effizienzsteigerung, sondern auch eine nachhaltigere Landwirtschaft.

Wie könnten landwirtschaftliche Felder aussehen, wenn sie nicht von Menschen, sondern von Technologien regelmässig begutachtet und automatisch gepflegt würden? Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt kennt bekanntlich keine Pausen, und auch im Bereich der Landwirtschaft werden die Hilfsmittel stetig optimiert und innovativ verfeinert. So arbeitet seit Juni dieses Jahres ein internationales Team an einem Forschungsprojekt zwischen der Universität Zürich (UZH) und dem Politecnico Turin. Die Wissenschaftler entwickeln ein spezielles System, welches möglichst ohne grosse Datenmengen und komplizierte Berechnungen landwirtschaftliche Flächen überwachen und pflegen soll.

Dies soll bald durch intelligente Sensoren möglich gemacht werden, welche bei der Bewirtschaftung von Ackerland eingesetzt werden können. Deren Einsatz kann dadurch energiesparend und möglichst effizient gemacht werden, da ihr Funktionsprinzip vom menschlichen Gehirn inspiriert wurde. Über Netzwerke, die den neuronalen Verbindungen zwischen den Gehirnzellen ähnlich sind, können landwirtschaftliche Flächen geschickt und präzise von gleichmässig in der Erde verteilten Sensoren überwacht werden. Jeder Sensor ist dabei mit einem Chip verbunden sein, der die vom Sensor erfassten Daten speichern, verarbeiten und weiterleiten kann.

Durch diesen Ansatz könnten Felder in Zukunft optimal gepflegt werden, sodass den Pflanzen jeweils so viel Wasser, Pestizide und Dünger beigegeben wird, wie nötig. Einerseits wird dadurch der Ertrag maximiert und andererseits werden die Ressourcen für ein gutes Wachstum auf den Feldern sehr präzise und dadurch auch sparsam eingesetzt.

Sparsam und effizient

Die Sensoren sollen die Felder optimal überwachen und monitoren, indem sie deren Bedürfnisse klar feststellen können. Dies bezieht sich nicht nur aufs gesamte Feld als Ganzes, vielmehr sollen die Sensoren konkrete Stellen ausmachen können, die jeweils zusätzlich oder lieber etwas weniger zum Beispiel mit Wasser oder Pestiziden besprüht werden sollen. Mit der Sparsamkeit und effizienter Pflege der Felder kommt ein gewisser Nachhaltigkeitsfaktor, der die Netzwerke nicht nur für die Finanzen der Landwirtschaftsbetriebe, sondern auch für die Umwelt attraktiv macht.

Neuroinformatikerin Chiara De Luca

Neuroinformatikerin Chiara De Luca forscht mit bei der Entwicklung intelligenter Sensoren für die Landwirtschaft. Bild: zVg

Diese neuartige Technologie der Sensorennetzwerke macht der besondere Ansatz des Teams rund um die Neuroinformatikerin Chiara De Luca möglich, denn herkömmliche Anwendungen künstlicher Intelligenz wären dieser Aufgabe nicht gewachsen. «Unser Team entwickelt strenggenommen weder die Sensoren, noch die Chips, die sie verbinden», erklärt die Forscherin, «wir beschäftigen uns vielmehr mit dem Programm, das die von den Sensoren aufgenommenen Daten verarbeitet und interpretiert.» Dieses Programm soll die Anwendung von künstlicher Intelligenz insofern ergänzen, als dass die Chips unabhängig voneinander Daten sammeln, interpretieren und bewerten können, bevor sie die nötigen Informationen weitersenden.

Auf minimalistische Kommunikation setzen

«Die Idee für ein Netzwerk von Sensoren mit Chips, die auf dem Feld verteilt sind und dessen Daten sammeln, reicht bis in die 1980er-Jahre zurück», erklärt Chiara De Luca, die aktuell als Postdoc an der Digital Society Initiative der UZH sowie am Institut für Neuroinformatik der UZH und der ETH Zürich tätig ist. Obwohl die Idee für ein solches Netzwerk schon lange existiert, wurde sie noch nicht umgesetzt, weil es noch einige Hürden bei der Anwendung zu überwinden gilt.

Ein kleiner Sprinkler steht auf dem Rasen.

Dank moderner Technologien werden Sprinkler in Zukunft viel intelligenter sein und entsprechend die Bedürfnisse von Feldern besser erfüllen. Bild: Panya168 / Depositphotos

Grosse Datenmengen an zentrale Server zu senden, sie dann auszuwerten und das Ergebnis mitzuteilen, wäre mit enorm hohen Energieverbrauch verbunden. Deswegen arbeitet De Lucas Team daran, sparsamere Lösungen zu finden. Eine weitere Hürde für die Anwendung dieser neuen Technologie ist die Tatsache, dass Landwirtschaftsflächen nicht nur sehr gross sein können, sondern teilweise auch recht abgelegen sind. Das würde jeweils einen erheblichen Aufwand für die Installation der Technologien bedeuten. «Eine weitere Herausforderung bringt die hohe Lautstärke des analogen Teils der Technologie mit sich, diesen Lärm wollen wir noch möglichst reduzieren», sagt De Luca.

Dem Gehirn abgeschaut

Um herauszufinden, wie der Energieverbrauch dieser Technologie gesenkt werden könnte, setzt die Neuroinformatikerin an einem ungewöhnlichen Punkt an. Als Vorbild nimmt sie sich das menschliche Gehirn und schaut sich diesem das Prinzip der biologischen neuronalen Netze ab. «Das Gehirn ist eine unglaubliche Maschine, die mit minimalstem Energieaufwand grosse Arbeit verrichten kann», erläutert De Luca, weshalb das Gehirn sich wunderbar als Vorbild für dieses System eignet. Von den Verbindungen der Gehirnzellen inspiriert, entwickelt die Postdoktorandin ein Programm für Chips, welches die Daten, die von den Sensoren gesammelt werden, unabhängig von anderen Chips auswerten und deuten kann. Das bedeutet, dass sie je nach Bewertung der Daten darauf verzichten können, sie an andere Chips und den Hauptserver weiterzusenden, wodurch viel Energie gespart werden kann.

Chiara De Luca führt beim Partnerprojekt zwischen der Universität Zürich mit dem Politecnico Turin Versuche in Apfelplantagen durch, wo sie mit Sensoren die drei Faktoren Temperatur, Feuchtigkeit und PH-Wert messen lässt. Die Chips in den Sensoren werten die aufgenommenen Daten jeweils selbst aus. Genau wie das menschliche Gehirn lernt das gesamte System der Chips von den bereits gesammelten Daten und ergänzt dieses Wissen mit den neu erhobenen Informationen. «Man kann nicht behaupten, dass die Chips ein Stück weiter gehen als künstliche Intelligenz», sagt De Luca, «vielmehr ergänzen sie diese auf eine Art, die dem Gehirn ähnlich ist.»

Die Uni Zürich mit der ETH im Hintergrund.

Am Institut für Neuroinformatik der UZH und der ETH Zürich wird das System hinter den Sensoren und den sie verbindenden Chips entwickelt. Bild: photogearch / Depositphotos

Auf diese Weise entwickelt sich das System weiter, erkennt Anomalien, kann auf sie reagieren und nötige Massnahmen ausführen, wie zum Beispiel mehr Wasser oder weniger Dünger beigeben. Auch sollen die Chips in Zukunft die Ursachen für allfällige Unregelmässigkeiten beim Wachstum der Pflanzen und Heranreifen der Ernte erkennen können. Das wird einfacher, je mehr verschiedene Arten von Daten – wie die Feuchtigkeit, den PH-Wert und die Sonnenbestrahlung – das System auf dem Feld misst. Eine solche optimale Nutzung und Pflege der Ressourcen ist der Vorteil, den die Sensoren dank ihres kontinuierlichen und energiesparenden Einsatzes erbringen.

Erst der Anfang

Für die Zukunft sieht die Forscherin Entwicklungspotenzial darin, mehr Parameter mit den Sensoren zu messen und den beobachteten Feldern so noch bessere Pflege zu leisten. Um dies möglich zu machen, bräuchte es jedoch chemische Sensoren, die häufig ersetzt werden müssten. «Die grösste Herausforderung besteht für uns aktuell darin, den Energieverbrauch beim Senden der gesammelten Daten so stark wie möglich zu reduzieren», sagt De Luca. Um dies und noch zahlreiche weitere Herausforderungen und Funktionen zu optimieren, hat das Projekt noch vier Jahre Zeit, denn es ist bis zum Jahr 2028 befristet. Ob die Technologie bis dann bereits Marktreife besitzen wird, kann das Forschungsteam aktuell noch nicht sagen.

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