Der Verein LABforKids bietet Workshops für Kinder und Jugendliche an, welche sich rund um Themen unserer gebauten Umwelt drehen. Im Fachjargon nennt man das auch baukulturelle Vermittlung. Wir haben mit den beiden Co-Leiterinnen Barbara Windholz und Claudia Castro über den Verein und die verschiedenen Angebote gesprochen.
Frau Castro, Frau Windholz, was genau macht der Verein LABforKids?
Claudia Castro: Unser Angebot richtet sich vor allem an Schulen und andere Bildungseinrichtungen – ab und zu sind wir aber auch an öffentlichen Anlässen anzutreffen. Dabei kommt immer jemand aus unserem Team von Baukultur-Vermittlerinnen vor Ort und erkundet mit den Kindern und Jugendlichen einen vorher mit den Auftraggebern abgesprochenen Schwerpunkt. Das kann in einer Doppelstunde im regulären Schulunterricht sein oder im Rahmen einer schulischen Projektwoche oder mehrjährigen Projektbegleitung.
Können Sie ein, zwei konkrete Beispiele der Arbeit von LABforKids geben?
Barbara Windholz: Wir arbeiten derzeit mit der Gemeinde Baar an einem mehrjährigen Projekt zum neuen Schulhausbau im Wiesental. Dort wurden stufenspezifische Workshopformate entwickelt, welche jeweils die Schnittstelle zwischen dem Geplanten und den Gegebenheiten vor Ort bedienen und so bestmöglich auf die sich schnell verändernde Schulumgebung eingehen.
Jährlich führen wir zudem am Tag des Denkmals im September Workshops für die Öffentlichkeit durch, an denen wir stets einen bestimmten Ort oder ein bestimmtes Thema näher untersuchen. Dieses Jahr begeben wir uns am 7. September auf eine Reise durch alte und neue Räume mit unterschiedlichen Nutzungen und entdecken die Architekturgeschichte rund um das Bistro zum Pfauen in Zug. Überdies führen wir die interessierten Kinder und Jugendlichen in unser BaukulturMOBIL und denken mit ihnen zusammen über die Zukunft unserer Städte nach.
Wie unterscheidet sich der Ansatz von LABforKids von herkömmlichen Bildungsangeboten für Kinder?
Claudia Castro: Unser Fokus liegt auf dem Erforschen und Experimentieren. Aufgrund unserer Konzentration auf der gebauten Umwelt bieten sich für uns überall spannende Forschungsobjekte und wir eignen uns neue Räume als Lernort ausserhalb des Klassenzimmers an. Unsere Workshops sind abwechslungsreich und fördern kreative Arbeitsmethoden. Da wir den Kindern auch immer die Möglichkeit geben, eigene Ideen zu entwickeln, haben die Workshops auch etwas sehr Spielerisches. Dabei setzen wir auf die intrinsische Motivation der Kinder.
Welche Fähigkeiten und Kompetenzen möchten Sie bei den Kindern durch die LABforKids-Workshops fördern?
Claudia Castro: Insgesamt fördert die baukulturelle Bildung nicht nur das Verständnis für Architektur und Bauen, sondern auch eine Vielzahl von Fähigkeiten und Kompetenzen, die im persönlichen, sozialen und beruflichen Leben der Kinder von Nutzen sein können. Insbesondere wird die Entwicklung der räumlichen Wahrnehmung und des kreativen Denkens gefördert. Die Sensibilisierung für gerechte Lebensbedingungen, das Verständnis für den Umgang mit Ressourcen und ein historisches Bewusstsein für unser kulturelles Erbe werden ebenfalls gefördert.
Welche Kinder wollen Sie mit LABforKids ansprechen?
Barbara Windholz: Uns ist es ein grosses Anliegen, allen Kindern den Zugang zu einer baukulturellen Allgemeinbildung zu ermöglichen. Darum richten wir unser Angebot auch vor allem an die Schulen. Dort können alle Kinder, unabhängig ihres kulturellen oder ökonomischen Hintergrunds, von unseren Workshops profitieren.
Wie messen Sie den Erfolg und die Wirksamkeit der Workshops?
Barbara Windholz: Die Wirksamkeit in der Baukultur ist von zentraler Bedeutung, da sie den Einfluss und die Nachhaltigkeit baukultureller Initiativen auf die gebaute Umwelt und die Gesellschaft widerspiegelt. In der Baukultur geht es nicht nur um die ästhetische Gestaltung von Gebäuden und Räumen, sondern auch um deren Funktionalität, soziale Verträglichkeit und ökologische Nachhaltigkeit. Eine wirksame Baukultur trägt dazu bei, lebenswerte, zukunftsfähige und inklusive Lebensräume zu schaffen, die den Bedürfnissen der Menschen gerecht werden und gleichzeitig kulturelle Identität und regionale Besonderheiten berücksichtigen.
Erfolg stellt sich ein, wenn baukulturelle Bildung dazu beiträgt, Menschen zu sensibilisieren und zu befähigen, sich aktiv an der Gestaltung ihrer gebauten Umwelt zu beteiligen. Das vermittelte Wissen und die Fähigkeiten, die Qualität von Architektur und Städtebau zu beurteilen, können letztlich zu einer nachhaltigen und lebenswerten Gestaltung der Umwelt beitragen. So kann eine kritische Haltung gegenüber Bauprozessen eingenommen und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen gestärkt werden.
Sie sind beide Architektinnen. Weshalb ist es Ihnen persönlich ein Bedürfnis, Kindern Wissen rund um die Baukultur näherzubringen?
Claudia Castro: Unsere Umwelt ändert sich rapide und es gibt fast kein Fleckchen Erde mehr, das nicht von menschlicher Einwirkung betroffen ist. Der Begriff Baukultur mag abstrakt und fachsprachlich klingen, aber eigentlich beschreibt er nichts anderes, als den von Menschenhand geschaffenen Raum, in dem wir leben. Noch immer wissen viele aber zu wenig über die Entstehungsprozesse der gebauten Umwelt und erkennen daher selten die Rolle und Verantwortung, die sie für die Gestaltung der Zukunft dieser Umwelt tragen. Ich bin davon überzeugt, wenn man bereits Kindern und Jugendlichen baukulturelle Grundlagen vermittelt, sie dadurch später aktiv an der Gestaltung ihrer Lebensumwelt mitwirken können.
Barbara Windholz: Als Architektin und Szenografin beschäftige ich mich seit meinem Studium an der ETH Zürich intensiv mit der Thematik des Raumes und seiner Wahrnehmung. Mit der Gründung der Zuger Bildschule konnte ich im Rahmen der ausserschulischen Bildung mit Kindern und Jugendlichen erste Grundsteine für ästhetisches Lernen und Denken legen. Seither verfolge ich einen interdisziplinären Ansatz und versuche, Teile des baukulturellen Wissenstransfers auf nationaler Ebene zu integrieren. Junge Menschen sollen sich handelnd mit der gebauten Umwelt auseinandersetzen können, sich ein Grundwissen aneignen und durch ihr kreatives, meist unvoreingenommenes Handeln mit und im Raum interagieren. Nur durch ihre Mitsprache und Mitgestaltung können sie letztlich Selbstwirksamkeit erfahren und kann baukulturelle Bildung einen Mehrwert für ihre Lebenswelt schaffen.
Der Verein LABforKids LABforKids besteht seit 2018 als Initiative der beiden kantonalen Vereine K’werk Zug und BauForumZug. Aufgrund des guten Anklangs der Angebote erachteten es die Verantwortlichen als sinnvoll, das Projekt in einen eigenständigen Verein zu überführen. Mit dem BaukulturMOBIL, das letztes Jahr lanciert wurde, konnte auch schon Interesse über die Kantonsgrenzen hinaus geweckt werden. Die Angebote werden durch öffentliche Gelder, Stiftungen und Spenden finanziert und sind für die Kinder und Jugendlichen kostenlos. Teilweise leisten die Schulen einen Solidaritätsbeitrag oder die Gemeinden sprechen projektbezogene Mittel. Beides deckt aber nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten. Jährlich werden über 500 Stunden ehrenamtliche Arbeit für die Vermittlungsarbeit geleistet. In Zukunft wollen die Verantwortlichen neben den Workshops für Kinder und Jugendliche auch einen Fokus auf Angebote für Lehrpersonen legen.