Das Internet hat einen festen Platz in unserem alltäglichen Leben. Kein Wunder also, dass inzwischen auch das Thema Tod in die digitale Welt einzieht. Es gibt Online-Friedhöfe und Dienstleistungen rund um den digitalen Nachlass.
Inzwischen dürfte den meisten bekannt sein, dass die grossen sozialen Netzwerke Optionen anbieten, die regeln, was mit dem eigenen Profil nach dem Tod passiert. Neben diesen Optionen gibt es auch immer mehr Anbieter sogenannter Online-Friedhöfe. Dabei geht es aber nicht um die Bestattung des Verstorbenen, sondern schlicht um die Erstellung einer persönlichen Gedenkseite.
Der bisher grösste Anbieter ist Soulium.de (ehemals strassederbesten.de): Über 26‘000 Gedenkseiten und 88.6 Millionen Besucher verzeichnet die Seite. Und das, obwohl sie etwas an die selbstgebastelten Internetseiten der 1990er-Jahre erinnert. Dennoch macht dies deutlich: Der Trend zum digitalen Tod ist definitiv da. Zudem erlauben immer mehr Städte in den Friedhofssatzungen das Anbringen von QR-Codes auf Grabsteinen. Werden diese mit dem Handy abgescannt, gelangt man auf eine Gedenkseite des Verstorbenen.
Doch was hat es mit virtuellen Gräbern auf sich? Diese Gedächtnisseiten sind von allen Orten der Welt aus rund um die Uhr erreichbar und geben den Menschen auch die Möglichkeit zu trauern und zu gedenken, die hunderte Kilometer vom realen Grab entfernt sind – in Zeiten immer mobilerer Lebensformen gar nicht so abwegig. Zudem lassen sich virtuelle Gräber individueller gestalten, da es keine Vorgaben von Gemeinden und finanzielle Grenzen gibt. Fotos und andere persönliche Dokumente können hinterlegt werden. So bekommt die Gedenkstätte einen persönlichen Anstrich.
In der digitalisierten Welt scheint es nur die logische Konsequenz, dass auch die Trauer digital wird. Neben der Möglichkeit seiner eigenen Trauer Ausdruck zu verleihen, können Angehörige durch andere digitale Gräber streifen und sich Trost holen. Vielen fällt es auch schwer, sich direkt im Gespräch mit anderen auszudrücken. Auf den Gedenkseite bekommen diese die Chance, in Ruhe ihre Gedanken in Worte zu fassen und aufzuschreiben. Damit wird für viele eine komplett neue Möglichkeit geschaffen, die eigene Trauer aufzuarbeiten. Noch dazu ist die Trauer bei einer realen Beerdigung meist sehr still, auch danach spricht man selten offen über seine Gefühle. Im Internet scheint es einfacher zu sein, die Gedanken und Gefühle zu einem gemeinsamen Freund, Bekannten oder Verwandten auf einer ganz persönlichen Seite zu teilen und sich gegebenenfalls mit anderen Trauernden auszutauschen.
Doch nicht nur Gedenkseiten nach dem Tod geben die Möglichkeit, den Verstorbenen zu würdigen. Zu Lebzeiten kann man sich selbst ein Vermächtnis setzen auf longerlive.de. Auf der Webseite bekommen Menschen die Chance ihre eigene Biografie zu verfassen, Fotos einzustellen und – ganz in „P.S. Ich liebe dich“-Manier –E-Mails zu verfassen, die nach dem Tod an bestimmte Personen versendet werden. Zusätzlich gibt es bei dem Anbieter die Möglichkeit, den digitalen Nachlass zu verwalten und Online-Profile zu löschen.
Neben Online-Friedhöfen und der Möglichkeit, die Socail Media-Profile in den Gedenkzustand zu versetzen, gibt es noch viele weitere Daten, die im Internet herumschwirren und um die man sich kümmern muss: E-Mail-Konten, Online-Banking, Kundenkonten
etc. Wie bereits berichtet, sollte sich darum kümmern, wer den digitalen Nachlass verwaltet und sich um eventuelle Löschungen kümmert. Dieser Kontakt sollte im Testament festgehalten werden, ebenso wie eine Übersicht oder ein USB-Stick mit allen dafür nötigen Zugangsdaten. Wer das seinen Angehörigen nicht zutrauen kann oder möchte, kann inzwischen auch auf Dienstleister zurück greifen, die sich um alles kümmern. Bei allen Angeboten gilt jedoch eins: Es gibt auch viele unseriöse Anbieter, die die Trauer ausnutzen, um Geld zu verdienen. Diese schalten Werbung auf den Gedenkseiten oder geben die Daten weiter. Angehörige könnten sich davon schliesslich „freikaufen“. Die hinterfragen diese Angebote in ihrer Lage meist nicht. Den Trauernden muss klar sein, dass es Folgen haben kann, wenn sie zu viele private Dinge preisgeben. Auch wenn per Gesetz das Persönlichkeitsrecht mit dem Tod erlischt, sollte dieses zum Schutz des Toten und der Hinterbliebenen auch dann noch bewahrt werden.